Die steuerliche Behandlung von Grundstücken sollte nachgebessert werden, damit Eigentümer diese Flächen für den Ausbau von erneuerbaren Energien bereitstellen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat sich verpflichtet, ihre Energieerzeugung so zu gestalten, dass bis 2045 Treibhausgasneutralität erreicht wird. Das betrifft insbesondere auch die Stromerzeugung. Zur Erreichung dieses Ziels soll der Ausbau von Anlagen zur Stromerzeugung auf Basis von Wind, Solar, Biomasse, Wasserkraft und Geothermie dazu führen, dass bis 2030 mind. 80 % des inländischen Brutto-Stromverbrauchs gedeckt werden.
Gleichzeitig soll bis 2035 eine nahezu klimaneutrale Energieerzeugung gewährleistet werden. Gemessen an konkreten Zahlen bedeutet das ca. 600 TWh Strom, die künftig aus erneuerbaren Energien gewonnen werden müssen.
Steigender Flächenbedarf für Erneuerbare-Energie-Anlagen in Deutschland
Dies soll u.a. durch großflächigen Zubau von Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) erfolgen. Daher gilt es, die Nutzungsmöglichkeit bestehender Flächen für die Errichtung von PV-Anlagen kritisch zu hinterfragen. Neben einem massiven Ausbau von heute schon möglichen PV-Anlagen auf Dächern und Konversionsflächen betrifft dies insbesondere auch den Zubau auf (nun erweiterten) Flächen entlang von Autobahnen oder Schienenwegen.
Das allein wird aber wohl nicht reichen.
Neue Möglichkeiten durch das EEG 2023
Das Problem der nicht ausreichend genutzten Flächen zur Bebauung mit PV-Anlagen hat auch die Bundesregierung erkannt. In einem gemeinsamen Eckpunktepapier des BMWK, BMUV und BMEL vom 10. Februar 2022 zum Ausbau der Photovoltaik wurde erstmals die Erweiterung möglicher Flächen für die Errichtung von Freiflächenanlagen vorgestellt. Diese wurden dann durch das Osterpaket in das EEG 2023 aufgenommen. So werden PV-Anlagen auf Ackerflächen (Agri-PV), Floating PV und Parkplatz-PV von den „besonderen Solaranlagen“ in die „Solaranlagen des ersten Segments“ umgruppiert, wodurch der Zugang zur Freiflächen-Ausschreibung eröffnet wird.
Darüber hinaus ermöglicht das EEG 2023 auch die Errichtung von PV-Anlagen auf entwässerten Moorböden als sog. besondere Solaranlagen mit der Möglichkeit der Teilnahme an der Innovationsausschreibung. Im Ergebnis soll ein Anreiz dafür geschaffen werden, bestehende Flächen umfangreicher nutzen zu können bzw. neue Flächen für PV-Anlagen zu erschließen.
Steuerliche Behandlung von Grundstücksflächen mit PV-Anlagen
Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen, die eine Errichtung von PV-Anlagen und deren Teilnahme am jeweiligen Ausschreibungsverfahren erst möglich machen, ist insbesondere die steuerliche Behandlung dieser Flächen von ganz entscheidender Bedeutung.
Investoren*, die PV-Anlagen errichten und betreiben, sind regelmäßig nicht zugleich Eigentümer der für die Errichtung von PV-Anlagen erforderlichen Grundstücksflächen. Die Nutzung dieser Flächen ist vielmehr Gegenstand von lang laufenden Nutzungsverträgen, die der Investor mit dem (privaten) Grundstückseigentümer abschließt. Der durch die Verpachtung zu erzielenden Vergütung stehen dann aber entsprechende Steuerbelastungen gegenüber. Dies betrifft insbesondere die Grundsteuer sowie die Erbschaft- und Schenkungsteuer.
Höhere Grundsteuerlast bei bebauten Grundstücken
So werden Flächen, auf denen eine PV-Anlage errichtet und betrieben wird, zu bebauten Grundstücken i.S.d. Grundsteuer B. Diese werden höher besteuert als reines Grünland, Wald- oder Ackerflächen.
Höhere Erbschaft- und Schenkungsteuerlast bei Übertragung auf die nächste Generation
Reine land- und forstwirtschaftliche Flächen genießen eine steuerrechtliche Sonderposition, die zu einer Verschonung bei der Schenkung- und Erbschaftsteuer führen kann. Die Verschonung ist gekoppelt an die Weiterführung der land- oder forstwirtschaftlichen Widmung der Fläche. Wird land- oder forstwirtschaftliches Vermögen vererbt oder verschenkt, muss die Fläche für einen Zeitraum von fünf Jahren (sog. Regelverschonung i.S.d. § 13b Abs. 2 ErbStG) bzw. sieben Jahren (Optionsverschonung i.S.d. § 13a Abs. 8 ErbStG i.V.m. § 13b Abs. 4 ErbStG) weiter land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienen. Wird dies erreicht, geht das Grundstück als Teil des land- oder forstwirtschaftlichen Vermögens zu 85 % (Regelverschonung) bzw. 100 % (Optionsverschonung) steuerfrei auf die nächste Generation über.
