5. Juli 2019
Vertragsdokumente Venture Capital
Venture Capital

Die Vertragsdokumente einer Venture Capital Beteiligung

Bei jeder Venture Capital-Finanzierungsrunde sind bestimmte Vertragsdokumente abzuschließen – aber Vorsicht: der Teufel steckt im Detail!

Jede Venture Capital-Finanzierungsrunde hat einen typischen Ablauf und jeder Finanzierungsrunde liegen auch bestimmte, typische Vereinbarungen zugrunde. Doch wer meint, jede Finanzierungsrunde sei gleich, der irrt – die Vertragsdokumente einer Venture Capital Beteiligung mögen sich zwar von der äußeren Form her ähneln, können aber in ihrem Inhalt stark variieren.

Umfang und Inhalt der Vertragsdokumente hängen insbesondere von (i) der Finanzierungsphase und (ii) der Art des Investors ab. Auch die Branche, in der sich das Start-up bewegt, hat Einfluss auf die Ausgestaltung der Beteiligungsdokumentation.

Die drei wesentlichen Dokumente einer Venture Capital Beteiligung

Im Zusammenhang mit einer Finanzierungsrunde spielen typischerweise die folgenden Dokumente eine wesentliche Rolle:

  • Term Sheet
  • Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung (Investment and Shareholders‘ Agreement),
  • Gesellschaftsvertrag (Satzung)

Daneben werden im Zuge einer Finanzierungsrunde regelmäßig auch Verträge mit der Geschäftsführung, insb. Geschäftsführeranstellungsverträge, sowie eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und Vereinbarungen über ein (virtuelles) Mitarbeiterbeteiligungsprogramm aufgesetzt.

Gesonderte Vertraulichkeitsvereinbarungen sind bei Venture Capital Investments eher unüblich.

Das Term Sheet

Am Anfang einer jeden Finanzierungsrunde steht regelmäßig der Abschluss eines Term Sheets. Bei einem Term Sheet handelt es sich um eine – größtenteils rechtlich unverbindliche – Absichtserklärung, die die wesentlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Eckdaten der Beteiligung des Venture Capital-Investors an dem Start-up beschreibt.

Typische Inhalte eines Term Sheets sind Vereinbarungen zur Investitionssumme des Investors, der dem Investment zugrunde liegende Bewertung des Start-ups und zu Sonderrechten des Investors wie z.B. Veto-Rechten, Liquidationspräferenz, Mitverkaufsrechten und -pflichten und Verwässerungsschutz. Daneben kann das Term Sheet bereits Vorgaben zum Vesting der Geschäftsanteile, Wettbewerbs- und Abwerbeverbote, Exklusivitätsvereinbarungen und (eingeschränkte) Vertraulichkeitsverpflichtungen sowie Vereinbarungen zum weiteren Vorgehen und zum zeitlichen Ablauf des Investments enthalten.

Das Term Sheet wird trotz seiner rechtlichen Unverbindlichkeit gern als „Fundament″ der Finanzierungsrunde bezeichnet, da die im Term Sheet vereinbarten Rahmenbedingungen eine starke faktische Bindungswirkung für die spätere Verhandlung des Beteiligungsvertrags und der Gesellschaftervereinbarung entfalten. Die im Term Sheet vereinbarten Bedingungen sind die Grundlage der nachfolgenden Verhandlungen über die Beteiligungsdokumentation und werden nicht selten 1:1 in die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung übernommen.

Die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung

Zentraler Bestandteil jeder Finanzierungsrunde ist die Verhandlung der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung (Investment and Shareholders‘ Agreement). Sie bildet die Grundlage für das finanzielle Investment und die Beteiligung des Investors am Start-up und regelt das zukünftige Miteinander von Gründungsgesellschaftern und Investoren als Gesellschafter und ihr Verhältnis gegenüber der Start-up-Gesellschaft.

Die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung besteht aus zwei Teilen, dem Investment Agreement, das die Vereinbarungen zur finanziellen Beteiligung des Investors am Start-up enthält, sowie dem Shareholders‘ Agreement, welches das zukünftige Miteinander der Gründungsgesellschafter und Investoren als Gesellschafter des Start-ups regelt. Die zwei Teile werden entweder in einer Vereinbarung zusammengefasst oder als zwei separate Verträge geschlossen.

