15. Mai 2013
Steuerrecht

Einkünfte einer Prostituierten sind gewerbesteuerpflichtig

Durch Beschluss vom 20. Februar 2013 (GrS 1/12) hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass selbständig tätige Prostituierte Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen und damit der Gewerbesteuer unterliegen.

Ist dieses Urteil überraschend? Sicherlich nicht!

Prozessuales

Die Rechtsfrage musste vom Großen Senat des BFH entschieden werden. Hintergrund war, dass der III. Senat des BFH von einem Urteil des Großen Senats aus dem Jahr 1964 (GrS 1/64) abweichen wollte und daher nach § 15 Abs. 2 FGO die Anrufung des Großen Senats erforderlich war.

Die Entscheidung

Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von § 15 Abs. 2 EStG / § 2 Abs. 1 GewStG setzen – etwas verkürzt – eine selbständige nachhaltige Tätigkeit voraus, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. In seinem Urteil aus 1964 hatte der Große Senat des BFH das Vorliegen einer solchen Tätigkeit verneint, da Prostitution „gewerbsmäßige Unzucht″ sei, ein „Zerrbild eines Gewerbes″ darstelle und sich die „Straßendirnen″ aufgrund ihrer gesellschaftlich nicht akzeptierten Tätigkeit nicht am „allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr″ beteiligen könnten.

Spätestens seit der Quasilegalisierung von Prostitution durch das Prostitutionsgesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3983) ist der Argumentation des Großen Senats (Alt) die Grundlage entzogen, weswegen der Große Senat (Neu) auch folgerichtig – im Einklang mit allen bekannten Stimmen in der Steuerliteratur – seine Auffassung geändert hat und entschied, dass Einkünfte einer selbständigen Prostituierten als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen sind. 

Das Sächsische Finanzgericht (14. April 2010 – 8 K 1846/07) hatte die Streitfrage übrigens noch mit Hinweis auf die Rechtsprechung aus 1964 anders entschieden.

Steuerpflicht anno 1964

Anzumerken ist, dass auch nach der Entscheidung aus dem Jahr 1964 Einkünfte aus Prostitution nicht gänzlich unbesteuert blieben. § 40 AO bestimmt, dass es für die Besteuerung unerheblich ist, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Somit unterfielen die Einkünfte aus Prostitutionstätigkeit dem Auffangtatbestand des § 22 Nr. 3 EStG und das Steueraufkommen war gesichert.

Tags: Bundesfinanzhof Gewerbesteuer Prostitution Rechtsprechung