20. März 2020
Unternehmenskaufvertrag, Verbandssanktionengesetz Haftung
RefE Verbandssanktionengesetz

Unternehmenskaufverträge nach dem geplanten Verbandssanktionengesetz

Vertragliche Gestaltung zur Verteilung neuer Haftungsrisiken in M&A-Transaktionen nach dem geplanten Verbandssanktionengesetz genau prüfen!

Die in dem aktuellen Entwurf für das Verbandssanktionengesetz vorgesehenen erhöhten Verbandssanktionen, die bis zu 10% des durchschnittlichen weltweiten Konzernumsatzes betragen können, begründen ein erhebliches wirtschaftliches Risiko in M&A-Transaktionen. Zusätzlich zu einer umfangreichen Compliance-Due Diligence ist es daher geboten, die potentiellen Haftungsrisiken durch effektive Regelungen im Unternehmenskaufvertrag zu minimieren.

Während einige Maßnahmen grundsätzlich empfehlenswert sind und im Folgenden dargestellt werden, richtet sich die Ausgestaltung im Einzelfall nach den Ergebnissen der Compliance-Due Diligence. Dazu kann zwischen drei möglichen Szenarien unterschieden werden.

Allgemeine Maßnahmen

Aus Sicht des Käufers empfiehlt sich die Aufnahme einer Garantie im Kaufvertrag, dass die Zielgesellschaft sämtliche nach dem Verbandssanktionengesetz sanktionsausschließend und -mindernd wirkenden Compliance-Maßnahmen umgesetzt hat. Hierzu zählt insbesondere die Implementierung angemessener Vorkehrungen zur Vermeidung und Aufdeckung von Verbandsstraftaten (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 16 Abs. 2 Nr. 6,7 VerSanG-E). Die anwendbare Verjährungsfrist sollte sich nach der gesetzlichen Verfolgungsverjährung richten, dem Käufer jedoch über diesen Zeitraum hinaus die Möglichkeit einräumen, etwaige Ansprüche geltend zu machen.

Es bietet sich darüber hinaus an, eine MAC-Klausel zu vereinbaren, die dem Käufer ein vertragliches Rücktrittsrecht einräumt, wenn zwischen Unterzeichnung und Vollzug des Kaufvertrages Umstände auftreten, die die Begehung einer Verbandsstraftat mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nahelegen.

1. Szenario: Verhängung einer Verbandssanktion gegen die Zielgesellschaft vor Abschluss des Unternehmenskaufvertrages

Insbesondere für den Fall, dass vor Abschluss des Unternehmenskaufvertrages eine Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt gegen die Zielgesellschaft verhängt wurde, wird der Käufer verhindern wollen, dass die Zielgesellschaft zu der vorbehaltenen Verbandsgeldsanktion verurteilt wird. Um dies zu gewährleisten und die Aufrechterhaltung der bestehenden Verhältnisse zugunsten der Zielgesellschaft sicherzustellen, sollte der Käufer darauf hinwirken, dass im Unternehmenskaufvertrag eine Kooperationspflicht zwischen den Parteien verankert wird.

Gegebenenfalls könnte außerdem eine Freistellungsklausel aufgenommen werden, die den Verkäufer verpflichtet, den Käufer von finanziellen Folgen eines Verstoßes gegen die Kooperationspflicht freizustellen.

Grundsätzlich besteht ebenfalls die Möglichkeit, die Transaktion als Asset Deal zu gestalten. So kann lediglich die Sparte eines Unternehmens erworben werden, die nicht von der bereits verhängten bzw. drohenden Sanktion nach dem Verbandssanktionengesetz betroffen ist. Übernimmt der Käufer demgegenüber wesentliche Wirtschaftsgüter der Zielgesellschaft und führt deren Tätigkeit im Wesentlichen fort, so haftet er als Einzelrechtsnachfolger im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 2 VerSanG-E für die Verbandsstraftaten der Zielgesellschaft.

2. Szenario: Einleitung von internen oder staatsanwaltlichen Ermittlungen vor Vertragsschluss

Wurden bereits vor Abschluss des Unternehmenskaufvertrages interne Ermittlungen wegen des Verdachts einer Verbandsstraftat im Sinne des Verbandssanktionengesetzes aufgenommen oder gar staatsanwaltliche Ermittlungen eingeleitet, besteht ein gesteigertes Interesse des Käufers, sich vor der Verhängung einer Verbandssanktion gegen die Zielgesellschaft abzusichern.

