Die digitale Wirtschaftswelt ist auf eine Nutzung von Daten angewiesen. In diesem Zusammenhang wird auch wiederholt die Frage eines „Dateneigentums“(Data Ownership) diskutiert.
Die schon in der Vergangenheit immer wieder diskutierte Frage nach einem „Eigentum an Daten“ hat es sogar bis in den Koalitionsvertrag geschafft. Demnach soll im Rahmen des Datenschutzes, der in diesem Zusammenhang insbesondere im Bereich der Plattformregulierung verstanden wird, die Frage eines „Eigentums an Daten“ geklärt werden und – falls die Notwendigkeit für ein solches besteht – wie dieses ausgestaltet sein könnte.
Diese Diskussion wurde in den vergangenen Monaten insbesondere aus dem Bundesverkehrsministerium angetrieben, welches jedoch weniger das Datenschutzrecht im Auge hatte, als vielmehr ein neues Rechtsinstitut zur Schaffung von Zuordnungsmaßstäben für das schwer fassbare Wirtschaftsgut „Daten“.
Dabei ist jedoch bereits das erste Problem, dass eine Zuordnung von personenbezogenen Daten als exklusives Ausschließlichkeitsrecht einerseits dem Datenschutzrecht als solchem widersprechen würde, andererseits im Rahmen einer auf Kommunikation ausgerichteten Gesellschaft de facto nicht umsetzbar wäre. Eine jede Person kommuniziert in der Öffentlichkeit und gibt im Rahmen einer solchen Kommunikation personenbezogene Daten über sich preis. Ohne dies wäre eine Teilhabe am sozialen Leben weder denkbar noch möglich.
Aus diesem Grund ist der Ansatz eines exklusiven Ausschließlichkeitsrechts an personenbezogenen Daten rechtlich weder zielführend noch sinnvoll umsetzbar. Wohl auch aus diesem Grund positioniert sich die DSGVO gerade nicht zu dem Themenkomplex eines „Dateneigentums“, wie auch zuvor die anderen Datenschutzgesetze.
Data Ownership an „Maschinendaten“
Die vorbezeichneten Einschränkungen hinsichtlich eines „Dateneigentums“ gelten jedoch nicht für den wirtschaftlich bedeutsamen Bereich der „Maschinendaten“ oder anonymisierten Daten, also für solche Datensätze, die keinen Personenbezug aufweisen. Solche Daten haben einen erheblichen wirtschaftlichen Wert und sind z. B. die Grundlage für verschiedenste Wirtschaftszweige. Daten werden gehandelt, sie bilden die Grundlage für predictive Maintenance und umfassende Auswertungen im Rahmen von z. B. landwirtschaftlichen Vorgängen.
Gibt es jedoch auch ein „Dateneigentum“ an diesen wirtschaftlichen Werten? Dabei ist bereits der Begriff des Eigentums unscharf. Es geht nicht darum – jedenfalls nicht vorrangig, – bestimmte Daten einem bestimmten Vermögen zuzuordnen, sondern vielmehr ausschließliche Nutzungs- bzw. Ausschlussrechte an den jeweiligen Daten zu begründen. Mehr als der rechtlich „belastete“ Begriff des Eigentums ist der Begriff „Ownership“ passender, der eine offenere Diskussion über die Ausgestaltung eines solchen Rechtsinstituts ermöglicht.
Data Ownership: Bestehender Rechtsrahmen
Es haben sich Märkte für Daten herausgebildet, ohne dass es unbedingt klare Regelungen bezüglich der Zuordnung zu einer Person, ob juristisch oder natürlich, – nichts anderes bedeutet in diesem Zusammenhang der Begriff „Eigentum“ – gibt. Inwieweit besteht ein rechtlicher Rahmen und ist ein solcher überhaupt notwendig?
Daten stellen jedenfalls keine zivilrechtlich geschützte Sache dar. Für eine Zuordnung als Sache fehlt es Daten schlicht an einer Verkörperung. Daten sind Informationen, die jedoch keine körperliche Form besitzen. Dass diese auf einem Datenträger gespeichert werden können, ist dabei nicht relevant. Aufgrund der klaren Regelung des § 90 a BGB ist daher eine Zuordnung als Sache ausgeschlossen.
Auch dass Daten nicht-rival sind, spricht gegen eine Zuordnung als Sacheigentum. Daten nutzen sich nicht ab und werden üblicherweise so übertragen, dass eine Kopie der jeweiligen Daten angefertigt wird. Dies ist jedoch bei einem verkörperten Gegenstand komplett anders. Dieser ist einmalig und nutzt sich mit der Zeit ab. Auch hier zeigt sich eine unterschiedliche Interessenlage bei einem möglichen Eigentum an Daten sowie einem körperlichen Gegenstand. Auch ein Schutz als Früchte- bzw. Gebrauchsvorteile einer Sache (§§ 99, 100 BGB) überzeugten im Ergebnis nicht.
Ein Urheberrechtsschutz für Daten an sich scheitert absolut überwiegend an der geforderten schöpferischen Leistung. Denkbar und möglich wäre ein Schutz aus dem Datenbankrecht (§§ 87 a ff. UrhG). Hier erstreckt sich der jeweilige Schutz nur auf die Datenbank und deren Struktur, jedoch nicht auf die einzelnen Daten. Teilweisen Schutz für Daten bieten einerseits die §§ 17 ff. UWG, sofern es sich bei den Daten um Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse handelt, andererseits der § 202 a StGB, auch in Kombination mit § 823 Abs. 2 BGB, der ein Ausspähen von Daten unter bestimmten Bedingungen als strafbar ansieht. Dabei ist jedoch anzumerken, dass diese beiden letzten Möglichkeiten nicht die Frage eines Eigentums in Form einer Zuordnung von Ausschließlichkeitsrechten an den Daten beantworten, sondern allein bestimmte Handlungen erfassen und diese unter Strafe bzw. Ahndung durch das Wettbewerbsrecht stellen.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass zum jetzigen Zeitpunkt kein „Dateneigentum“ in Form einer rechtsverbindlichen Zuordnung von Nutzungs- bzw. Ausschließlichkeitsrechten an maschinengenerierten Daten besteht. Vielmehr werden Daten durch einzelne Teilregelungen geschützt.
