Wir zeigen, in welchen Schritten sich eine Finanzierungsrunde vollzieht und was die Gründer dabei beachten müssen!
Insbesondere für junge Unternehmer, die zum ersten Mal ein Start-up gründen wollen, stellen sich im Vorfeld der ersten Venture Capital-Finanzierungsrunde viele Fragen:
Brauche ich ein NDA? Was ist der Inhalt eines Term Sheets? Worauf kommt es bei einer DD an? Was muss ich beim Abschluss des IA beachten und welchen Inhalt hat ein SHA?
Vorausauswahl potentieller Venture Capital-Investoren
Ganz am Anfang einer Finanzierungsrunde steht die Suche nach einem potentiellen Investor. Hierfür sollte sich das Gründungsteam zunächst über die eigenen Stärken und Schwächen sowie die der Geschäftsidee bewusst werden. Es ist zu überlegen, mit welcher Art von Investor die eigene Idee mit größter Wahrscheinlichkeit zum Erfolg geführt werden kann.
Dabei sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: Wieviel Kapital benötigt das Start-up und für welchen Zeitraum wird das Kapital benötigt (kurzfristig oder langfristig)? Welche Art Investor passt am besten zu der Geschäftsidee (Finanzinvestor oder strategischer Corporate VC Investor)? Wie erfahren und erfolgreich ist das Management Team des Investors? Bietet der Investor neben der Kapitalleistung auch sonstige Unterstützung in Form von Beratung, Betreuung oder Zugang zu seinem Netzwerk an? Haben sich die Gründer für einen oder mehrere potentielle Investoren entschieden, erfolgt der Erstkontakt meist durch Übersendung des Pitch Decks.
Neben der Ansprache von privaten Venture Capital Investoren, sollten Gründer auch immer daran denken, dass es bestimmte öffentliche Fonds und Fördermittel gibt, die ergänzend Risikokapital zur Verfügung stellen.
Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung (NDA)?
Mit der konkreten Ansprache von Investoren stellt sich für die Gründer die Frage nach dem Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung (sog. Non-Disclosure Agreement oder NDA). Ein NDA regelt, dass die zur Verfügung gestellten Unternehmensinformationen, insbesondere die Geschäftsidee, vertraulich behandelt werden müssen und ausschließlich für die Investitionsentscheidung des Investors, nicht aber für eigene Zwecke verwendet werden dürfen.
Für die meisten Venture Capital-Investoren ist der Abschluss eines NDA – zumindest in dieser Frühphase einer Finanzierungsrunde – jedoch ein klares No-Go. Ein Gründer, der auf den Abschluss eines NDA beharrt, signalisiert seine Unerfahrenheit und Unkenntnis. Erfahrene Investoren werden dies zum Anlass nehmen, die Finanzierungsanfrage gar nicht erst zu bearbeiten.
Vorprüfung und Bewertung durch den Venture Capital-Investor
Nach der Ansprache durch die Gründer wird der Venture Capital-Investor typischerweise eine Vorprüfung des Start-ups und seiner Geschäftsidee vornehmen. Diese besteht aus einer ersten groben Analyse des Geschäftsmodells sowie einer Kennenlernrunde mit dem Management des Start-ups.
Zudem wird sich der Investor erste Gedanken zu der Bewertung des Unternehmens machen, also zu der Frage, welche prozentuale Beteiligung ihm für die Bereitstellung eines bestimmten Betrages an Kapital eingeräumt werden sollte. Der genaue Betrag wird meist im Term Sheet festgelegt.
Augenmerk auf vorvertragliche Vereinbarungen (Term Sheet) legen
Verlaufen die ersten Gespräche zwischen Investor und Gründern positiv, kommt es in der Regel zum Abschluss einer (unverbindlichen) Absichtserklärung in Form eines Term Sheets.
In einem Term Sheet werden die wesentlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Eckdaten der Beteiligung des Investors, wie z.B. die Investitionssumme, die hierfür voraussichtlich gewährte prozentuale Beteiligung des Investors am Unternehmen, etwaige Sonderrechte des Investors (z.B. Veto-Rechte, Liquidationspräferenz, Mitverkaufsrechte und -pflichten, Verwässerungsschutz) sowie Vesting-Regelungen und ggf. auch Wettbewerbs- und Abwerbeverbote vereinbart. Zudem enthält das Term Sheet oft Vereinbarungen über das weitere Vorgehen und den avisierten zeitlichen Ablauf des Investments sowie (eingeschränkte) Vertraulichkeitsverpflichtungen.
Diese Form der vorvertraglichen Vereinbarung entfaltet in der Regel – mit Ausnahme besonderer Regelungen wie z.B. Vertraulichkeits- und Exklusivitätsvereinbarungen – keine rechtliche Bindungswirkung. Dennoch sollten die Gründer auf den Abschluss des Term Sheets besonderes Augenmerk legen, da die dort vereinbarten Rahmenbedingungen eine starke faktische Bindungswirkung für die spätere Verhandlung der Beteiligungsdokumentation entfalten. Für die Gründer ist es regelmäßig sehr schwer, nachträglich von den im Term Sheet vereinbarten Bedingungen zu ihren Gunsten abzuweichen.
