29. Mai 2024
Steuern in Krise und Insolvenz

Der Insolvenzverwalter in der steuerrechtlichen Verantwortung

Der Insolvenzverwalter ist vielen steuerrechtlichen Verpflichtungen ausgesetzt, deren Vernachlässigung erhebliche Sanktionen auslösen können.

Der Insolvenzverwalter hat nach den gesetzlichen Maßgaben des § 155 Abs. 1 InsO die handels- und steuerrechtlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen, soweit sie auf die Masse bezogen sind. Neben den allgemeinen steuerlichen Auskunfts-, Anzeige- und Nachweispflichten umfasst dies insbesondere die handels- und steuerrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten sowie Steuererklärungspflichten. Dies bedeutet zum Beispiel, dass Jahresabschlüsse, die vor Insolvenz nicht mehr aufgestellt und geprüft worden sind, von ihm aufzustellen sind; insbesondere sind auch die monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteuer-Anmeldungen abzugeben.

Das Amt des Insolvenzverwalters aus steuerlicher Sicht

Der Insolvenzverwalter ist Vermögensverwalter i.S.d. Abgabenordnung (§ 34 Abs. 3 AO). Daher treffen ihn dieselben steuerlichen Pflichten wie einen Geschäftsführer und er haftet für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Pflichten gem. § 69 AO.

Handelsrechtliche Buchführung und Bilanzierung

Allein durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfällt nicht die Kaufmannseigenschaft des Schuldners. Daher entfällt auch nicht die Buchführungspflicht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, auch wenn der Insolvenzverwalter eine eigene insolvenzrechtliche Buchführung zur Ermittlung der Masse vorhält. Damit tritt die handelsrechtliche Buchführung neben die insolvenzrechtlichen Rechnungslegungspflichten, wobei letztere beispielsweise die Aufstellung einer Vermögensübersicht (§ 153 InsO) oder die Vornahme einer Schlussrechnung (§ 66 InsO) umfasst. Hintergrund für das Nebeneinander verschiedener Rechnungslegungspflichten ist, dass diese jeweils unterschiedlichen Zwecken dienen. Die abweichende Zwecksetzung beeinflusst auch die bei der Rechnungslegung zu beachtenden Grundsätze und Maßgaben.

Darüber hinaus gilt, dass die handelsrechtlichen Buchführungspflichten nicht von einer ausreichenden Kostendeckung abhängig sind. Beachtenswert ist auch, dass sich die Verpflichtungen nicht nur auf den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern auch auf Zeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehen.

Steuerliche Buchführung und Bilanzierung

Der Insolvenzverwalter muss also bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens alle steuerlichen Pflichten des Schuldners erfüllen. Von den steuerlichen Pflichten kann auch dann nicht abgesehen werden, wenn zum Beispiel keine steuerlichen Auswirkungen zu erwarten sind oder Masseunzulänglichkeit besteht. Ist das Verfahren massearm, kann jedoch durch Abstimmung mit der Finanzverwaltung darauf hingewirkt werden, eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen. Besteht die Finanzverwaltung hingegen auf die Erstellung der Erklärungen trotz fehlender Mittel zur Beauftragung eines Steuerberaters, dürfte wohl nur die Einstellung des Verfahrens mangels Masse in Betracht kommen.

Steuererklärungspflichten für Zeiten außerhalb des Insolvenzverfahrens

Abgabe von Steuererklärungen

Sind Steuererklärungen von dem Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Verfahrens nicht abgegeben worden, hat der Insolvenzverwalter diese Erklärungen zu erstellen und abzugeben. Die Verpflichtung, auch für Zeiträume vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Steuererklärungen abzugeben, ergibt sich daraus, dass der Insolvenzverwalter im Besitz der Geschäftsbücher und der Unternehmensdokumente ist.

Berichtigung von Steuererklärungen, die der Insolvenzschuldner abgegeben hat

Ebenso gilt für ihn die Berichtigungspflicht nach § 153 AO. Nach § 153 AO sind unrichtige und unvollständige Steuererklärungen zu berichtigen. Eine solche Berichtigungspflicht besteht jedoch nur dann, wenn der Insolvenzverwalter positive Kenntnis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erklärungen hat. Eine aktive Nachforschungspflicht des Insolvenzverwalters ist abzulehnen. Die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Steuererklärungen ist anhand der zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung verfügbaren veröffentlichten Rechtsprechung und Verwaltungsmeinung zu beurteilen. Eine nachträgliche Änderung der Rechtsprechung oder einschlägiger Verwaltungsvorschriften nach Abgabe der Erklärung sind nicht geeignet, die Berichtigungspflicht auszulösen. Unterlässt der Insolvenzverwalter die ihm zuzurechnende Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 AO vorsätzlich, macht er sich ab dem Zeitpunkt des Erkennens der unrichtigen bzw. unvollständigen Erklärung ggf. nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO der Steuerhinterziehung strafbar.

Forderungseinzug im Insolvenzeröffnungsverfahren

Wir ein Insolvenzverfahren unter Bestellung eines vorläufigen (schwachen) Insolvenzverwalters eingeleitet, ist dieser zumeist ermächtigt, Forderungen des Schuldners einzuziehen. Die ebenfalls vereinnahmte Umsatzsteuer und deren Abführungspflicht würde grundsätzlich nach Eröffnung des Verfahrens eine Insolvenzforderung des Fiskus darstellen. § 55 Abs. 4 InsO erhebt die Umsatzsteuer neben anderen Steuern, unter anderem die Lohnsteuer, dem entgegen in den Rang der Masseverbindlichkeit. Sie ist im eröffneten Verfahren, so keine Masseunzulänglichkeit besteht, abzuführen.

Durchsuchung beim Insolvenzverwalter und Strafbarkeit

Den Insolvenzverwalter treffen wie ausgeführt umfangreiche Pflichten aus dem Steuerverhältnis, die sich nur gering von denen des aktiven Unternehmers unterscheiden. Lediglich die begrenzte vorhandene Masse mag Einschränkungen rechtfertigen. Zur Durchsetzung und Aufklärung der steuerlichen Pflichten und Verhältnisse stehen dem Fiskus dieselben Instrumente zu, die auch im „normalen“ Steuerverhältnis zur Verfügung stehen. Von Zwangsgeldern über die Durchsuchung des Schuldnersitzes und der (Dienst)räume des Verwalters und Beschlagnahme von Unterlagen bis zum Steuerstrafrecht stehen der Finanzverwaltung Zwangsmittel zur Verfügung.

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