14. Juni 2023
Greenwashing Risiken bekämpfen
Sustainable Finance (ESG)

Risikotreiber Greenwashing

Wir gehen darauf ein, mit welchen Maßnahmen und Nachhaltigkeitsregulierungen die ESMA Greenwashing Risiken bekämpfen will.

Die drei europäischen Aufsichtsbehörden ESMAEIOPA und EBA (ESAs) haben auf die Anfrage der EU-Kommission ihre Fortschrittsberichte zum Umgang mit Greenwashing im Wertpapier-, Versicherungs- und Bankensektor veröffentlicht. Das Ergebnis einer quantitativen Analyse des Greenwashing-Phänomens zeigte einen deutlichen Anstieg der Gesamtzahl von Greenwashing Vorwürfen in allen Sektoren, auch bei EU-Banken. 

Der finale Bericht, der Aufsichtsbefugnisse, Ressourcen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Greenwashing Risiken und abschließende Empfehlungen zur Änderung des EU-Rechtsrahmens enthalten wird, soll im Mai 2024 veröffentlicht werden. 

Bis dahin geben die Berichte einen Ausblick auf potenzielle Erweiterungen und Änderungen der Nachhaltigkeitsregulierung und einiges an Diskussionspotential.

Europäische Aufsichtsbehörden einigen sich auf gemeinsames Verständnis von Greenwashing

Zwar verfolgen einige europäische Regulierungen, u.a. die Taxonomie-Verordnung und die Sustainable Finance Disclosure Verordnung (SFDR) das Ziel Greenwashing zu unterbinden. Eine allgemein gültige Definition von Greenwashing gibt es hierin jedoch nicht. Die europäischen Aufsichtsbehörden haben sich daher zunächst auf ein gemeinsames Verständnis geeinigt. Sie legen Greenwashing weit aus und verstehen darunter 

eine Praxis, bei der nachhaltigkeitsbezogene Aussagen, Erklärungen, Maßnahmen oder Mitteilungen, die das zugrunde liegende Nachhaltigkeitsprofil eines Unternehmens, eines Finanzprodukts oder einer Finanzdienstleistung nicht klar und angemessen widerspiegeln und für Verbraucher, Investoren oder andere Marktteilnehmer daher irreführend sein kann.

Aus Sicht der ESAs können nachhaltigkeitsbezogene Erklärungen im Hinblick auf Unternehmen und Produkte, die innerhalb oder außerhalb des EU-Rechtsrahmens liegen, entweder absichtlich oder unabsichtlich irreführend sein und sowohl durch das Verbreiten von unrichtigen aber auch durch das Weglassen von relevanten Informationen erfolgen (z.B. Rosinenpickerei). Greenwashing beschränkt sich nicht nur auf umweltbezogene Angaben, sondern schließt auch Behauptungen in Bezug auf soziale und Aspekte der Unternehmensführung (Governance) ein. 

Greenwashing als systemisches Risiko

Die Aufsichtsbehörden nehmen irreführende Nachhaltigkeitsinformation nicht allein aus Gründen des Verbraucherschutzes ins Visier. Spätestens seit, die Kapitalmärkte mit heftigen Kursverlusten auf entsprechende Vorwürfe bei Fondsanbietern reagiert haben, sind auch die finanziellen Risiken von Greenwashing Vorwürfen für Finanzmarktteilnehmende sehr deutlich geworden.

Die ESMA warnt in ihrem Bericht:

Unter ungünstigen Marktbedingungen können sich die mit Greenwashing verbundenen finanziellen Risiken auf das Finanzsystem im weiteren Sinne ausbreiten.

Sie hebt vier Arten finanzieller Risiken hervor, die von Greenwashing betroffen sein können: Liquiditätsrisiken, Kreditrisiken, Marktrisiken und Contagion-Risiken (Ansteckungsrisiken).

Greenwashing könne zudem politische und realwirtschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen. Durch den Verlust des Vertrauens von Investoren in ESG-Märkte, nachhaltige Finanzpolitik und die Fähigkeit des Finanzsystems, den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu unterstützen, könne die gesamte Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen des Staates und der Wirtschaft verzögert werden.

