15. April 2025
Koalitionsvertrag 2025 Steuerrecht

Unternehmensteuerreform kommt. Erbschaftsteuerreform ad acta?

Für Unternehmen, Unternehmer und HNWIs sieht der Koalitionsvertrag weder erhebliche Steuererleichterungen noch wesentliche Steuerverschärfungen vor.

Im Sonderungspapier der Arbeitsgruppe 16 vom 24. März 2025 waren umfangreiche Steuererleichterungen für Unternehmen, aber auch -verschärfungen für Gesellschafter und vermögende Privatpersonen vorgesehen. Mit Spannung wurde erwartet, welche dieser Vorhaben in den Koalitionsvertrag Eingang finden würden. Die Steuerpläne im nun beschlossenen Koalitionsvertrag lassen aktuell weder kurzfristig erhöhten Handlungsbedarf noch besondere Herausforderungen in der Umsetzung für Unternehmen, Unternehmer und vermögende Privatpersonen erwarten.

Unternehmensteuerreform: Durch eine degressive Abschreibung soll ein Anreiz für unternehmerische Investitionen gesetzt werden

In den Jahren 2025 bis 2027 soll für alle Unternehmen – unabhängig von ihrer Rechtsform – eine degressive Abschreibung von 30 % auf sogenannte Ausrüstungsinvestitionen eingeführt werden. Dies soll zu einem Investitionsanreiz („Investitions-Booster″) führen und so die Wirtschaft ankurbeln. Die degressive Abschreibung soll bereits im Jahr 2025 gelten, sodass bereits für Investitionen, die im laufenden Jahr getätigt werden, die höhere Abschreibung in Anspruch genommen werden kann. Im Sondierungspapier ist dazu ausgeführt, dass „sofort nach Regierungsbildung″ spürbare Anreize für unternehmerische Investitionen in Deutschland gesetzt werden sollen. Es ist damit davon auszugehen, dass eine gesetzliche Änderung zeitnah umgesetzt werden wird und damit eine aktuell noch bestehende Unsicherheit kurzfristig beseitigt werden wird.

Sollen Ausrüstungsinvestitionen getätigt werde, deren Anschaffung oder Herstellung längere Zeit in Anspruch nimmt, sollte die Investition frühzeitig angegangen werden. Denn die degressive Abschreibung soll nur bis zum Jahr 2027 gewährt werden. Damit muss der Anschaffungsvorgang oder die Herstellung bis Ende des Jahres 2027 abgeschlossen sein. Denn für die Gewährung der (erhöhten) Abschreibung kommt es regelmäßig auf den Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs des angeschafften Wirtschaftsguts bzw. im Fall der Herstellung auf die Fertigstellung an.

„Ausrüstungsinvestitionen″ sind im Wesentlichen bewegliche Anlagen wie neue Maschinen, Geräte und Fahrzeuge. Fest mit Gebäuden verbundene Anlagen, wie Heizkessel oder Aufzüge zählen (nach der Definition des Statistischen Bundesamts) dagegen nicht zu den Ausrüstungs-, sondern zu den Bauinvestitionen. Für welche konkreten Wirtschaftsgüter die degressive Abschreibung gelten soll, bleibt abzuwarten.

Kapitalgesellschaften können mit Steuerentlastungen durch geringere Steuersätze rechnen

Die degressive Abschreibung wird für Kapitalgesellschaften ab dem Jahr 2028 durch eine Entlastung beim Körperschaftssteuersatz abgelöst. Dieser soll ab dem Jahr 2028 in fünf Schritten jährlich um 1 % auf einen Satz von 10 % ab dem Jahr 2032 gesenkt werden. Bei Anwendung eines Gewerbesteuer-Hebesatzes von z.B. 400 %, wird die Gesamtsteuerbelastung der Kapitalgesellschaft dann von aktuell 29,83 % auf 24,55 % reduziert werden. Unter Berücksichtigung der Ausschüttung an den Gesellschafter wird sich die Gesamtsteuerbelastung um 3,9 % auf 44,45 % gegenüber bisher 48,33 %, reduzieren. Die Abgeltungsteuer, die bei Ausschüttung aus der Kapitalgesellschaft anfällt, dürfte – anders als noch im Sonderungspapier von der SPD angeregt – bei einem Steuersatz von 25 % bleiben.