Vereinbarungen zur finanziellen Beteiligung des Investors (Investment Agreement)

Im Investment Agreement wird festgelegt, wie viel Geld jeder Investor im Zuge der Finanzierungsrunde investieren will und welche prozentuale Beteiligung an der Gesellschaft er dafür erhält. Es wird vereinbart, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt das Geld der Gesellschaft zur Verfügung gestellt wird.

Regelmäßig erfolgt die Zurverfügungstellung von Venture Capital im Wege einer Kapitalerhöhung, wodurch der Investor echte Gesellschaftsanteile an dem Start-up erwirbt und so zum Gesellschafter des Unternehmens wird. Dabei wird typischerweise nur ein Teilbetrag der von dem jeweiligen Investor zu leistenden Investitionssumme direkt auf das Stammkapital der Gesellschaft geleistet. Der überschießende Betrag wird in die freie Kapitalrücklage der Gesellschaft eingestellt und unterliegt dadurch nicht den strengen gesetzlichen Vorgaben, die an die Erhaltung des Stammkapitals gestellt werden.

Teilweise wird bei Finanzierungsrunden vereinbart, dass die Investitionssumme nicht auf einmal geleistet, sondern an bestimmte Meilensteine geknüpft wird, die sich an der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung des Start-ups orientieren. Erst bei Erreichen der Meilensteine werden dann bestimmte Tranchen der Investitionssumme durch den Investor ausgezahlt.

Daneben kann das Investment Agreement oder auch das Shareholders‘ Agreement Regelungen für einen Schutz des Investors bei nachfolgenden Finanzierungsrunden zu einer niedrigeren Bewertung vorsehen (Anti-Dilution-Regeln) und Vereinbarungen zur weiteren Finanzierung der Gesellschaft enthalten.

Das Investment Agreement umfasst ferner Garantien zugunsten des Investors. Über die Garantien sollen auch etwaige Risiken, die der Investor im Rahmen der Due Diligence des Unternehmens identifiziert hat, abgesichert werden.

Vereinbarungen zum Verhältnis der Gesellschafter untereinander (Shareholders‘ Agreement)

Die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung umfasst zudem Regelungen, die das zukünftige Miteinander der Gründungsgesellschafter und Investoren als Gesellschafter des Start-ups betreffen.

Typisch sind Vereinbarungen zur Erweiterung der gesetzlichen Informations- und Zustimmungsrechte des Investors bei bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen, die von der Festlegung von Wertgrenzen bis zu einem Veto-Recht des Investors bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen reichen können. Zudem kann zugunsten eines oder mehrere Investoren vereinbart werden, dass diese über einen Sitz im Aufsichtsrat/Beirat des Unternehmens Einfluss auf das operative Geschäft der Gesellschaft nehmen können.

Regelmäßig enthält das Shareholders‘ Agreement zudem Vereinbarungen zum Exit der Investoren, wie z.B. Klauseln, die die Übertragung von Geschäftsanteilen an bestimmte Zustimmungserfordernisse der Gesellschafter oder der Gesellschaft knüpfen, Vorerwerbsrechte, Mitveräußerungsrechte (tag-along) oder Mitveräußerungspflichten (drag-along).

Da Venture Capital Investoren insbesondere in den früheren Phasen eines Start-ups in das Gründerteam, d.h. die Köpfe hinter der Idee, investieren, enthält das Shareholders‘ Agreement zudem Regelungen, die ein mittel- bis langfristiges Verbleiben des derzeitigen Managementteams sowie der Gründungsgesellschafter beim Start-up sicherstellen sollen. Diese Absicherung der Investoren wird oft über die Vereinbarung eines sog. Gründer Lock-up erreicht: Einem zeitlich begrenzten Veräußerungsverbot für die Geschäftsanteile der Gründer, Vesting-Regelungen zur Bindung des Managements und Wettbewerbsverbote der Gründungsgesellschafter.