ESG-Offenlegungsregime im Fokus

Zur Reduzierung dieser Risiken, sollte aus Sicht der ESMA u.a. die SFDR nachgebessert werden. Hier will sie u.a. die im Markt häufig anzutreffende Nutzung der Produktkategorien Art. 8 und Art. 9 als Labeling für den Grad der Nachhaltigkeit von Finanzprodukten unterbunden sehen. Das Thema ESG-Offenlegungen hat die ESMA zu einer neuen strategischen Aufsichtspriorität (Union Strategic Supervisory Priority – USSP) erklärt. Das bedeutet, dass nicht nur die europäischen Aufsichtsbehörden, sondern auch die nationalen zuständigen Aufsichtsbehörden (NCAs) ihre Aufsicht koordinieren und kohärente Aufsichtsmaßnahmen einführen.

Ein besonderes Augenmerk legt die ESMA auf Impact claims 

Die ESMA bemängelt, dass der derzeitige EU-Rahmen für nachhaltige Finanzen Begriffe wie Impact oder Impact Investing nicht definiere. Irreführende sind nach Ansicht der ESMA beispielsweise Behauptungen, dass die Zusammensetzung eines Portfolios mit Umweltmerkmalen eine Reduktion des „CO2-Fußabdrucks“ in der realen Welt bewirke. Die ESMA will nicht nur präzisere Angaben zu nachhaltigen Wirkungen, sondern auch mehr Angaben zur Anlagestrategie in Fondsdokumentationen.

Unterschieden werden sollte zwischen Buying Impact, wenn in wirkungsvolle Assets investiert wird (z.B. in einen Investmentfonds mit wirkungsvollen Fondsbeteiligungen) und zwischen Creating Impact, sofern das Kapital direkt, z.B. für die Transformation von Unternehmen, zur Verfügung gestellt wird.

Um irreführende Aussagen beim Thema Engagement zu verhindern, sieht die ESMA Erweiterungsmöglichkeiten der SFDR im Hinblick auf Angaben zum Thema unternehmensweites und fondsspezifisches Engagement, Proxy Voting und allgemeinen Stewardship-Aktivitäten.

Nachhaltigkeitsbezug im Fonds Namen

Bereits seit Ende letzten Jahres ist bekannt, dass die ESMA an einer Richtlinie für Fonds mit Begriffen mit Nachhaltigkeitsbezug im Namen arbeitet. Für die Wortbestandteile „ESG“, „nachhaltig“ und „Impact“ schlägt die ESMA in der bereits abgeschlossenen Konsultation verschiedene Mindestquoten nachhaltiger Anlagen sowie verbindliche Ausschlusskriterien vor. Nun hebt die ESMA nochmals das Risiko von Irreführung durch ESG- und nachhaltigkeitsbezogene Zusätze in Fondsnamen hervor und schlägt vor, die Namen der Fonds und der Benchmarks so weit wie möglich anzugleichen, um eine Irreführung von Anlegern zu vermeiden. Zudem schlägt sie der EU vor, eine neue ESG-Kennzeichnungsgesetzgebung in Form von Labeln für Finanzprodukte, die den Nachhaltigkeitsgrad wieder geben in Betracht zu ziehen. 

Steigerung der Transparenz bei Nachhaltigkeitsinformation 

Zur Vorbeugung von Greenwashing braucht es die Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformation durch verlässliche Daten und IT-Systeme. Hier wollen die Aufsichtsbehörden ansetzen und schlagen als unmittelbare nächste Schritte u.a. die Bereitstellung maschinenlesbarer regulatorischer Dokumente über die künftige Finanz- und Unternehmensdatenplattform (European Single Access Point) sowie eine gemeinsame Anlaufstelle für Verbraucherbeschwerden zu Greenwashing vor.

Die BaFin, die die Bekämpfung von Greenwashing als eines von zehn Mittelfristziele festgelegt hat, begrüßt die Veröffentlichung der Fortschrittsberichte. Auch die EU-Kommission dürfte einige der Vorschläge bereits auf der Agenda haben. So diskutiert nach Medienberichten die EU-Kommission bereits die Einführung von ESG-Siegeln für Finanzprodukte im Rahmen einer im Sommer 2023 geplanten Überprüfung der SFDR. Wir halten Sie hierzu auf dem Laufenden.

Mit dem (kostenpflichtigen) ESG-Kompass können Asset Manager sicherstellen, dass alle notwendigen Überlegungen zum Launchvon ESG-Finanzprodukten aus rechtlicher, regulatorischer und operativer Sicht im Rahmen der SFDR vorgenommen wurden.

Tags: Greenwashing Nachhaltigkeit