Unterliegen Aufwendungen für einen Herrenabend mit Geschäftsfreunden einem steuerlichen Abzugsverbot? Damit hat sich der Bundesfinanzhof befasst.
Der Bundesfinanzhof hatte nicht zum Herrenabend geladen; er war offensichtlich auch nicht eingeladen. Gleichwohl hatte er darüber zu befinden, ob die für einen Herrenabend angefallenen Aufwendungen als Betriebsausgaben berücksichtigt werden dürfen.
Im Ergebnis kommt es nach Ansicht der Richter darauf an, ob es sich bei dem Herrenabend um eine überflüssige und unangemessene Unterhaltung und Repräsentation handelt (BFH, Urteil v. 13.7.2016 – VIII R 26/14).
Lauschige (Herren-)Abende im Privatgarten
Geklagt hatte eine Rechtsanwaltssozietät, die mehrere Herrenabende veranstaltet hatte. Eingeladen waren ausschließlich – logisch – männliche Geschäftsfreunde. Die Herrenabende fanden im Garten des Wohngrundstücks eines namensgebenden Sozius der Klägerin statt. Begrüßt, unterhalten und bewirtet wurden bis zu 358 (!) Gäste.
Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht Düsseldorf (Urteil v. 19.11.2013 – 10 K 2346/11) versagten es der Klägerin, die Aufwendungen für die Durchführung der Herrenabende samt Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben abzuziehen.
Vor dem 8. Senat des Bundesfinanzhofs – ausgewogen besetzt mit drei Richterinnen und drei Richtern – wurde nun darum gestritten, ob die für die Veranstaltung der Herrenabende angefallenen Aufwendungen dem Abzugsverbot des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 4 EStG unterfallen oder nicht.
Nach dieser Norm dürfen
Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängende Bewirtung
den Gewinn nicht mindern.
Abzugsverbot zur Sicherung des sozialen Friedens
Dieses Abzugsverbot wurde zu einer Zeit eingeführt, in der – wie der historische Gesetzgeber konstatierte –
viele Unternehmer bei ihrer betrieblichen Repräsentation, wie Bewirtung von Geschäftsfreunden, gesellschaftlichen Veranstaltungen, (…) einen außerordentlich hohen Aufwand
trieben.
Dieser unter dem Stichwort „Spesenunwesen″ gekennzeichnete übertriebene Aufwand hat in weiten Kreisen der Bevölkerung Anstoß erregt und ist allmählich zu einem öffentlichen Ärgernis geworden.
– so die Begründung zum Regierungsentwurf des Steueränderungsgesetzes 1960 (BT-Drucksache III/1811, Seite 8).
Im Interesse der Steuergerechtigkeit und des sozialen Friedens
sah es der Gesetzgeber daher als erforderlich an,
dass dieser Aufwand nicht länger durch den Abzug als Betriebsausgaben vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Gemeinheit abgewälzt werden kann.
Derartige Ausgaben dürfen danach ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgezogen werden.
Bereits ihrer Art nach überflüssige und unangemessene Repräsentationen
Einige der
Betriebsausgaben, die bereits ihrer Art nach als überflüssige und unangemessenen Repräsentation anzusehen sind,
sind im Gesetz ausdrücklich benannt. Durch den unbestimmten Rechtsbegriff der „ähnlichen Zwecke″ sollten darüber hinaus weitere Arten betrieblichen Aufwands zur Pflege von Geschäftsbeziehungen erfasst werden (BT-Drucksache III/1811, Seite 8).
Die Rechtsprechung (BFH, Urteil v. 03.02.1993 – I R 18/92) hat § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 4 EStG in der Folgezeit allerdings einschränkend dahingehend ausgelegt, dass das Abzugsverbot nur für solche Aufwendungen gelten soll,
die eine Berührung zur Lebensführung und zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der durch sie begünstigten Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen haben.
Aufwendungen für eine Segel- oder Motorjacht beispielsweise, die lediglich als „schwimmender Besprechungsraum″ oder als reines Transportmittel genutzt wird, werden nicht vom Abzugsverbot erfasst (BFH, Urteil v. 03.02.1993 – I R 18/92). Dies gilt auch für die Kosten von Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit einem Schiff (BFH, Urteil v. 10.05.2001 – IV R 6/00; Anm. d. V.: So gibt es, wie in Hamburg, zum Schiff als Fortbewegungsmittel ja auch vielfach keine ernsthafte Alternative).