Der Gesellschaftsvertrag (auch Satzung genannt)

In die Satzung werden nur diejenigen Regelungen aufgenommen, die nach dem Gesetz oder nach Wunsch der Gesellschafter zwingenden gesellschaftsrechtlichen Charakter entfalten sollen. Der eigenständige Regelungsgehalt der Satzung ist begrenzt, weil alle wesentlichen Vereinbarungen zwischen Gründungsgesellschaftern und Venture Capital Investoren bereits im Investment and Shareholders‘ Agreement geregelt sind.

Gleichwohl ist die Satzung zwingender Bestandteil jeder Venture Capital Beteiligungsdokumentation und wird im Rahmen jeder Finanzierungsrunde neu verhandelt und verabschiedet. Dies ist notwendig, um die Beteiligung des Investors zu reflektieren und die Satzung mit der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung zu harmonisieren.

Neben den Angaben zu Firma, Sitz und Stammkapital der Gesellschaft enthält die Satzung typischerweise Vereinbarungen zur Vinkulierung der Geschäftsanteile, zu den Modalitäten einer etwaigen Einziehung von Geschäftsanteilen sowie ggf. auch Zustimmungsrechte der Gesellschafter zu bestimmten, wesentlichen Maßnahmen der Geschäftsführung.

Verträge mit der Geschäftsführung und sonstige Beteiligungsdokumente

Zu den sonstigen Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit einer Finanzierungsrunde abgeschlossen werden, zählen vor allem Verträge mit der Geschäftsführung, insbesondere Geschäftsführeranstellungsverträge und ggf. Bonusregelungen, die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung des Start-ups und Vereinbarungen über ein (virtuelles) Mitarbeiterbeteiligungsprogramm.

Auch diese Dokumente sind auf der einen Seite „Standard″, weil sie Bestandteil der meisten Finanzierungsrunden sind, auf der anderen Seite sind auch hier vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten denkbar. Insgesamt sind diese Dokumente gut auf die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung und die Satzung abzustimmen, damit ein in sich stimmiges Vertragswerk entsteht.

Gestaltungsmöglichkeiten, Publizität und Bindungswirkung

Während manche Regeln der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarungen, z.B. die Regelungen zum Vollzug des Investments durch Kapitalerhöhung, reine „Technik″ sind, wird über die Definition der Meilensteine zur Fälligkeit der verschiedenen Tranchen der Investitionssumme, die Liquidationspräferenz, die Exit-Regelungen des Investors und seine Kontroll- und Vetorechte regelmäßig hart verhandelt. Besonders die Regelung zur Liquidationspräferenz muss gut durchdacht sein und berücksichtigen, dass womöglich weitere Finanzierungsrunden folgen werden. Auch die Regelungen zum Vesting der Geschäftsanteile und zum Gründer Lock-up können unterschiedlich strikt gefasst sein und je nach Verhandlungsmacht der Gründungsgesellschafter kürzere oder längere Zeiträume umfassen.

Die Vereinbarungen, die in der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung getroffen werden, werden bewusst außerhalb der Satzung geregelt. Anders als die Satzung einer Gesellschaft müssen schuldrechtliche Nebenabreden, die keinen zwingenden Charakter entfalten, also nicht (gleichzeitig) in die Satzung aufzunehmen sind, nicht im Handelsregister veröffentlicht werden. Die in der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung enthaltenen Regelungen bleiben damit vertraulich und können durch Dritte nicht eingesehen werden.

Die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung bindet nur die Vertragsparteien untereinander, entfaltet aber keine Bindungswirkung gegenüber möglichen Neugesellschaftern. Vor diesem Hintergrund sehen die Beteiligungsdokumente regelmäßig vor, dass weitere Investoren, die beispielsweise im Rahmen einer späteren Finanzierungsrunde dem Start-up als Gesellschafter beitreten, auch zuvor Vertragsparteien der bestehenden Beteiligungsdokumente werden. Im Rahmen einer späteren Finanzierungsrunde werden die Beteiligungsdokumente jedoch ohnehin meist neu verhandelt, sodass sich ein Beitritt der neuen Gesellschafter zur bestehenden Beteiligungsdokumentation erübrigt. Dennoch wird die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung in der Regel nur befristet abgeschlossen, um eine jederzeitige Kündbarkeit auszuschließen.