Prüfung des Unternehmens im Rahmen einer Due Diligence (DD)
Nach erfolgreichem Abschluss des Term Sheets wird der Investor eine Due Diligence-Prüfung (sog. DD) des Start-ups vornehmen, um die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen des Unternehmens sorgfältig zu prüfen. Bei einer Due Diligence handelt es sich um eine detaillierte, systematische Analyse des Unternehmens unter Beleuchtung der rechtlichen, wirtschaftlichen, steuerlichen und finanziellen Situation der Gesellschaft und ihres Geschäftsmodells.
Zu Beginn der Due Diligence steht regelmäßig die Übersendung einer Anforderungsliste durch den Investor an die Gründer, die die Themengebiete und Unterlagen aufführt, die sich der Investor im Rahmen der Due Diligence ansehen will. Die Gründer und ihre Mitarbeiter stellen sodann die angeforderten Dokumente zusammen und laden diese in einen (virtuellen) Datenraum hoch. Die Anforderungsliste des Investors ist oftmals sehr umfangreich und ihre Bearbeitung sehr zeit- und personalintensiv. Die Gründer sollten deshalb frühzeitig ausreichend personelle Ressourcen bereitstellen und diesen Aspekt auch bei der Planung des zeitlichen Ablaufs der Finanzierungsrunde berücksichtigen. Empfehlenswert ist es, die eigenen Dokumente bereits vor einer konkreten Finanzierungsrunde fortlaufend in einem Dokumentenmanagementsystem zu organisieren. Dies spart viel Zeit und Mühe, weil daraus jederzeit ein Datenraum für eine Due Diligence abgeleitet werden kann.
Ist die Anforderungsliste abgearbeitet und der Datenraum bestückt, prüft der Investor die Unterlagen zusammen mit seinen Beratern. Ergeben sich bei der Durchsicht Fragen, so wird der Investor diese im Rahmen eines sog. Q&A-Prozesses stellen und eine umfangreiche und zufriedenstellende Bearbeitung durch die Gründer und ihre Mitarbeiter erwarten.
Die Ergebnisse der Due Diligence finden Eingang in die spätere Ausgestaltung der Beteiligungsdokumentation. Hat es wesentliche Findings gegeben, wird der Investor ggf. darauf drängen, dass diese vor Vollzug seiner Beteiligung beseitigt werden. Ist dies nicht möglich, führt dies schlimmstenfalls zum Abbruch der Verhandlungen über eine Beteiligung des Investors. Haben sich aus Sicht des Investors sonstige Risiken des Geschäftsmodells oder der rechtlichen, wirtschaftlichen oder steuerlichen Ausgestaltung der Gesellschaft ergeben, wird der Investor sich diese Risiken durch Garantien und Freistellung absichern lassen. Wichtig ist aus Gründersicht daher, im Rahmen der Due Diligence eine möglichst umfassende Transparenz zu gewährleisten, d.h. alle relevanten Informationen – sowohl positive als auch negative – offenzulegen und etwaige Risiken des Geschäftsmodells klar zu adressieren. Werden dem Investor im Rahmen der Due Diligence wesentliche Informationen vorenthalten oder ihm gar falsche Informationen übermittelt, stehen dem Investor eventuell Schadensersatzansprüche gegen die Gründer zu. Zudem könnte ein gleichwohl abgeschlossener Beteiligungsvertrag rückabgewickelt werden.
Abschluss der Beteiligungsdokumentation
Spätestens nach Abschluss einer für den Investor zufriedenstellenden Due Diligence, oft aber auch schon parallel dazu, werden Gründer und Investor in die Verhandlungen über die Beteiligungsdokumentation einsteigen. Diese setzt sich aus der Beteiligungsvereinbarung (Investment Agreement oder IA), der Gesellschaftervereinbarung (Shareholders Agreement oder SHA), eines neuen Gesellschaftsvertrags (Satzung) sowie (neuen) Geschäftsführeranstellungsverträgen und ggf. einer Geschäftsordnung für das Management des Start-ups zusammen.
Der Beteiligungsvertrag (Investment Agreement)
Zentraler Bestandteil der Beteiligungsdokumentation ist das Investment Agreement, welches Einzelheiten zur Beteiligung des Investors und die wesentlichen Konditionen des Beteiligungserwerbs regelt. Typischerweise finden sich darin Regelungen zur Höhe der Beteiligung des Investors und zur Bewertung des Unternehmens, zum Verwässerungsschutz, zur weiteren Finanzierung des Start-ups sowie Zusicherungen und Garantien, mit denen etwaige Risiken aus der Due Diligence aufgefangen werden sollen.
Die Gesellschaftervereinbarung (Shareholders‘ Agreement)
Da mit dem Venture Capital Investor ein fremder Dritter in den Gesellschafterkreis des Start-ups aufgenommen werden soll, bedarf auch das Verhältnis der Gründungsgesellschafter gegenüber dem neuen Gesellschafter einer umfassenden Regelung. Derartige Vereinbarungen enthält das Shareholders‘ Agreement.
