Ein Digitaler Euro kann die Finanzwelt nachhaltig verändern. Es ist daher Zeit für eine erste Bestandsaufnahme des geplanten Vorhabens.
Die EZB veröffentlichte am 14. April 2021 die Ergebnisse des öffentlichen Konsultationsverfahrens zur Einführung eines Digitalen Euros, nachdem sie zuvor die öffentliche Konsultationsphase mit einer Rekordbeteiligung von 8.221 Stellungnahmen abgeschlossen hat.
Ergebnisse der Konsultationsphase
Die Konsultationsphase hat gezeigt, dass sowohl für die Öffentlichkeit als auch für Fachkreise bei einer digitalen Währung der Datenschutz oberste Priorität hat (43 %). Es folgten Sicherheit (18 %), die Möglichkeit, im ganzen Euroraum damit zu bezahlen (11 %), keine zusätzlichen Kosten (9%) und die Offline-Nutzbarkeit (8 %).
Offizielle Entscheidung zur Einführung des Digitalen Euros noch offen
Eine offizielle Entscheidung zur Einführung eines Digitalen Euros wurden noch nicht getroffen. Inoffizielle Verlautbarungen sprechen jedoch sehr für eine Fortsetzung des Vorhabens. So hat sich zumindest Christine Lagarde festgelegt und erklärt
„Wir werden einen digitalen Euro haben“.
Bis es soweit ist, gilt es noch eine ganze Reihe von rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Problemen aus dem Weg zu räumen.
Digitaler Euro – eine digitale Zentralbankwährung
Anders als bekannte Kryptowährungen wie der Bitcoin oder der Ether soll es sich nach den Planungen der EZB bei dem Digitalen Euro um eine digitale Zentralbankwährung handeln. Eine solche auch als central bank digital currency – CBDC bezeichnete digitale Zentralbankwährung würde von der EZB emittiert werden und denselben Wert wie alle anderen Formen von Zentralbankgeld besitzt.
Dies ermöglicht es, die Anzahl der emittierten Digitalen Euros zur Steuerung geldmarktpolitischer Ziele einzusetzen. Es würde also keinen Unterscheid machen, ob man einen Euro in Münzen oder als Digitalen Euro ausgibt – beide wären als gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt und hätten den gleichen Wert.
Die Ausgestaltung als central bank digital currency stellt zugleich ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu Kryptowährungen dar, welche dezentral im Wege des sogenannten Mining durch die Nutzer entsprechender Währungen „ausgegeben“ werden. Zudem sind sie aufgrund ihrer Volatilität als Zahlungsmittel nur bedingt geeignet.
Technische Ausgestaltung in der Diskussion
Noch ist offen, auf welcher technologischen Basis der Digitale Euro realisiert werden soll. In der Konsultation wurde hierfür insbesondere von der Öffentlichkeit die Nutzung Blockchain- beziehungsweise Distributed Ledger Technology (DLT) als potentielle Zielarchitektur genannt, während die Fachkreise diesbezüglich im Vergleich eine gewisse Zurückhaltung zeigten und sich (auch) für zertifizierte Hard- und Softwarelösungen aussprachen. Für den Einsatz von Distributed Ledger Technology spricht vor allem, dass diese Technologie den Einsatz sogenannter smart contracts ermöglichen würde.
Derartige smart contracts ermöglichen es, Transaktionen zu erstellen, deren Ausführung vom Eintritt zuvor programmierter Bedingungen abhängig gemacht werden können. Dies reduziert aufgrund des Wegfalls der Notwendigkeit einer Vertragsüberwachung Transaktionskosten und eröffnet neue Anwendungsfelder insbesondere im Bereich der Industrie 4.0. Alternativ werden auch zentrale Lösungen diskutiert, welche sich dadurch auszeichnen, dass den Nutzern ein direkter oder – durch Einbeziehung von Finanzdienstleistern – indirekter Zugriff auf ein Zentralbankkonto gewährt wird.