Strenge Formerfordernisse für die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung sowie die Satzung

Das Term Sheet kann als rein schuldrechtliche Vereinbarung, die zudem nur begrenzte Bindungswirkung entfaltet, privatschriftlich abgeschlossen werden. Das endverhandelte Dokument sollte von allen Parteien unterzeichnet werden, um das gemeinsame Verständnis von Gründungsgesellschaftern und Investor über die im Term Sheet niedergelegten Konditionen des Beteiligungserwerbs zu dokumentieren. Auch die Geschäftsführeranstellungsverträge, die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und die Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen können privatschriftlich vereinbart bzw. verabschiedet werden, wenn sie nicht zwingend mit anderen zu beurkundenden Geschäften „stehen und fallen″.

Strengere Formerfordernisse gelten für die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung sowie die Satzung. Da die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung neben der Verpflichtung zur Durchführung einer Kapitalerhöhung regelmäßig auch Vereinbarungen zur Abtretung von Geschäftsanteilen im Rahmen von Vorerwerbsrechten, Mitveräußerungsrechten und -pflichten oder Vesting-Regelungen enthält, bedarf die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung – jedenfalls bei einem Start-up, das als UG oder GmbH firmiert – der notariellen Beurkundung. Auch die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die Änderung der Satzung muss notariell beurkundet werden.

Die Beteiligungsdokumentation wird häufig in englischer Sprache aufgesetzt, um auf mögliche ausländische Kapitalgeber in späteren Finanzierungsrunden vorbereitet zu sein. Zwingend ist dies jedoch keineswegs. Gerade die Satzung muss stets (auch) in deutscher Sprache vorliegen, damit sie vom Handelsregister akzeptiert wird.

Besonderheiten bei Finanzierungsrunden mit mehreren Investoren und im Hinblick auf spätere Finanzierungsrunden

Durch die Beteiligungsdokumentation wollen die Venture Capital Investoren ihre wesentlichen Investitionskriterien, die Grundlage für ihre Beteiligung und die Bewertung des Start-ups gewesen sind, für die Dauer ihrer Beteiligung rechtlich absichern. Dabei werden die verschiedenen Investoren darauf bestehen, bei den Konditionen ihres Beteiligungserwerbs und den Auszahlungsmodalitäten gleich behandelt zu werden. Dies wird meist schon dadurch gewährleistet, dass nicht mit jedem Investor ein separater Beteiligungsvertrag abgeschlossen, sondern ein einziges Vertragswerk für alle an der Finanzierungsrunde beteiligten Investoren gestaltet wird.

Schwieriger und komplexer gestaltet sich die Vertragsdokumentation bei nachfolgenden Finanzierungsrunden, da neben den Interessen der in dieser neuen Finanzierungsrunde beitretenden Investoren auch die Interessen der bereits investierten Venture Capital Investoren berücksichtigt werden müssen. Dies führt oft zu komplizierten Regelungen über die Liquidationspräferenz und zunehmend komplexen Corporate Governance Strukturen.

Wichtig ist, dass man bereits bei dem Abschluss der Beteiligungsdokumentation in der ersten Finanzierungsrunde mögliche weitere Finanzierungsrunden im Hinterkopf behält. Grundsätzlich kann eine einmal abgeschlossene Beteiligungsdokumentation nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien geändert werden. Um sich also für die Zwecke einer weiteren Finanzierungsrunden nicht von einzelnen, kleineren Investoren abhängig zu machen, kann die Beteiligungsdokumentation eine Öffnungsklausel vorsehen, die eine Änderung der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung mit einem bestimmten (qualifizierten) Mehrheitserfordernis ermöglicht. Bei einer großen Anzahl von „kleineren″ Gesellschaftern ist es zudem sinnvoll, ein Stimmrechtspooling vorzusehen, das eine Vertretung dieser Gesellschafter, insbesondere bei der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung, vorsieht.

Dies ist ein Beitrag aus unserer Blogserie „Venture Capital Basics. Auch die verschiedenen Arten von Venture Capital Investoren sowie das Corporate Venture Capital haben wir bereits beleuchtet. Weitere Beiträge, wie Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Venture Capital & Private EquityFinanzierungsarten für Start-ups und den Finanzierungsrunden sind gefolgt. Anschließend sind wir aufs Bridge Financing für Start-ups, auf den Ablauf eines Venture Capital Investments und das Term Sheet eingegangen.

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