Voraussetzung hierfür ist aber zunächst, dass es sich bei der Grundstücksfläche überhaupt um sog. land- oder forstwirtschaftliches Vermögen i.S.d. § 33 Bewertungsgesetz (BewG) handelt. Davon abzugrenzen ist das sog. Grundvermögen, für das die Befreiungen nicht gelten.
Vom land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zu nicht privilegiertem Grundvermögen
Nach § 33 Abs. 1, 2 BewG ist eine Fläche Teil des land- und forstwirtschaftlichen (Betriebs-)Vermögens, wenn sie der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt ist. In § 159 BewG wird festgelegt, wann das nicht der Fall ist, die Flächen also dem sog. steuerlich nicht privilegierten Grundvermögen zuzurechnen sind. Hiervon umfasst sind
- Flächen, die innerhalb absehbarer Zeit einem anderen Zweck (z.B. Bauland, Verkehrszwecke) dienen werden (§ 159 Abs. 1 BewG),
- Flächen, die spätestens nach zwei Jahren anderen Zwecken dienen und deren land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb in diesem Fall die Existenzgrundlage des Betriebsinhabers darstellt und somit besonders schutzwürdig ist (§ 159 Abs. 2 BewG), oder
- Flächen, für die ein Bebauungsplan Bauland festsetzt (§ 159 Abs. 3 BewG).
Die Errichtung einer PV-Anlage auf einer land- oder forstwirtschaftlichen Fläche führt also regelmäßig dazu, dass die Fläche dem Grundvermögen zugerechnet wird und damit für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht mehr privilegiert ist.
Langer Planungshorizont der Flächensicherung
Auswirkungen hat dies immer dann, wenn es während der Betriebsdauer der PV-Anlage zu einer Übertragung des Grundstücks auf die nächste Generation kommt. Dies erfolgt entweder im Rahmen der Nachfolgeplanung durch Schenkung oder durch Erbfall. Vor dem Hintergrund, dass die Nutzung der Flächen für den Betrieb der PV-Anlage i.d.R. zwischen 20 und 30 Jahre vertraglich gesichert wird, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass während dieses Zeitraums Nachfolgeplanungen für die nächste Generation umzusetzen sind oder ein Erbfall auf Seiten des Grundstückseigentümers eintritt.
Es gilt daher in Abstimmung mit einem Steuerberater zu klären, wie aus Sicht des Grundstückseigentümers sichergestellt werden kann, dass der Nutzen (Einnahme von Pachtentgelt) die steuerliche Mehrbelastung des privaten Grundstückseigentümers (und seiner Erben) überwiegt. Dies macht es für PV-Entwickler aktuell so schwer, geeignete Flächen für den Ausbau von PV- oder Windkraftanlagen zu sichern.
Auswege aus dem Dilemma?
Zwar ist das Problem weithin bekannt und wird auch in der Politik diskutiert. Eine umfassende Lösung ist bisher aber nicht in Sicht. Mögliche Auswege aus dem Dilemma könnten wie folgt aussehen:
Beteiligung der Grundstückseigentümer an der Projektgesellschaft
Derzeit behilft man sich hin und wieder mit entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen. Voraussetzung hierfür ist, dass die PV-Anlage bzw. der Solarpark von einer Projektgesellschaft in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft errichtet und betrieben wird. Hierfür wird regelmäßig eine GmbH & Co. KG eingesetzt. An dieser Projektgesellschaft erwirbt der Grundstückseigentümer eine (Kleinst-)Beteiligung und wird damit steuerlich zum „Mitunternehmer“. Anschließend überlässt er als Minderheitsgesellschafter der Projektgesellschaft dieser die erforderliche Grundstücksfläche zur Nutzung. Hierdurch wird die Fläche zu Sonderbetriebsvermögen des Minderheitsgesellschafters. Kommt es nun zum Erbfall, kann das mit der PV-Anlage bebaute Grundstück – nun in seiner Eigenschaft als Sonderbetriebsvermögen infolge der Verschonung nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG – erbschaft- und schenkungsteuerlich privilegiert auf die nächste Generation übergehen.
Nachdem eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an einer Projektgesellschaft nicht nur Vorteile, sondern auch Risiken für die Grundstückseigentümer birgt, sollten die Vor- und Nachteile einer entsprechenden Gestaltung gut durchdacht werden.
Übertragung Rechtsprechung des BFH zum Kiesabbau: Aufnahme einer Neureglung in das Bewertungsgesetz?
Ein weiterer Ausweg aus dem Dilemma könnte die Übertragung der Argumentation im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Nutzung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Kiesabbau auf Freiflächenanlagen sein:
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 22. Juli 2020 (Az. II R 28/18) entschieden, dass eine Fläche, die zum Zweck des Kiesabbaus verpachtet wurde, ihre Zuordnung als landwirtschaftliches Betriebsvermögen nicht verliert, wenn nach Beendigung des Pachtverhältnisses eine Rückführung zu landwirtschaftlichem Gebiet erfolgt und eine Wiederaufnahme der landwirtschaftlichen Nutzung vorgesehen ist. Nach Ansicht des BFH ist dabei entscheidend, dass die Rekultivierung und die Rückführung in die landwirtschaftliche Nutzung von vornherein vorgesehen sind. Eine zeitliche Begrenzung, innerhalb deren dies erfolgen soll, wird dabei nicht vorausgesetzt.
