31. Juli 2015
153 AO
Steuerrecht

Abgrenzung einer Berichtigung nach § 153 AO zur Selbstanzeige  

BMF versendet Diskussionsentwurf zu Abgrenzungsfragen der Berichtigung gemäß § 153 AO von einer strafbefreienden Selbstanzeige nach § 371 AO.

Mit einem Diskussionsentwurf kam das BMF dem Petitum der Wirtschaft nach, für Unternehmen taugliche Abgrenzungskriterien zwischen einer Berichtigung nach § 153 AO und einer Selbstanzeige gemäß § 173 AO zu schaffen. In dem BMF Entwurf werden zum großen Teil Definitionen widergegeben, die gemeinhin bekannt, jedoch in ihrer dortigen Darstellung durchaus hilfreich sind.

Das Unterlassen einer Berichtigung nach § 153 AO ist eine Steuerhinterziehung

So wird zum Beispiel klargestellt, dass eine unterlassene Berichtigung nach § 153 AO eine vorsätzliche Steuerhinterziehung darstellt. Dies bedeutet: Erkennt der Steuerpflichtige im Nachhinein die Fehlerhaftigkeit der von ihm abgegebenen Erklärung und kommt er seiner Berichtigungspflicht nicht nach, so liegt eine vorsätzliche Steuerhinterziehung vor.

Indes kann nach Auffassung des BMF der Steuerpflichtige nur dann nachträglich Kenntnis im Sinne einer Berichtigung nach § 153 Abs. 1 AO erlangt haben, wenn er bei Abgabe der Erklärung von dessen inhaltlicher Richtigkeit ausging. Sofern er hingegen die inhaltliche Fehlerhaftigkeit zumindest für möglich hielt und eine Steuerverkürzung durch Abgabe der Erklärung billigend in Kauf nahm oder ihm Leichtfertigkeit hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit vorzuwerfen ist, soll nach Auffassung des BMF der Anwendungsbereich des § 153 AO ausgeschlossen sein. Bei Abgabe der Steuererklärung muss somit sowohl eine vorsätzliche Steuerhinterziehung als auch eine leichtfertige Steuerverkürzung ausgeschlossen werden können, um überhaupt in den Anwendungsbereich der Berichtigung nach § 153 AO zu gelangen.

Erfreulicherweise definiert das BMF auch das Erkennen im Sinne des § 153 AO, welches nicht bereits bei fahrlässig vorwerfbarer Unkenntnis der Unrichtigkeit und/oder der Unvollständigkeit der Erklärung in Betracht kommt, sondern zwingend positive Kenntnis hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit und der damit einhergehenden Minderung des Steueranspruchs voraussetzt.

Allein die Höhe der Steuermehrbelastung reicht für einen Anfangsverdacht nicht aus

Soweit der Steuerpflichtige eine fehlerhafte Erklärung abgibt, wird die zuständige Finanzbehörde bei diesbezüglich bestehender Kenntnis prüfen, ob der Anfangsverdacht einer vorsätzlichen oder leichtfertigen Steuerverkürzung gegeben ist. Die Einleitung eines Strafverfahrens darf nicht allein von der Höhe der steuerlichen Auswirkung der Unrichtigkeit abhängig gemacht werden.

Steuerhinterziehung ist auch bei einem bedingten Vorsatz weiterhin gegeben

Die zum Teil kontrovers diskutierte Forderung, die vorsätzliche Steuerhinterziehung nur bei einer darauf gerichteten Absicht (dolus directus 1. Grad) zu bejahen, da der gegenwärtig als ausreichend gewertete Eventualvorsatz (dolus eventualis) eine uferlose Tatbestandsmäßigkeit bedinge, ist nicht umgesetzt. Während nach Auffassung des BMF der bedingte Vorsatz dann vorliege, wenn der Täter dem ihm möglich erscheinenden Handlungserfolg gleichgültig gegenübersteht, setzt Leichtfertigkeit im Sinne der fahrlässigen Steuerverkürzung die vorwerfbare und im besonderen Maße ausgeprägte Verletzung von Sorgfaltspflichten im besonderen Maße voraus, obwohl diese vorhersehbar und vermeidbar gewesen ist.

Ein innerbetriebliches Kontrollsystem kann dem Vorwurf einer Steuerhinterziehung oder –verkürzung entgegenstehen

Die wirkliche Neuheit des BMF Schreibens ist: Wenn der Steuerpflichtige ein in den Steuerfachkreisen bis dato unbekanntes innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet hat, kann dies einer vorwerfbaren Steuerhinterziehung bzw. Steuerverkürzung entgegengehalten werden. Das BMF führt indes nicht aus, welche Anforderungen an ein solches innerbetriebliches Kontrollsystem zu stellen sind. Hier wären Leitlinien für die Unternehmen hilfreich. Jedenfalls ist jedem Unternehmen zu raten –soweit nicht schon vorliegend –, solche interne Kontrollsysteme zu implementieren und die Einhaltung dessen zu dokumentieren.

Des Weiteren beschäftigt sich das BMF-Schreiben mit der Anzeigefrist des § 153 AO, nach welcher die Berichtigungsanzeige unverzüglich, das bedeutet ohne schuldhaftes Zögern, zu erfolgen hat. Es erscheint fraglich, ob diese originär dem Zivilrecht entstammende Leerformel ohne weiteres auf das Steuerrecht übertragen werden kann. Zwar ist klar, dass der aus § 153 AO resultierenden Berichtigungspflicht bereits durch die Anzeige der Fehlerhaftigkeit genüge getan ist, bevor in Folge der detaillierten Überprüfung die Berichtung abgegeben wird, jedoch muss sich der Steuerpflichtige sicher sein, dass lediglich eine Anzeige- und Berichtigungspflicht besteht und Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten ausgeschlossen sind. Denn die bloße Anzeige der Fehlerhaftigkeit im Sine des § 153 AO erfüllt im Regelfall nicht die Voraussetzungen einer Selbstanzeige gem. § 371 und § 378 Abs. 3 AO.

Die Bestrebungen des BFH Rechtssicherheit hinsichtlich der teilweise äußerst komplexen Abgrenzungsfragen der Berichtigung von einer Selbstanzeige zu schaffen, sind begrüßenswert. Dies gilt im Besonderen für den grundsätzlich möglichen „Gegenbeweis″ in Form eines innerbetrieblichen Kontrollsystems. Diesbezüglich wünschenswert wäre eine Darlegung verbindlicher Leitlinien, anhand derer sich der Steuerpflichtige bei Implementierung des Kontrollsystems orientieren könnte, um eine bedingt vorsätzliche Steuerhinterziehung und/oder fahrlässige Steuerverkürzung von vornherein auszuschließen zu können.

Das BMF hat den Diskussionsentwurf an die Verbände versandt, welche nun aufgefordert sind, ihre Eingaben zu machen.

Tags: 153 AO Steuerrecht