Sollte sich im Rahmen der durchgeführten Compliance-Due Diligence herausgestellt haben, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verbandsstraftat begangen wurde, so kann es im Einzelfall geboten sein, eine entsprechende Herabsetzung des Kaufpreises für die Zielgesellschaft zu vereinbaren.

Verfügt die Zielgesellschaft nicht über ein risikoangemessenes Compliance Management System, sollte die Aufnahme einer Freistellungsklausel in Betracht gezogen werden, um den Käufer für finanzielle Nachteile zu entschädigen, die ihm aufgrund dieses Umstands entstehen.

Um sicherzustellen, dass eine mögliche Verbandsgeldsanktion gemildert werden kann, sollte aus Käufersicht darauf hingewirkt werden, dass eine Garantie des Verkäufers dahingehend abgegeben wird, dass die Zielgesellschaft sämtliche nach § 18 VerSanG-E gebotenen Maßnahmen durchgeführt hat, insbesondere notwendige Aufklärungsmaßnahmen ergriffen und mit den Ermittlungsbehörden zusammengearbeitet hat.

Sollten neben den internen bereits staatliche Ermittlungen aufgenommen worden sein, ist es aus Käufersicht erstrebenswert, zwischen Abschluss und Vollzug des Unternehmenskaufvertrages auf das Vorgehen der Zielgesellschaft gegenüber den Ermittlungsbehörden unmittelbaren Einfluss nehmen zu können.  Zu diesem Zweck kann vereinbart werden, dass sämtliche Maßnahmen – insbesondere Erklärungen und Auskünfte – gegenüber den Ermittlungsbehörden der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Käufers bedürfen.

Um die künftige Unterstützung des Verkäufers gegenüber den Behörden zu gewährleisten, kann nach Vollzug des Unternehmenskaufvertrages zusätzlich eine generelle Mitwirkungspflicht des Verkäufers gegenüber den Ermittlungsbehörden und der Zielgesellschaft bei der Aufdeckung von Verbandsstraftaten vereinbart werden.

3. Szenario: Interne oder externe Ermittlungen erst nach Vollzug des Unternehmenskaufvertrages

Selbst wenn im Rahmen der Compliance-Due Diligence keine Anhaltspunkte für einen (potentiellen) Verstoß gegen das Verbandssanktionengesetz aufgedeckt wurden, sollte der Käufer erwägen, die allgemeine Compliance-Garantie zu ergänzen. In Betracht kommt insbesondere eine Garantie dahingehend, dass keine Umstände vorliegen bzw. in der Vergangenheit aufgetreten sind, die eine Haftung der Gesellschaft nach dem Verbandssanktionengesetz begründen könnten.

Fazit: Erhöhter Bedarf umfassender vertraglicher Regelungen

Durch die verschärften Sanktionen des geplanten Unternehmensstrafrechts ist es zukünftig für Käufer bei M&A-Transaktionen geboten, neben einer ausführlicheren Compliance-Due Diligence Regelungen in Unternehmenskaufverträge aufzunehmen, die den Risiken einer Verbandssanktionierung effektiv begegnen.

Besonderes Augenmerk gilt dabei dem Fall, dass bereits interne oder staatliche Ermittlungen aufgenommen wurden und die Verhängung einer Verbandssanktion unmittelbar droht. Die sich hieraus ergebenden Risiken müssen durch umfangreiche und konkret auf den Einzelfall abgestimmte vertragliche Regelungen abgedeckt werden. Hierdurch kann eine maximale Sanktionsmilderung, unter Umständen sogar ein Sanktionsausschluss, erreicht werden.

Nach dem Auftakt zu unserer Serie zum Referentenentwurf zum Verbandssanktionengesetz folgten Informationen zu Änderungen bei Internal Investigations, zum faktischen Kooperationszwang und der Aushöhlung von Verteidigungsrechten sowie zu den Verbandsgeldsanktionen und der „fachkundigen Stelle″. Zuletzt haben wir uns mit den Risiken nach einer M&A-Transaktion beschäftigt.

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