Die Steuersatzsenkung soll in einem gemeinsamen Gesetzgebungsverfahren mit der Einführung der degressiven Abschreibung erfolgen. Damit ist davon auszugehen, dass beide Gesetzesänderungen kurzfristig umgesetzt werden dürften, sodass insoweit Planungssicherheit besteht. Für die Steuerplanung bedeutet dies, dass durch Verschiebung von Einnahmen in das Jahr 2028 bzw. Vorziehen von Ausgaben in die Jahre vor 2028 die Senkung des Steuersatzes genutzt werden kann. Da der Steuersatz allerdings (nur) in Schritten von jeweils 1 % sinken wird, wird die Auswirkung einer Verlagerung von Einkünften nur einen entsprechend (geringen) Effekt haben. Ausrüstungsinvestitionen in den Jahren 2025 bis 2027 werden sich über die degressive Abschreibung jedenfalls noch günstig mit dem derzeit geltenden höheren Körperschaftsteuersatz von 15 % auswirken.

Die rechtsformneutrale Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften soll weiter verbessert werden

Durch Einführung des Optionsmodells zur Körperschaftsteuer (§ 1a KStG) ab dem Jahr 2022 sowie Anpassung der Regelungen zur Thesaurierungsbesteuerung des § 34a EStG ab 2024 sollte eine rechtsformneutrale Angleichung der Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften erreicht werden. Beide Regelungen werden jedoch in der Praxis eher selten angewendet, sodass die Besteuerung in der Praxis im Regelfall nicht rechtsformneutral erfolgt. Der Koalitionsvertrag sieht deshalb vor, dass sowohl das Optionsmodell als auch die Thesaurierungsbesteuerung nochmals wesentlich verbessert werden sollen, um eine rechtsformneutrale Besteuerung zu ermöglichen. Wie eine solche Anpassung der Besteuerungsregelungen für Personengesellschaften jedoch konkret umgesetzt werden soll, ergibt sich aus dem Koalitionsvertrag noch nicht, ebenso ein Zeitpunkt für eine Anpassung der Regelungen. Bei der Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a EstG dürfte auch die Reduzierung des Steuersatzes berücksichtigt werden.

Für neu gegründete Unternehmen soll geprüft werden, ob diese unabhängig von ihrer Rechtsform in den Geltungsbereich der Körperschaftsteuer fallen könnten. Das Ergebnis einer solchen Prüfung und auch wie eine solche Regelung aussehen könnte, ist derzeit nicht absehbar. Es ist jedoch nicht damit zu rechnen, dass eine gesetzliche Anpassung kurzfristig umgesetzt werden wird.

Keine Steuerverschärfungen für Gesellschafter von Unternehmen und vermögende Privatpersonen im Koalitionsvertrag vorgesehen

Im Koalitionsvertrag finden sich, anders als im Arbeitspapier, weder Regelungen zur Erhöhung des Abgeltungssteuersatzes auf Kapitaleinkünfte, zur Einbeziehung von Kryptowährungen in die Einkünfte aus Kapitalvermögen und zur Vermögensteuer (erwartungsgemäß) noch zur Erbschaftsteuer. Eine umfassende Reform, eine Prüfung und Verschärfung der Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen dürfte deshalb – jedenfalls kurzfristig – nicht zu erwarten sein, sodass kein unmittelbarer Handlungsdruck besteht. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass in laufenden Gesetzgebungsverfahren dennoch einzelne gesetzliche Regelungen angepasst und ggf. auch verschärft werden könnten.  

Verschärfungen bei der Erbschaftsteuer bleiben dennoch möglich

Zu berücksichtigen ist zudem, dass das aktuelle Erbschaftsteuergesetz, insbesondere hinsichtlich der Verschonungsregelungen für betriebliches Vermögen, derzeit – zum wiederholten Mal – dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorliegt. Sollte das Bundesverfassungsgericht das Erbschaftsteuergesetz bzw. Teile davon, wie insbesondere die Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen, für verfassungswidrig ansehen, wird eine gesetzliche Neuregelung zwingend sein. Auch wenn sich die Koalitionsparteien im Koalitionsvertrag offensichtlich nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen konnten, wird dies spätestens für den Fall einer vom Bundesverfassungsgericht geforderten Neuregelung erforderlich werden. Dieses Szenario sollten Unternehmer bei ihrer Nachfolgeplanung berücksichtigen.

Vor dem Hintergrund, dass eine sorgfältige Planung und Umsetzung einer Unternehmensnachfolge regelmäßig einige Zeit in Anspruch nimmt, sollten die Planungen diesbezüglich frühzeitig angegangen werden, wenn die aktuell geltenden (steuerlich günstigen) Regelungen für die unentgeltliche Übertragung von betrieblichem Vermögen genutzt werden sollen.

Wir informieren Sie in unserer Blog-Serie zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD fortlaufend mit aktuellen Beiträgen zu diesem Thema. Sie können diese Blog-Serie über den RSS-Feed abonnieren und werden von uns über neue Beiträge informiert. 

Tags: Erbschaftsteuerreform Koalitionsvertrag 2025 Unternehmensteuerreform