Weiter ist offen, ob auch Endkunden zu Beginn einer möglichen Einführung mit dem Digitalen Euro in Berührung kommen. Begründet wird dies mit der Überlegung, dass aufgrund der zu erwartende Anzahl der zu bewältigenden Transaktionen und der fehlenden Erfahrung mit einem Digitalen Euro ein erster Test im Interbankenverkehr erforderlich sein könnte.
Unabhängig von der technischen Ausgestaltung gilt es jedoch als sicher dass die Einführung des Digitalen Euro die Informationstechnologie von Banken und Finanzdienstleistern vor erhebliche Herausforderungen stellen wird – gilt es doch nicht nur, den Digitalen Euro in die bestehenden Kernbanksysteme, sondern auch in alle sonstigen Front- und Backendsysteme zu integrieren.
Die Einführung eines Digitalen Euros wird erhebliche Auswirkungen auf Finanzdienstleister haben
Alle Pläne der EZB sehen vor, dass Finanzdienstleister beim Digitalen Euro eine zentrale Rolle einnehmen sollen. Und auch im Rahmen der Konsultationsphase haben mehr als zwei Drittel der Befragten die wichtige Rolle von Intermediären bei der Bereitstellung innovativer Dienstleistungen, die den Zugang zu einem digitalen Euro ermöglichen, anerkannt.
Auch in diesem Punkt unterscheidet sich der Digitale Euro signifikant von Kryptowährungen, welche mit dem Ziel entwickelt wurden, dass die Ausgabe und Nutzung entsprechender Werte weder eine Zentralbank noch sonstige Finanzintermediäre voraussetzen.
Noch offen ist allerdings die genaue Ausgestaltung der zukünftigen Rolle von Finanzdienstleistern im Zusammenhang mit dem Digitalen Euro. In Abhängigkeit von den unterschiedlichen Lösungsszenarien werden momentan insbesondere Tätigkeiten als Gatekeeper oder als Settlement Agents diskutiert.
Der Digitale Euro begegnet rechtlichen Herausforderungen und einer Skepsis der Bürger
Die rechtlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Digitalen Euro sind vielfältig und werden Anpassungen bestehender Gesetze erforderlich machen. Konkrete Einzelheiten der künftigen Regelungen stehen dabei in enger Abhängigkeit zu der Ausgestaltung des Digitalen Euro. Eine Detailbetrachtung ist daher zurzeit schwer möglich ist.
Bereits jetzt ist aber erkennbar, dass ein Schwerpunkt der rechtlichen Herausforderungen im Bereich der Geldwäscheprävention einschließlich angemessener KYC-Maßnahmen (Know your Customer) liegen wird.
Zudem stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang die Nutzung eines Digitalen Euro für Dritte nachvollziehbar sein soll oder muss. Transaktionen mittels digitaler Währungen sind, anders als Bargeldtransaktionen, regelmäßig einfach nachvollziehbar. Der Einsatz digitaler Währungen steht damit in einem Zielkonflikt zum Wunsch vieler Bürger nach einem anonymen Zahlungsmittel.
Die bisherigen Stellungnahmen der EZB lassen darauf schließen, dass sich die EZB des Akzeptanzproblems durchaus bewusst ist. Hierfür sprechen nicht zuletzt die Ausführungen im „Report on a digital euro“. In diesem wird erwägt, dass Transaktionen, in Abhängigkeit von ihrem Transaktionstyp, gegenüber staatlichen Stellen anonym beziehungsweise pseudonym erfolgen können. Für Transaktionen wie den alltäglichen Einkauf könnte dies relevant werden. Für andere Transaktionstypen (large-value-transactions) würden weiterhin Identifizierungspflichten gelten. Mit einer entsprechenden technischen Ausgestaltung wäre der Digitale Euro in Bezug auf die Geldwäscheprävention dem „normalen“ Euro weitestgehend gleichgestellt.