Ob diese Rechtsprechung auch auf land- und forstwirtschaftliche Flächen, die mit einer PV-Anlage bebaut werden, übertragen werden kann, ist fraglich. Hierfür könnte sprechen, dass auch in einer solchen Situation die Entwidmung der Fläche nur vorübergehend für die Zeit der Verpachtung der Fläche zum Betrieb der PV-Anlage erfolgen soll.
Das Rekultivierungs- und Rückführungsproblem wird in § 30 Abs. 1 Nr. 9 EEG 2023 nun auch im Zusammenhang mit Moorböden aufgegriffen: Danach darf durch die Nutzung von entwässerten Mooren kein Hindernis einer zukünftigen Wiedervernässung des Moorbodens entstehen. Bei der Nutzung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen für PV-Anlagen ist eine Rekultivierung regelmäßig unproblematisch. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, dass die Nutzungsverträge eine entsprechende Rückbauverpflichtung des Anlagenbetreibers vorsehen. Zu überlegen wäre hier auch weiter, ob man dem Anlagenbetreiber aufgibt, eine finanzielle Sicherheit aufzubauen oder zu hinterlegen, um den Rückbau zu einem späteren Zeitpunkt sicherzustellen (auch wenn dieser Rückbau bei PV-Anlagen regelmäßig deutlich kostengünstiger ist als bei Windkraftanlagen, bei denen eine solche Sicherheit bereits etabliert ist).
Um hier für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen und dem Ziel, neue Flächen für den Ausbau der erneuerbaren Energien auch in Deutschland zu sichern, einen großen Schritt näher zu kommen, wäre es wünschenswert, wenn dem Vorschlag des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (BNE) folgend eine entsprechende Neuregelung in das Bewertungsgesetz aufgenommen würde.
Durch die Aufnahme eines neuen Abs. 6 in § 158 BewG könnte so die Rechtsprechung des BFH für PV- und Windkraftanlagen normiert werden, mit der Folge, dass die Grundstücksfläche dann nicht anders besteuert wird, wenn
die Aufnahme einer ausschließlichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung nach Ablauf der Überlassung ernsthaft anzunehmen ist
und sich der Pächter verpflichtet, das Grundstück
nach Ablauf des Nutzungsüberlassungszeitraums in rekultiviertem Zustand zurückzugeben.
Sonderlösung für bestimmte Agri-PV
Für Agri-PV-Anlagen (nur solche der Kategorie I oder II der DIN SPEC 91434), also Flächen mit kombinierter Nutzung durch PV-Anlage und Landwirtschaft, gibt es zwischenzeitlich eine Lösung: Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, dass diese Agri-PV-Anlagen trotz Bebauung der Fläche zum Zwecke der Bewertung dauerhaft dem landwirtschaftlichen Vermögen zuzuordnen sind. Die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 15. Juli 2022 wurden im Bundessteuerblatt (Bundessteuerblatt 2022, Teil I, Nr. 15, S. 1226) veröffentlicht.
Dies erscheint folgerichtig, da in Fällen gleichzeitiger Nutzung von Flächen sowohl für die Landwirtschaft als auch für den Betrieb einer PV-Anlage nicht ersichtlich ist, warum hier keine Verschonung gewährt werden sollte. Schließlich bleibt in diesem Fall die Landwirtschaft trotz Bebauung mit einer PV-Anlage erhalten. Klarstellend bleibt festzuhalten, dass dies nicht für reine Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen gilt, die nicht parallel landwirtschaftlich bewirtschaftet werden.
Ausblick für Freiflächenanlagen: Anreize für die Zurverfügungstellung von benötigten Flächen für PV-Anlagen
Die Zuordnung von Agri-PV-Anlagen zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen durch die Länder lässt darauf schließen, dass zumindest der Wille besteht, bei Eigentümern landwirtschaftlicher Flächen Anreize für die Zurverfügungstellung der so notwendig benötigten Flächen für PV-Anlagen zu schaffen.
Will man den Ausbau der erneuerbaren Energien und hier insbesondere der Photovoltaik in Deutschland insgesamt weiter voranbringen, sollte das Bewertungsgesetz entsprechend geändert werden. In diesem Zusammenhang sollte auch die Regelung in § 159 Abs. 3 BewG kritisch überdacht werden. Schließlich werden große Solarparks regelmäßig auf der Basis eines (vorhabenbezogenen) Bebauungsplans erstellt, mit der Folge, dass die zugrundeliegende Grundstücksfläche dem nicht privilegierten Grundvermögen zugeordnet wird.
Ob dies auch gilt, wenn auf der entsprechenden Fläche parallel Landwirtschaft betrieben wird, ist bisher ungeklärt. Man darf bei dieser Problematik also gespannt bleiben, wie es weitergeht.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.