Über Möglichkeiten und Fallstricke bei der Gestaltung der Anteilsübertragung in Gemeinschaftsunternehmen.
Neben den Regelungen zur Finanzierung des Joint Ventures und der Ausgestaltung der internen Corporate Governance sind die Regelungen zur Laufzeit und Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile die dritte Säule, die bei der vertraglichen Gestaltung eines als Joint Venture betriebenen Gemeinschaftsunternehmens besonderer Aufmerksamkeit bedarf.
Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen im Shareholders’ Agreement geregelt
Um die zwischen den Parteien vereinbarten Regelungen zur Übertragbarkeit der Öffentlichkeit zu entziehen, werden diese i.d.R. nicht im Gesellschaftsvertrag, sondern im Joint-Venture-Vertrag bzw. im Gesellschaftervertrag (Shareholders’ Agreement) verankert.
Eine Ausnahme empfiehlt sich lediglich für das Zustimmungserfordernis bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen (Vinkulierungsklausel), da dessen Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag den Vorteil hat, dass das Zustimmungserfordernis als Übertragungshindernis auch Dritten (z.B. Erwerbern* der Geschäftsanteile) entgegengehalten werden kann. Regelungen im Joint-Venture-Vertrag wirken dagegen nur schuldrechtlich zwischen den Parteien dieses Vertrages.
Da die Vertragspartner eines Joint Ventures i.d.R. eine längere Laufzeit des gemeinsamen Unternehmens im Auge haben, sollen Vinkulierungsklauseln den Fortbestand des Joint Ventures sichern und die Partner für die Dauer des Joint Ventures aneinanderbinden. Dies schließt eine freie Veräußerbarkeit der Anteile während der Laufzeit aus. Zu diesem Zweck sehen die Vinkulierungsklauseln im klassischen 50:50-Joint-Venture die Zustimmung des jeweils anderen Joint-Venture-Partners vor, sodass eine Übertragung gegen dessen Willen nicht möglich ist.
Hat das Gemeinschaftsunternehmen mehr als zwei Gesellschafter, kann die Entscheidung über die Zustimmung zur Übertragung des Gesellschaftsanteils an einen Dritten auch von einem Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter abhängig gemacht werden. Erbringen die Joint Venture-Partner selbst Leistungen an das Joint Venture, um dessen Zweck zu fördern, muss im Joint-Venture-Vertrag festgelegt werden, welche Kriterien das erwerbende Unternehmen erfüllen muss, um überhaupt als Erwerber zugelassen zu werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die erforderlichen Leistungen weiterhin erbracht werden können.
Häufig sehen Joint-Venture-Verträge neben der Vinkulierung auch ein Vorerwerbsrecht vor, sodass die verbleibenden Gesellschafter die Möglichkeit haben, die Anteile des ausscheidenden Gesellschafters zu einem im Vertrag festgelegten Kaufpreis zu erwerben.
Mitveräußerungsrechte und Mitveräußerungspflichten von Joint-Venture-Partnern sollten festgelegt werden
Weitere Elemente, die die Veräußerbarkeit der Gesellschaftsanteile am Joint Venture betreffen, sind Mitveräußerungsrechte (Tag-along Rights) und Mitnahmerechte (Drag-along Rights), die auf Seiten der übrigen Gesellschafter Mitveräußerungspflichten auslösen.
Das Mitveräußerungsrecht berechtigt im Falle der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen durch einen Joint-Venture-Partner den oder die anderen Gesellschafter, ihre Anteile zu gleichen Bedingungen an den Erwerber mitzuveräußern. Zu diesem Zweck muss der veräußernde Gesellschafter den anderen Joint-Venture-Partnern den Verkauf anzeigen und die Bedingungen des Verkaufs offenlegen.
Der Umstand, dass für den Verkäufer eine Mitveräußerungsverpflichtung besteht, ist dem potenziellen Käufer im Rahmen der Vertragsverhandlungen frühzeitig offenzulegen, damit dieser weiß, dass er im Zweifel sämtliche Anteile am Gemeinschaftsunternehmen erwerben muss.
Umgekehrt ermöglicht das Mitnahmerecht dem veräußerungswilligen Joint-Venture-Partner, dem Kaufinteressenten von vornherein auch die Anteile der übrigen Gesellschafter zum Kauf anzubieten. Erst hierdurch wird eine vollständige Übertragung des Joint Ventures in Form eines Trade Sale möglich.
Je nach Interessenlage und Gegenstand des Joint Ventures sollte bereits bei dessen Gründung mit den Parteien abgestimmt werden, ob die Mitveräußerungspflicht für alle Gesellschafter gleichermaßen gelten soll und ob der Mechanismus nicht ggf. durch ein Vorerwerbsrecht ergänzt wird. Letzteres stellt sicher, dass die übrigen Gesellschafter vor Ausübung des Mitnahmerechts die Gelegenheit erhalten, ggf. selbst das Unternehmen vollständig zu übernehmen.
Vor Beginn des Joint Ventures müssen dessen Dauer und die Rechte der Joint-Venture-Partner am Ende der Laufzeit festgelegt werden
Ist das Projekt des Joint Ventures nur auf einen begrenzten Zeitraum angelegt, kann grds. eine Liquidation des Joint Ventures am Ende der Laufzeit vorgesehen werden. Dies entspricht jedoch in den seltensten Fällen den Interessen der Joint-Venture-Partner, da der durch das Joint-Venture-Unternehmen geschaffene Wert verloren geht. Eine Liquidation als alleinige Beendigungsmöglichkeit des Joint Ventures findet sich daher in der Praxis selten.