Notwendigkeit eines „Dateneigentums“?
Die Arbeitsgruppe „Digitaler Neustart“ der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder vom 15. Mai 2017 stellte ebenfalls fest, dass keine gesetzliche Regelung eines Dateneigentums existiere. Sie stellte aber auch die zutreffende Frage nach der Notwendigkeit einer Regelung, weil allein das Bestehen einer Regelungslücke noch nicht ein gesetzgeberisches Handeln rechtfertigt.
Da die Begründung von Eigentumsrechten an Daten immer auch mit einer Einschränkung eines freien Informationsflusses einhergehen würde, würde ein solch erheblicher Eingriff einer gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und soziologischen Rechtfertigung bedürfen. Eine solche Notwendigkeit ist jedoch bisher nicht erkennbar.
Es existiert ein relativ gut funktionierender Markt hinsichtlich des Handels mit Daten, auch wenn eine gewisse Ungleichheit bei den Akteuren besteht. Aktuell verhält es sich meistens so, dass der Wirtschaftsteilnehmer, der einen unmittelbaren Zugriff auf die Daten hat, diese mit vertraglich abgesicherten Konstellationen handelt, um einen wirtschaftlichen Mehrwert zu erzielen. Ob jedoch die Einführung eines Dateneigentums dieses Missverhältnis beheben könnte, ist mehr als fragwürdig. Auch ein solches Dateneigentum müsste in irgendeiner Weise an eine tatsächliche Herrschaft anknüpfen und insofern besteht eher das Risiko einer rechtlichen Zementierung dieser Ungleichgewichte auf dem Markt.
Auch aufgrund der sehr schnelllebigen technischen Entwicklung ist davon auszugehen, dass eine gesetzliche Regelung unter Umständen nicht mit dieser angemessen Schritt halten könnte. Das Risiko der Schaffung von Zuordnungskriterien, die tatsächlich dann nicht den Umständen entsprechen, ist sehr hoch, insbesondere da ein tauglicher Ansatzpunkt für eine Zuordnung fehlt. So wäre z. B. bei Fahrzeugdaten zunächst die Frage zu beantworten, wer in einem modernen Fahrzeug das „bessere“ Recht hinsichtlich der durch den Betrieb generierten Daten hätte. Möglich wäre hier der Eigentümer, also der Halter, aber auch der Fahrer bzw. der Hersteller des Fahrzeuges oder der Hersteller des jeweiligen Sensors. Hier eine allgemeingültige gesetzliche Regelung zu schaffen ist kaum denkbar und wird auch überwiegend abgelehnt.
Im Ergebnis besteht somit kein Dateneigentum, da es keine allgemeingültige verbindliche gesetzliche Regelung gibt, wie Ausschließlichkeits- bzw. Nutzungsrechte an Daten einer Person zugeordnet werden. Gerade diese Rechtslage zwingt jedoch den Anwalt, die „Data Ownership“ bei der Vertragsgestaltung zu bedenken.
„Data Ownership“ als Aufgabe des Rechtsanwalts
Denn die Aufgabe von Rechtsanwälten ist es, in der jeweiligen Vertragsgestaltung die Rechte des eigenen Mandanten abzusichern und diesem unter Umständen auch Verwertungsmöglichkeiten bzw. Risiken aufgrund einer Datenherausgabe oder eines Datenerwerbs aufzuzeigen. Hier ist der Anwalt in der vertraglichen Gestaltung, insbesondere aufgrund einer fehlenden gesetzlichen Regelung, gefordert. Es sind Regelungen aufzunehmen, wie Daten zur Verfügung gestellt werden, wie dies vergütet wird, für welchen Zweck die Daten verwendet werden dürfen, wie aggregierte Daten und Metadaten zu behandeln sind und auch, wann Daten gelöscht werden müssen. Aber z. B. auch in Konstellationen bezüglich des Einkaufs von automatisierten Robotern ist daran zu denken, wie mit den Daten umgegangen wird, die von diesen gesammelt werden und für die unterschiedlichen Beteiligten einen wirtschaftlichen Wert darstellen.
Wie ist jedoch mit Fällen umzugehen, in denen tatsächlich eine nicht mehr zu akzeptierende Konzentration von Daten vorliegt bzw. ein Missbrauch einer bestehenden Marktmacht befürchtet werden muss? Hier bietet das Kartellrecht einen möglichen Ansatzpunkt, um solchen Entwicklungen, auch auf einer europäischen Ebene, entgegenzuwirken. Im Ergebnis stellen sich auch bei Daten keine anderen Fragen als bei jedem anderen Markt. Eine Missbrauchskontrolle kann auch hier durch die Kartellbehörden dem Grunde nach stattfinden.
Die weitere Entwicklung im Bereich der Nutzung von nicht personenbezogenen Daten wird jedenfalls spannend bleiben und ein weites „Spielfeld“ für die anwaltliche Beratung bieten.
Sehen Sie auch das Video aus der Edge Reihe zum Thema „Data Ownership: Braucht Dateneigentum neue Regelungen?„.