30. Januar 2024
CABM
Environment and Climate Change (ESG)

CO2-Preis für Wareneinfuhren: Erste Stufe des CBAM ist scharf gestellt

Es wird ernst für Einführer von unter den CBAM fallenden Waren: Bis zum 31. Januar 2024 muss der erste CBAM-Bericht abgegeben werden.

Im Mai 2023 ist die europäische Verordnung (EU) 2023/956 zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems in Kraft getreten. Mit diesem sogenannten Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM, möchte die Europäische Union Treibhausgasemissionen, die bei der Herstellung von bestimmten Gütern in Drittstaaten, d.h. in Staaten außerhalb der EU und dem Europäischen Wirtschaftsraum, entstehen, mit einem Preis belegen. In der EU ist das in den klimaintensiven Branchen bereits durch das Emissionshandelssystem der Fall. 

CBAM soll verhindern, dass Unternehmen ihre Produktion in Drittstaaten verlegen, in denen kein CO2-Preis erhoben wird (sogenannte Carbon Leakage), und für Anlagenbetreiber in Drittstaaten sollen Anreize zur Verringerung ihrer Emissionen gesetzt werden. Damit soll weltweit ein besserer Klimaschutz erreicht werden. 

Erster Bericht bis zum 31. Januar 2024

Seit dem 1. Oktober 2023 greifen erste Pflichten. Das 4. Quartal 2023 ist das erste, für das die bei der Herstellung der von CBAM erfassten Waren entstandenen Treibhausgasemissionen gemeldet werden müssen. Dazu müssen Einführer – und in bestimmten Konstellationen indirekte Zollvertreter – von unter die Verordnung fallenden Waren einen Monat nach Quartalsende einen sogenannten CBAM-Bericht an die Europäische Kommission übermitteln. Der erste Bericht für das 4. Quartal 2023 ist zum 31. Januar 2024 fällig.

Leitfäden und Standardwerte zu CBAM veröffentlicht

Um die Abgabe des ersten Berichts zu ermöglichen, haben die Kommission und die Mitgliedstaaten Ende 2023 die nötigen Maßnahmen getroffen. Die Kommission hat das CBAM-Übergangsregister eingerichtet, in dem die Berichte elektronisch abgegeben werden müssen. Sie hat zudem mehrere Lehrvideos und Leitfäden sowie umfangreiche FAQ veröffentlicht. Die FAQ werden regelmäßig aktualisiert und ergänzt. Sie sind eine große Hilfe bei der Auslegung der noch neuen Vorschriften. 

Die Mitgliedstaaten haben ihre zuständigen nationalen Behörden bestimmt. In Deutschland ist dies die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt). Bei ihr müssen Unternehmen den Zugang zum CBAM-Übergangsregister beantragen. Sie ist außerdem dafür zuständig, die rechtzeitige und korrekte Abgabe der CBAM-Berichte zu überwachen und gegebenenfalls Bußgelder zu verhängen. Die CBAM-Regeln selbst müssen in den Mitgliedstaaten nicht in nationales Recht umgesetzt werden, da sie als EU-Verordnung unmittelbar gelten.

Die Europäische Kommission hat kurz vor Weihnachten außerdem eine Liste mit sogenannten Standardwerten für die Übergangsphase veröffentlicht, die von den Unternehmen lange erwartet worden war. Für die ersten drei Berichte, d.h. bis zum 31. Juli 2024, können diese Standardwerte in den CBAM-Berichten verwendet werden, wenn die tatsächlich bei der Herstellung entstandenen spezifischen Emissionen (noch) nicht ermittelt werden konnten. Die vom Joint Research Center der EU-Kommission ermittelten Standardwerte listen für jede von CBAM betroffene Warengruppe Werte für die bei der Herstellung einer Tonne dieser Waren anfallenden direkten und indirekten Treibhausgasemissionen tabellarisch auf, unabhängig davon, in welchem Drittstaat die Waren produziert wurden. Die Standardwerte sollen im Lauf der Übergangsphase regelmäßig aktualisiert und angepasst werden.

Erleichterungen ja, Fristverlängerung nein

Die Frist zur Abgabe des ersten CBAM-Berichts stellt viele Unternehmen vor praktische Probleme, die in der verbleibenden Zeit möglicherweise nicht mehr gelöst werden können: 

Unternehmen müssen zunächst nachvollziehen, welche Waren sie im letzten Quartal in die EU eingeführt haben und ob diese unter CBAM fallen. Gemäß Art. 2 Abs. 1 der CBAM-Verordnung ist CBAM zunächst nur auf die in der Anlage I der Verordnung genannten Waren mit Ursprung in einem Drittland anwendbar, sofern diese (oder in der aktiven Veredelung dieser Waren entstandene Veredelungserzeugnisse) in das Zollgebiet der Union eingeführt werden. In der Liste sind die Waren mit ihren Zolltarifnummern nach der Kombinierten Nomenklatur genannt. Die Liste umfasst derzeit

  • Zement
  • Strom
  • Düngemittel
  • Eisen und Stahl inklusive bestimmter Waren, die aus Eisen oder Stahl hergestellt werden (z.B. Rohre, Konstruktionen, Sammelbehälter, Fässer, Schrauben)
  • Aluminium, ebenfalls inklusive bestimmter Waren, die aus Aluminium hergestellt werden (z.B. Rohre, Konstruktionen, Sammelbehälter, Fässer, Schrauben)
  • Wasserstoff.