Häufiger hingegen sind Regelungen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt die Möglichkeit der Kündigung der Beteiligung oder des Ausstiegs aus dem Joint Venture vorsehen. In diesem Fall ist die Kündigungsregelung durch eine Abfindungsklausel und, wenn das Gemeinschaftsunternehmen eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, durch Regelungen über die Einziehung der Geschäftsanteile zu ergänzen.
Anstelle von Kündigungs- oder Rücktrittsrechten können ab einem bestimmtem, erst zu definierenden Zeitpunkt Verkaufsoptionen (Put-Optionen) oder Kaufoptionen (Call-Optionen) vorgesehen werden
Put-Optionen bzw. Call-Optionen sind entweder innerhalb einer bestimmten Frist oder bei Eintritt bestimmter Ereignisse ausübbar. Als wichtiger Grund für die Ausübung einer Call-Option wird in Joint-Venture-Verträgen häufig der Fall eines Kontrollwechsels im Gesellschafterkreis des oder der anderen Joint-Venture-Partner (Change of Control) definiert. Hierdurch kann nicht nur verhindert werden, dass ein Wettbewerber (mittelbar) Partner des Joint Ventures wird, sondern es können auch kartellrechtliche Probleme vermieden werden, wenn diese durch den (mittelbaren) Beitritt eines neuen Gesellschafters entstünden. Erwirbt ein Konkurrenzunternehmen den Joint-Venture-Partner, üben der oder die weiteren Gesellschafter ihre Call-Option aus und übernehmen die Anteile.
Call-Optionen und Put-Optionen werden i.d.R. als aufschiebend bedingte Kaufverträge ausgestaltet, bei denen die Ausübungserklärung den Bedingungseintritt markiert und die vertraglichen Regelungen des Verkaufs bereits im Joint-Venture-Vertrag festgelegt sind.
Die Ausgestaltung der Put- und Call-Optionen umfasst mehrere Elemente: Neben den Regelungen zur Ausübung der Optionen müssen die Parteien die Höhe des bei Ausübung zu zahlenden Kaufpreises festlegen. Hierfür stehen alle Bewertungsmechanismen zur Verfügung, die auch sonst bei Abfindungsklauseln zur Anwendung kommen. Am einfachsten ist es, eine Verkehrswertermittlung durch einen von den Parteien zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer vorzusehen, der den Unternehmenswert nach den Grundsätzen des Instituts der Wirtschaftsprüfer für die Bewertung von Unternehmen (IDW S1) ermittelt. Denkbar sind aber auch andere Bewertungsmethoden, z.B. eine Kaufpreisfindung auf Basis branchenüblicher Multiples, mit denen die in den letzten Geschäftsjahren erzielten durchschnittlichen Jahresergebnisse multipliziert werden.
Vertragliche Gewährleistungsregeln bei Put- und Call-Optionen erforderlich – bei 50:50-Joint-Venture sonst nur Rechtsmängelhaftung
Neben der Bewertung sollten bei der Festlegung von Put- und Call-Optionen auch die weiteren Regelungen eines Kaufvertrages, u.a. die Gewährleistungsregelungen, festgelegt werden. Sind die Joint-Venture-Partner in dem Gemeinschaftsunternehmen aktiv tätig und haben daher regelmäßig Einblick in dessen wirtschaftliche Lage, werden sich die Parteien i.d.R. auf Garantien beschränken, die sich auf die zu übertragenden Gesellschaftsanteile beziehen, d.h. auf den Bestand des Eigentums des Veräußerers und die Freiheit von dinglichen oder sonstigen Beschränkungen. Wünscht der Erwerber darüber hinaus eine Garantie, die sich auch auf das Unternehmen bezieht, muss dies bei einem 50:50-Joint-Venture ausdrücklich in den kaufvertraglichen Regelungen zur Put- oder Call-Option verankert werden. Andernfalls ist eine Gewährleistungshaftung in Bezug auf das Unternehmen und dessen wirtschaftliche Lage i.d.R. ausgeschlossen. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2018 (BGH, Urteil v. 26. September 2018 – VIII ZR 187/17) hat der Bundesgerichtshof insoweit entschieden, dass sich der erwerbende Mitunternehmer bei einem 50:50-Joint-Venture mangels ausdrücklicher Regelung im Kaufvertrag gegenüber dem Verkäufer nur auf Rechtsmängel hinsichtlich der Anteile berufen kann. Im konkreten vom BGH entschiedenen Fall ging es um eine von den Parteien beim Verkauf nicht erkannte erhebliche Unterbilanz der Gesellschaft, die den gezahlten Kaufpreis nicht rechtfertigte.
Durch eine sorgfältige und interessengerechte Vertragsgestaltung können künftige Konflikte zwischen den Parteien weitestgehend vermieden werden
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass bei der vertraglichen Vorbereitung eines Joint Ventures die spätere Übertragbarkeit und Übertragung der Gesellschaftsanteile sowie die Beendigung der Beteiligung sorgfältig und unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Joint Ventures und der Zusammensetzung der Joint-Venture-Partner zu bedenken sind.
Dem Auftakt zu unserer Serie „Joint Ventures“ folgten die Beiträge zur Geschäftsleitung, zur initialen Ausstattung eines Joint Ventures, zu Finanzierungsstrategien und zu asymmetrischen Joint Ventures. Zuletzt veröffentlicht wurden ein Beitrag zum Deadlock im Joint Venture sowie zu Pattsituationen.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.