26. Juni 2025
BMF-Schreiben Kryptowerte
Steuerrecht

Update des BMF-Schreibens zu Kryptowerten

Das neue BMF-Schreiben präzisiert die Besteuerung von Kryptowerten und erhöht die Dokumentationspflichten. Bereiten Sie sich frühzeitig darauf vor!

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit seinem Schreiben vom 6. März 2025 wichtige Klarstellungen zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kryptowerten veröffentlicht. Nach langer Erwartung liefert dieses Schreiben eine umfassende Neuausrichtung und Ergänzung der bisherigen Verwaltungsauffassung, die weitreichende Auswirkungen auf private Anleger sowie Unternehmen hat, die mit digitalen Vermögenswerten operieren. Gleichzeitig nehmen die bevorstehende Implementierung der EU-Richtlinie DAC8 und des nationalen Kryptowerte-Steuertransparenzgesetzes die Anbieter von Krypto-Dienstleistungen noch stärker in die Pflicht, Informationen mit den Finanzbehörden zu teilen und die internationale Zusammenarbeit zu verbessern.

Neue Begrifflichkeiten und die Rolle von MiCAR

Eine der zentralen Neuerungen des BMF-Schreibens ist die einheitliche Begrifflichkeit. Während die frühere Fassung zwischen virtuellen Währungen und sonstigen Token unterschied, spricht das neue Schreiben vorrangig von „Kryptowerten“. Diese Definition orientiert sich an der Kryptowerte-Verordnung (MiCAR) und beschreibt Kryptowerte als digitale Darstellungen eines Wertes oder Rechts, die mittels Distributed-Ledger-Technologie (DLT) oder ähnlicher Technologien elektronisch übertragen und gespeichert werden können. Diese Angleichung an unionsrechtliche Definitionen ist grundsätzlich zu begrüßen, könnte jedoch bei unterschiedlichen Auslegungen in den Mitgliedstaaten zu weiteren Klärungsbedarfen führen.

Ausdrücklich nicht behandelt werden Non-Fungible Tokens (NFTs), was weiterhin Raum für Interpretationsspielraum und Rechtsunsicherheit in der Praxis lässt.

Dezentrale Finanzmärkte (DeFi) im Fokus der Finanzverwaltung

Das BMF-Schreiben befasst sich erstmalig auch mit dem komplexen Bereich der dezentralen Finanzmärkte (Decentralized Finance – DeFi). Es wird zwischen zentralen Handelsplattformen (wie Kraken, Coinbase) und dezentralen Plattformen (Decentralized Exchanges – DEXs) unterschieden, auf denen Marktteilnehmer direkt und ohne Intermediär über Smart Contracts mit der Blockchain interagieren.

Besteuerung von Staking Rewards und die „Zugangsfiktion“

Hinsichtlich des (delegierten/passiven) Stakings hat die Finanzverwaltung ihre Auffassung präzisiert. Sie bestätigt, dass die Einkünfte des Delegators dem Besteuerungsregime der sonstigen Einkünfte aus Leistungen unterliegen (§ 22 Nr. 3 EStG). Eine wesentliche Neuerung ist die sogenannte „Zugangsfiktion“: Auch wenn Staking Rewards nicht aktiv vom Delegator „geclaimed“ wurden, sollen sie spätestens zum Ende des Wirtschafts- oder Kalenderjahres als zugeflossen gelten und damit der Besteuerung unterliegen.

Anerkennung höchstrichterlicher Rechtsprechung: Kryptowerte als Wirtschaftsgüter

Das BMF-Schreiben bestätigt die Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH), dass Kryptowerte steuerlich als Wirtschaftsgüter anzusehen sind. Obwohl der BFH die Wirtschaftsgütereigenschaft zunächst nur für Bitcoin, Ethereum und Monero beurteilt hat, wird diese Rechtsauffassung in der Praxis technologieneutral auf die meisten vergleichbaren Kryptowerte angewendet. Die Finanzverwaltung hält an der Zuordnung zum wirtschaftlichen Eigentümer fest, wobei sie sich am Inhaber des privaten Schlüssels orientiert.

Berechnung der Jahresfrist und neue Bewertungsregeln

Für die Ermittlung der Jahresfrist nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG bei Direkt-Erwerb oder -Veräußerung über dezentrale Handelsplattformen kann aus Vereinfachungsgründen auf die Zeitpunkte abgestellt werden, die sich aus der Wallet ergeben. Gewinne oder Verluste aus Veräußerungsgeschäften ergeben sich aus der Differenz zwischen Veräußerungspreis und Anschaffungs-/Herstellungskosten sowie Werbungskosten. Die Werbungskosten sind dabei auf steuerbare und nicht steuerbare private Veräußerungsgeschäfte aufzuteilen.

Eine Verlängerung der Haltefrist kommt laut Finanzverwaltung (nur) bei Currency/Payment Token nicht in Betracht.

