Ist das Fernmeldegeheimnis für Arbeitgeber verpflichtend? Eine höchstrichterliche Beurteilung steht noch aus. Bis dahin sollten Risiken minimiert werden.
Auch wenn der Begriff antiquiert scheint und eher nach Bakelittelefonen, Wählscheiben und Fernschreibern klingt, ist das Fernmeldegeheimnis für den Einsatz modernster Kommunikationstechnik von großer Bedeutung.
Was schützt das Fernmeldegeheimnis?
Das in Art. 10 des Grundgesetzes verankerte Fernmeldegeheimnis schützt die Vertraulichkeit der Telekommunikation und erfasst damit sowohl die Kommunikation über E-Mail und Telefon als auch übers Internet, Whatsapp oder sonstige Telekommunikationsdienste.
Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Auf einfach gesetzlicher Ebene ist das Fernmeldegeheimnis in § 88 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) definiert.
Fernmeldegeheimnis auch für Arbeitgeber verpflichtend?
Geklärt ist, welche Aspekte der Kommunikation vom Fernmeldegeheimnis erfasst sind (nämlich nur die Fernkommunikation). Streit entzündet sich an der Frage, wer das Fernmeldegeheimnis eigentlich zu beachten hat. Dabei wird immer wieder relevant, inwieweit Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern die private Nutzung des betrieblichen Internet-, Telefon-, oder E-Mail-Anschlusses gestatten, zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet sind.
Diese Frage hat in der Praxis erhebliche Auswirkungen. Der Einsatz von IT-Sicherheitstools wie Firewalls, Spamfilter oder Webtrackern gehören heute in den meisten Unternehmen zum Standardinstrumentarium. Dies ist zwingend mit Einsichtnahmen in die Inhalte einer laufenden Kommunikation verbunden und stellt damit einen potentiellen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis dar.
Stand der Diskussion
Die rechtswissenschaftliche Literatur vertritt überwiegend die Auffassung, das auch der Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern Telekommunikationsmittel zur Verfügung stellt, als Diensteanbieter den Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses unterliegt. Als Argument führt sie an, dass es für die Anwendbarkeit des § 88 TKG nicht darauf ankäme, ob der Arbeitgeber die Dienste für seine Mitarbeiter kostenfrei erbringt.
Einige Instanzgerichte (VG Karlsruhe, Urt. v. 27. Mai 2013, Az: 2 K 3249/12; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. vom 16. Februar 2011, AZ: 4 Sa 2132710) und in jüngster Zeit auch verstärkt Stimmen aus der Literatur argumentieren dagegen mit dem Sinn und Zweck des TKGs, das ersichtlich auf die Regulierung des Telekommunikationsdienstleistungsmarktes ausgerichtet ist. Ein Arbeitgeber, der ausschließlich seinen Mitarbeitern den Zugang zur Nutzung seiner Telekommunikationsanschlüsse eröffnet, wird nicht am Telekommunikationsmarkt tätig.
Risiko durch Vereinbarungen minimieren
Die Auffassung der Instanzgerichte überzeugt. Schon ein Blick in die übrigen Bestimmungen des TKG zeigt, dass es im TKG nicht um die Regelung unternehmensinterner Verhältnisse geht. Doch bis zur höchstrichterlichen Klärung dieser Frage verbleibt ein signifikantes Risiko für Arbeitgeber. Schließlich sind Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis gemäß § 206 StGB strafbewehrt.
In der Praxis kann dem Risiko begegnet werden, indem Einwilligungen der Mitarbeiter in Zugriffe auf die Inhalte ihrer privaten Kommunikation eingeholt werden. Auch der Abschluss einer Betriebsvereinbarung hierzu kann ein geeignetes Mittel sein. In jedem Fall empfiehlt es sich, Art und Umfang der Nutzung betrieblicher Kommunikationsmittel beispielsweise in einer Policy oder im Arbeitsvertrag für alle Mitarbeiter verbindlich zu regeln.
Dies ist der sechste Teil unser Serie „Datenschutz-ABC“. Hier erläutern wir in loser Folge Grundbegriffe des Datenschutzrechts. Auch erschienen sind Artikel zur Auftragsdatenverarbeitung, Binding Corporate Rules, Datenschutzerklärungen, Einwilligung und Fernmeldegeheimnis.