Typische Regelungsfelder sind z.B. Informations- und Zustimmungsrechte des Investors bei bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen, ggf. ein Einflussnahmerecht des Investors über einen Sitz im Aufsichtsrat/Beirat des Unternehmens, Regelungen zum Exit des Investors und/oder der Gründungsgesellschafter, wie z.B. Zustimmungserfordernisse für die Übertragung von Anteilen (Vinkulierung), Gründer Lock-up, Vorerwerbsrechte, Mitveräußerungsrechte und Mitveräußerungspflichten sowie Regelungen zur Liquidationspräferenz, zur Bindung des Managements (Vesting) und Wettbewerbsverbote der Gründungsgesellschafter.
Satzung und sonstige Beteiligungsdokumente
Regelungen zwischen den Gesellschaftern, die nach dem Gesetz oder nach Wunsch der Gesellschafter zwingenden Charakter entfalten sollen, werden zusätzlich in die Satzung des Start-ups aufgenommen. Hierzu zählen z.B. Vereinbarungen zur Vinkulierung der Geschäftsanteile, zu den Modalitäten einer etwaigen Einziehung von Geschäftsanteilen sowie ggf. auch Zustimmungsrechte der Gesellschafter zu bestimmten, wesentlichen Maßnahmen der Geschäftsführung und Wettbewerbsverbote. Oft ist die Satzung jedoch recht kurz gehalten, weil die wesentlichen Vereinbarungen bereits in dem Investment Agreement bzw. dem Shareholders‘ Agreement enthalten sind.
Da die Umsetzung des Beteiligungserwerbs des Investors meist über eine Kapitalerhöhung erfolgt, fließt das Geld des Investors nicht den Gründern, sondern der Start-up-Gesellschaft selbst zu. Aus Gründersicht ist es deshalb wichtig, dass die Gründer spätestens jetzt eine Vergütungsregelung für ihr Tätigwerden als Geschäftsführer des Start-ups treffen, um für ausreichendes Einkommen zu sorgen, aus dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Daher werden im Zuge einer Finanzierungsrunde oft auch (neue) Geschäftsführeranstellungsverträge geschlossen.
Zudem können sich Gründer und Geschäftsführer auf eine zusätzliche Geschäftsordnung für die Geschäftsführung des Start-ups einigen, in der gewisse Informations- und Verhaltenspflichten der Gründer-Geschäftsführer geregelt und dem Investor Zustimmungsvorbehalte eingeräumt werden (sofern dies nicht bereits in der Satzung oder im Shareholders‘ Agreement abgebildet ist).
Vollzug der Beteiligung durch Kapitalbereitstellung
Ist die Beteiligungsdokumentation endverhandelt und unterzeichnet, folgt der letzte Schritt der Beteiligung des Venture Capital Investors, nämlich die Zurverfügungstellung von Kapital an das Start-up-Unternehmen. Dies erfolgt regelmäßig im Rahmen einer Kapitalerhöhung, in der der Investor neu ausgegebene Geschäftsanteile an der Start-up-Gesellschaft zeichnet und dafür neben dem nominellen Betrag, der auf diese Stammanteile entfällt, einen vereinbarten zusätzlichen Betrag in die Kapitalrücklage der Gesellschaft leistet.
Eine andere mögliche Form der Beteiligung eines Venture Capital Investors bildet der Abschluss von sog. Wandeldarlehen, die zunächst Fremdkapital darstellen, aber unter bestimmten Voraussetzungen in eine echte Eigenkapitalbeteiligung des Investors an dem Start-up umgewandelt werden können.
Dauer der Beteiligung eines Venture Capital Investors und sein Exit
Die Dauer einer Beteiligung eines Venture Capital Investors variiert und hängt stark von der Art des Venture Capital Investors ab. Während Finanzinvestoren ihre Beteiligungen eher kurzfristig halten, um die Renditeerwartung ihrer Anleger erfüllen zu können, investieren strategische Investoren oder auch Family Offices oft langfristiger.
Ein Venture Capital Investment endet mit dem Exit des Investors, der durch unterschiedliche Varianten erreicht werden kann. Im Mittelpunkt des Interesses steht der Exit durch Verkauf des Start-ups an einen Dritten (Trade Sale) oder Börsengang (IPO). Aber auch ein Rückverkauf der durch den Investor übernommenen Anteile an die Gründer (sog. Buyback) ist denkbar.
Dies ist ein Beitrag aus unserer Blogserie „Venture Capital Basics“. Auch die verschiedenen Arten von Venture Capital Investoren sowie das Corporate Venture Capital haben wir bereits beleuchtet. Weitere Beiträge, wie Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Venture Capital & Private Equity, Finanzierungsarten für Start-ups und den Finanzierungsrunden sind gefolgt. Anschließend sind wir aufs Bridge Financing für Start-ups, auf den Ablauf eines Venture Capital Investments und das Term Sheet eingegangen.