Von CBAM ausgenommen sind nur kleine Mengen eingeführter Waren, deren Wert 150 Euro pro Sendung nicht überschreitet, außerdem Waren aus Ursprungsländern, die auch unter das EU-Emissionshandelssystem fallen oder damit verbunden sind, d.h. Norwegen, Island, Liechtenstein sowie die Schweiz. 

Hat ein Unternehmen festgestellt, dass es im 4. Quartal 2023 CBAM-Waren aus anderen Drittstaaten eingeführt hat, muss es – neben einigen grundlegenden Informationen über den Herstellungsort dieser Waren – insbesondere die bei der Herstellung entstandenen Treibhausgasemissionen erfassen und melden. Die Emissionen müssen dazu in den Berichten den jeweils eingeführten Warenarten zugeordnet werden, aufgeschlüsselt nach den Anlagen, in denen die Waren im Ursprungsland hergestellt wurden. Für die Ermittlung der für die Herstellung jeder Tonne einer Warenart angefallenen Treibhausgase kann noch auf die Standardwerte der Europäischen Kommission zurückgegriffen werden. Ob die Standardwerte höher oder niedriger als die tatsächlichen Emissionen liegen, spielt für die Unternehmen keine Rolle, weil die Emissionen in der Übergangsphase bis Ende 2025 noch nicht mit einem Preis belegt sind.

Fristverlängerungen für Unternehmen, die die erforderlichen Informationen nicht rechtzeitig zusammentragen konnten, sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil sind die Mitgliedstaaten durch Art. 16 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2023/1773, die die Übergangsphase regelt, im Regelfall sogar verpflichtet, Sanktionen zu verhängen, wenn ein Unternehmen entweder keinen Bericht abgibt oder wenn der Bericht unzutreffend oder unvollständig ist und auch in einem von der Behörde eingeleiteten Berichtigungsverfahren nicht korrigiert wird.

Die Sanktion beträgt zwischen 10 und 50 Euro je Tonne nicht gemeldeter Emissionen. Bei der Bemessung der Sanktion können die Behörden unter anderem die Menge der nicht gemeldeten Waren sowie die mit diesen Waren verbundenen nicht gemeldeten Emissionen, die Kooperationsbereitschaft des Unternehmens und ob das berichtspflichtige Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, berücksichtigen. Höhere Sanktionen kommen in Betracht, wenn mehr als zwei Mal in Folge unvollständige oder unzutreffende Berichte vorgelegt wurden oder die Berichtsvorlage länger als sechs Monate versäumt wurde.

Für Unternehmen, die innerhalb der Frist keinen vollständigen CBAM-Bericht abgeben konnten, sind Sanktionen aber nicht unausweichlich, denn Unternehmen können gemäß Art. 9 Abs. 2 der Durchführungsverordnung die ersten beiden Berichte noch bis zum 31.7.2024 nachträglich abändern. Außerdem sieht die Durchführungsverordnung vor, dass die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die abgegebenen Berichte prüfen und unter bestimmten Voraussetzungen ein Berichtigungsverfahren einleiten können. Dies ist nicht nur für unvollständige oder unzutreffende Berichte möglich, sondern auch, wenn ein Bericht gar nicht vorgelegt wurde. Die DEHSt teilt auf ihrer Website mit, dass sie Sanktionen grundsätzlich nicht ohne die vorherige Durchführung eines Berichtigungsverfahrens verhängen werde.

To Dos für Unternehmen

Um die zukünftigen CBAM-Berichte ordnungsgemäß abgeben zu können, sollten Unternehmen, die der Verordnung unterliegende Waren einführen, aber bisher noch nicht alle Informationen zusammentragen konnten, ihre Anstrengungen zur Erfüllung der Meldepflichten intensivieren. Neben den im eigenen Unternehmen bereits vorliegenden Daten wie die über Art und Umfang der eingeführten Waren müssen Daten über den Herstellungsprozess bei den Anlagenbetreibern und über Lieferketten hinweg in Erfahrung gebracht werden. Für Unternehmen, in deren Konzernverbund mehrere Gesellschaften CBAM-Waren einführen, stellt sich die Frage, ob das Reporting durch eine zentrale Stelle vorgenommen werden kann. Da Einführer direkte und indirekte Zollvertreter benennen können, bieten sich hier gewisse Gestaltungsmöglichkeiten.

Langfristig und mit Blick auf die vollständige Anwendbarkeit von CBAM ab dem Jahr 2026 bleibt interessant, ob CBAM tatsächlich als Anreiz für Unternehmen wirkt, Anlagen und Herstellungsverfahren in Drittstaaten klimafreundlicher zu gestalten, um zukünftig Emissionen und CBAM-Zertifikate einsparen zu können.

Tags: Carbon Border Adjustment Mechanism CBAM CO2-Preis Nachhaltigkeit