Damit können – so der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung – grundsätzlich auch Aufwendungen, die ausschließlich der Unterhaltung und Bewirtung der Geschäftsfreunde dienen, als betrieblicher Aufwand für ähnliche Zwecke unter das Abzugsverbot des § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 4 EStG fallen. Aus der Bezugnahme auf die im Gesetz genannten Einrichtungen (Jagd, Segel- und Motorjachten) ergebe sich, dass die Nutzung einer vergleichbaren Einrichtung zur Unterhaltung der Gäste erforderlich sei.
Die Unangemessenheit der Aufwendungen müsse zudem im Rahmen einer „Ähnlichkeitswertung″ in der Art und Weise der Veranstaltung, in der die Geschäftsfreunde unterhalten werden, und ihrer Durchführung, die sich vom Üblichen abhebt, zum Ausdruck kommen. Dem Grunde nach „unübliche Aufwendungen″ setzten voraus, dass hinsichtlich des Ortes der Veranstaltung oder der Art und Weise der Unterhaltung der Gäste besondere Umstände erkennbar seien, die die Veranstaltung von einer gewöhnlichen Feierlichkeit abheben.
Insoweit habe das Finanzgericht Düsseldorf rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob der Zweck, die Gäste zu unterhalten, auch hinsichtlich der Durchführung der Herrenabende die Grenze des Üblichen überschritten habe und der Einladung etwa zu einer Jagd, zum Fischen oder auf eine Segel- oder Motorjacht vergleichbar sei.
Wann bewegt sich ein Herrenabend im Rahmen des Üblichen?
Maßgebend und bislang ungeklärt sei, ob den Gästen der Herrenabende ein besonderes Ambiente (Ort und Rahmen der Veranstaltung, Beschaffenheit, Ausstattung) oder ein besonderes, qualitativ hochwertiges Unterhaltungsprogramm geboten wurde.
An dieser Stelle ist die Verfasserin, die sich schon aus naheliegenden Gründen nicht für eine Einladung qualifiziert hätte, ins Reich der Spekulationen verwiesen. Wie muss man sich den Privatgarten des Sozius vorstellen? Als ein Versailles würdiges Anwesen mit einem Schlossteich, auf dem weiße Schwäne majestätisch ihre Bahnen ziehen? Konnte man gar Einhörner beim Grasen im Mondschein beobachten? Und welcher Natur war das Unterhaltungsprogramm? Eine Bühnenshow auf Broadway-Niveau? Gab es Champagnerfontänen und Ausschweifungen im Stil spätrömischer Gelage?
Wann ist der Rahmen des Üblichen bei einem Herrenabend in einem Privatgarten überhaupt überschritten? Bereits dann, wenn es mehr gibt als Würstchen vom Grill und ein Pils auf die Hand?
Zurück auf dem Boden der nüchternen Tatsachen bleibt die Frage, wie viel Dekadenz und Extravaganz man bei Aufwendungen in Höhe von insgesamt EUR 20.531,78 (2006) und 358 Gästen, d.h. bei einem Budget von EUR 57,35 pro Gast überhaupt bieten kann. Die Verfasserin wagt die These, dass die Kosten pro Teilnehmer bei der alljährlichen CMS-internen Weihnachtsfeier höher sind. Allerdings wurde Weihnachten nach ihrer Kenntnis auch noch nie im Garten eines CMS-Partners gefeiert. Also doch nur eine Gulaschkanone und selbstgemachter Kartoffelsalat?
Um diese Fragen zu klären, hat der Bundesfinanzhof das Verfahren zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen. Es wird im zweiten Rechtsgang genaue Feststellungen zu Ort und Ablauf der Herrenabende zu treffen haben. Wir sind gespannt.
Herrenabend gut, alles gut?
Wer nun meint, der Herrenabend sei gerettet, wenn sich herausstellt, dass er im Rahmen des Üblichen veranstaltet wurde, der irrt!
Denn, so der Bundesfinanzhof in einem abschließenden Hinweis maliziös, es sei ja noch zu prüfen,
in welchem Umfang die Aufwendungen überhaupt betrieblich veranlasst waren (§ 4 Absatz 4 EStG) oder ob ein anderes Abzugsverbot aus dem Katalog des § 4 Absatz 5 EStG (…) einschlägig sein kann.
Waren die geladenen Herren also vielleicht gar nicht in ihrer Eigenschaft als Geschäftsfreunde, sondern vielmehr als Gartenfreunde geladen? Wollte der namensgebende Sozius einfach nur mal so seinen Garten zeigen? Und das wiederholt, im Wechsel der Jahreszeiten sozusagen? Die 358 Gäste könnten es wissen.