Das BMF überdenkt die umsatzsteuerpflichtige Leistung von Handelsplattformen und wendet die Steuerbefreiung für Geld- und Finanzgeschäfte an.
Bisher unterlagen die Leistungen der Exchanges – als (de)zentrale Plattformen zum Erwerb und der Veräußerung von Kryptowährungen – der Umsatzsteuerpflicht. Aufgrund des BMF-Schreibens vom 27. Februar 2018 waren die Leistungen umsatzsteuerbar und wurden ausdrücklich nicht von der Umsatzsteuerbefreiung für Geld- und Finanzgeschäfte erfasst (§ 4 Nr. 8 UStG).
BMF revidiert seine frühere Rechtsauffassung zur Besteuerung von Plattformen für virtuelle Währungen
Mit dem Schreiben vom 3. Mai 2021 legt das BMF zunächst seine Auffassung zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Leistungen von Börsen dar, überträgt diese aber ausdrücklich auch auf andere Handelsplattformen (wie bspw. Exchange):
Stellt z. B. der Betreiber einer Handelsplattform für virtuelle Währungen den Marktteilnehmern seine Internetseite als technischen Marktplatz zum Erwerb bzw. Handel, z. B. von Bitcoin, zur Verfügung, kann unter Zugrundelegung der vorgenannten Grundsätze die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG ebenso in Betracht kommen.
Allgemein erfolgt die Beurteilung der Steuerfreiheit in zwei Prüfungsschritten:
- Es handelt sich bei den erbrachten Leistungen entweder um Haupt- und Nebenleistungen (einheitliche Beurteilung) oder mehrere selbstständige Einzelleistungen (getrennte Beurteilung). Ein einziger Umsatz soll nach Auffassung des EuGH vorliegen, wenn die Leistung des Steuerpflichtigen so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
- Im Anschluss ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung § 4 Nr. 8 UStG vorliegen.
Einheitliche Leistung der CEX und DEX sollen steuerbefreit sein
Ein centralized Exchange (CEX, bspw. Coinbase) erbringt gegenüber den Kunden regelmäßig eine einheitliche Leistung, indem Handelsgeschäfte sowie die Verwaltung der coins/token zentral auf dem Marktplatz – auf dem Server – des CEX erfolgen. Die Bereitstellung der IT-Infrastruktur bildet eine umsatzsteuerliche Nebenleistung zur Transaktion als Hauptleistung.
Bei einem decentralized Exchange (DEX, bspw. Pancakeswap) verbinden die Nutzer ihre eigenen, persönlichen walletsmit der Handelsplattform. Der DEX bietet den Nutzern einen dezentralen Marktplatz für den Austausch ihrer coins/token, anhand sog. liquidity pools. Die Transaktionen werden dezentral gespeichert. Seine Hauptleistung erbringt der DEX, indem er die Handelspartner zusammenführt. Die Nebenleistung besteht – vereinfacht gesagt – in der Durchführung durch sog. smart contracts zur Bereitstellung von Liquidität.
Im Ergebnis sollte die einheitliche Leistung der CEX und DEX damit einheitlich unter die o.g. Steuerbefreiung fallen.
Anwendung in allen offenen Fällen
Für die übrigen umsatzsteuerlichen Fragen des Leistungsaustausches von coins mit reiner Zahlungsmittelfunktion gelten die alten Grundsätze fort, die wir bereits zusammengefasst hatten.
Die Grundsätze des neuen BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Sofern die Handelsplattform die vor dem 1. Juli 2021 erbrachten unselbständigen Nebenleistungen als eigenständige angesehen, die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen und abgeführt hat, ohne dass zur Umsatzsteuer optiert wurde, beanstandet die Finanzverwaltung die Behandlung der Ausgangsumsätze nicht.
Insgesamt ist zu begrüßen, dass das BMF seine Auffassung aus dem Jahr 2018 bezüglich der Umsatzsteuerpflicht der Leistungen von CEX und DEX aufgegeben hat. Damit minimiert das BMF steuerliche Bewertungsunterschiede zum traditionellen Finanzmarkt.
Nun können CEX und DEX ggf. zur Umsatzsteuerpflicht optieren (§ 9 Abs. 1 UStG). Die Option ist insbesondere interessant, wenn der Betreiber der Handelsplattform Vorsteuerbeträge aus Eingangsrechnungen (bspw. Anmietung eines Servers) abziehen möchte (§ 15 UStG).