Die Bewertung von Kryptowerten bei Tauschvorgängen ändert sich ebenfalls. Es muss nicht mehr primär auf den Börsenkurs einer anerkannten Börse abgestellt werden. Stattdessen kann der Marktkurs einer Handelsplattform oder einer webbasierten Liste (z.B. coinmarketcap.com, coingecko.com) herangezogen werden. Ist kein Marktkurs der erhaltenen Kryptowerte ermittelbar, wird es nicht beanstandet, wenn stattdessen der Marktkurs der hingegebenen Kryptowerte angesetzt wird. Wichtig ist, dass Steuerpflichtige die Gleichmäßigkeit der Wertermittlung sicherstellen müssen. Bei Airdrops sind die erhaltenen Kryptowerte mit einem Marktkurs von EUR 0,- anzusetzen, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs noch kein Marktkurs ermittelbar ist.

Die Finanzverwaltung hält an der walletbezogenen Betrachtung für die Verwendungsreihenfolge (z.B. FIFO-Methode) fest. Für Kryptowerte mit abweichenden Handelsbezeichnungen innerhalb einer Wallet besteht jeweils ein gesondertes Wahlrecht.

Security Token: Einzelfallprüfung statt Pauschalisierung

Bei Security Token wird die initiale Anknüpfung an MiFID II sowie die detaillierten Ausführungen zu Equity und Debt Token gestrichen. Stattdessen wird auf die Vergleichbarkeit mit herkömmlichen Wertpapieren abgestellt. Die ertragsteuerliche Behandlung der laufenden Einkünfte (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 7 EStG) und Veräußerungsgewinne (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 oder 7 EStG) soll anhand der individuellen Ausgestaltung der Kryptowerte im Einzelfall entschieden werden. Bei Schuldverschreibungen als vermitteltes Recht kommt es auf die Einordnung als Kapitalforderung oder bloßen Sachleistungsanspruch an.

Umfassende Steuererklärungs-, Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten

Ein zentraler Punkt des neuen Schreibens ist die Betonung der umfassenden Beweislast des Steuerpflichtigen. Da Informationen in öffentlichen Blockchains zwar einsehbar, aber pseudonymisiert sind, liegen die relevanten Daten in der Informationssphäre des Steuerpflichtigen. Die Finanzverwaltung stellt klar, dass die bloße Überlassung des öffentlichen Schlüssels zur Nachweisführung nicht ausreicht. Insbesondere bei dezentralen Handelsplattformen werden erweiterte Mitwirkungspflichten (§ 90 Abs. 2 AO) angenommen, da von einer Beteiligung ausländischer Akteure ausgegangen wird.

Fehlende Aufzeichnungen und Datenverluste, etwa durch die Insolvenz einer Handelsplattform oder Hackerangriffe, gehen zu Lasten der Steuerpflichtigen. Dies kann im schlimmsten Fall zu Schätzungen nach § 162 AO führen, selbst wenn faktisch keine Einkünfte entstanden sind.

Hohe Anforderungen an Steuerreports und Dokumentation im Privatvermögen

Für Kryptowerte im Privatvermögen akzeptiert die Finanzverwaltung weiterhin Steuerreports von Softwareanbietern, sofern deren Plausibilität gewährleistet ist. Das bedeutet, es dürfen keine Hinweise auf Unvollständigkeit vorliegen, die Daten müssen in sich schlüssig sein und dürfen nicht im Widerspruch zu sonstigen Erkenntnissen der Finanzbehörde stehen. Zudem sind Auszüge der Reporteinstellungen vorzulegen.

Steuerpflichtige müssen sicherstellen, dass jedes private Veräußerungsgeschäft einzeln nachvollziehbar ist. Dies umfasst mindestens den Klarnamen oder das Kürzel, die Anzahl der betroffenen Kryptowerte, den Gewinn (Anschaffungskosten, Veräußerungserlös), Zeitpunkte und Kurse der An- und Verkäufe sowie die Haltedauer. Beim Lending sind Überlassungsbeginn, -ende, -gegenstand, -entgelt und -konditionen offenzulegen.

Sollten Steuerreports und Transaktionsübersichten nicht ausreichen, können weitere Unterlagen angefordert werden.

Umfassende Beweislast führt zu hohen Anforderungen

Das neue BMF-Schreiben zum Steuerrecht bei Kryptowerten schafft zwar Klarheit in einigen Bereichen, erhöht aber gleichzeitig die Anforderungen an Steuerpflichtige und deren Dokumentationspflichten erheblich. Insbesondere die „Zugangsfiktion“ bei Staking-Rewards und die umfassende Beweislast bei fehlenden Daten stellen neue Herausforderungen dar.

Die Finanzverwaltung erwartet von den Steuerpflichtigen, die (möglicherweise) fehlenden technischen Aufklärungskapazitäten zu kompensieren. Insgesamt dürften einige Anforderungen aber auch gerichtlich überprüft werden müssen, da es an einer offensichtlichen gesetzlichen Regelung fehlt.

Angesichts der komplexen Materie und der gestiegenen Anforderungen ist es entscheidend, die eigenen Krypto-Transaktionen lückenlos und nachvollziehbar zu dokumentieren. Eine professionelle Begleitung durch erfahrene Steuerberater und Rechtsanwälte kann dabei helfen, Fallstricke zu vermeiden, die Einhaltung der neuen Vorschriften sicherzustellen und Sie optimal auf zukünftige Entwicklungen, wie die Umsetzung von DAC8, vorzubereiten.

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