21. September 2021
Digital Fashion
TMC – Technology, Media & Communications

Digital Fashion – Let’s get digital!

Digitalität ist in der Modebranche längst angekommen. Hinter „Digital Fashion“ verstecken sich Trends mit unterschiedlichen rechtlichen Implikationen.

Digital Fashion ist das Modethema der Stunde. Längst werden Kleidungsstücke nicht mehr am lebenden Modell oder an einer Schneiderpuppe entworfen. Stattdessen werden Entwürfe immer häufiger digital erstellt und werden der Sitz und die Bewegung von Stoffen an virtuellen Avataren simuliert. Hierdurch ergeben sich für die Designer schier unbegrenzte Möglichkeiten, verschiedene Designs in allen erdenklichen Ausführungen auszuprobieren und hierbei gleichzeitig Ressourcen zu schonen.

Diskutiert wird zudem, ob Digital Fashion physische Mode ersetzen oder aber wenigstens ergänzen kann. Gerade in den heutigen Zeiten, in denen die Menschen immer mehr Kleidungsstücke besitzen und konsumieren, könnte zumindest für den Social Media Bereich rein digital existierende Mode einen erfreulichen Gegentrend setzen. Mit Digital Fashion wäre es möglich, dem Bedürfnis nach neuer Mode und der stetigen Veränderung der Identität zu entsprechen und gleichzeitig Ressourcen zu sparen. 

Digital Fashion ist vielseitig einsetzbar!

Digital Fashion ist in verschiedenen Bereichen relevant:

  • Bei der Entstehung neuer Mode: Mithilfe von 3D-Programmen wird die Kleidung digital entworfen und können die Designer mit verschiedenen Schnitten, Stoffen und Farben experimentieren, ohne dass hierfür Rohstoffe wie Wolle, Leinen, Seide etc. verwendet werden müssen; 
  • In der Werbung (etwa auf Billboards, auf Bildschirmen in Geschäften oder im Internet);
  • Als Möglichkeit, Kleidung in digitalen Showrooms oder in digitalen Fashion-Shows zu präsentieren; 
  • In Game-Use: Es gibt Designer, die ihre Kleidung virtuell im Spiel als sogenannte „Skins“ für die Protagonisten des Spiels anbieten. Nach Erwerb dieser Designer-Skins können die Protagonisten des Spiels sich dann im Designer-Look durch die virtuelle Spielwelt bewegen und der Nutzer sich an einem besonderen Maß an In-Game Ästhetik erfreuen;
  • Rein digital existierende Kleidung: Es gibt Labels, die nur digital existierende Kleidung für das sogenannte digitale Selbst herstellen. 

Von der Software auf die Runways

Erste Voraussetzung eines digitalen Kleidungsstücks ist der Erwerb einer entsprechenden Software, mit deren Hilfe Designer digitale Entwürfe von Kleidungsstücken erstellen können. Auf dem Markt gibt es hierfür eine ganze Reihe von Anbietern, bei denen speziell auf die Bedürfnisse in der Mode- und Textilbranche zugeschnittene Software-Lösungen erworben werden können.

Wichtige Bestandteile der Verträge über den Erwerb oder die Programmierung solcher Software sind insbesondere Regelungen zu den folgenden Punkten:

  • Spezifikationen der vertragsgegenständlichen Software; 
  • Ausgestaltung des Vertrags als Dienst- oder Werkvertrag (dies ist insbesondere für das Bestehen von Gewährleistungsrechten wichtig); 
  • Übertragung der Nutzungsrechte an der vertragsgegenständlichen Software; 
  • Regelung hinsichtlich der Nutzungsrechte von mit der Software erstellten eigenen Werken (etwa von ersten Entwürfen bis zu fertigen Schnittmustern); 
  • Regelungen zur Höhe der Vergütung, die für die Nutzung der Software zu zahlen ist; 
  • Regelungen zur Haftung des Softwareanbieters; sowie 
  • weitere Leistungen des Anbieters der Software, etwa hinsichtlich der Erbringung erforderlicher Software-Pflegeleistungen.

Schutz von Entwürfen von Digital Fashion

Der Schutz eines Entwurfs eines digitalen Kleidungsstücks über das Urheberrecht ist dann möglich, wenn dieser die sogenannte Schöpfungshöhe erreicht hat. Dies erfordert es, dass der Entwurf einen hinreichenden Grad an Individualität aufweist, um als persönliche geistige Schöpfung im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG gelten und urheberrechtlichen Schutz genießen zu können. Ist dies erreicht, kann der Urheber bei unbefugter Nutzung des Entwurfs durch Dritte diese abmahnen und Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen. 

Darüber hinaus ist ein Schutz über das Wettbewerbsrecht möglich.  

Daneben könnten digitale Kleidungsstücke zusätzlich als Designs schutzfähig sein und als solche im Designregister eingetragen werden. Gemäß § 1 Nr. 1 DesignG ist ein Design

die zweidimensionale oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt.

Entscheidend für die Schutzfähigkeit digitaler Kleidungsstücke ist, ob diese als Erzeugnis im Sinne des DesignG anzusehen sind. Eine gesicherte Rechtslage gibt es hierzu noch nicht. Nach der Legaldefinition in § 1 Nr. 2 DesignG ist ein Erzeugnis

jeder industrielle oder handwerkliche Gegenstand, einschließlich Verpackung, Ausstattung, grafischer Symbole und typografischer Schriftzeichen sowie von Einzelteilen, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengebaut werden sollen; ein Computerprogramm gilt nicht als Erzeugnis.

Ob digitale Kleidungsstücke als Computerprogramme anzusehen sind (und damit eine Schutzfähigkeit zu verneinen wäre), ist jedoch zweifelhaft. Beim Schutz eines digitalen Kleidungsstücks steht, anders als bei dem Schutz von Computerprogrammen, nicht der Schutz eines dauerhaften (Schaffungs-) Prozesses im Vordergrund, sondern derjenige des fertiggestellten digitalen Produktes. In der Literatur wird vertreten, dass bestimmte Teile sichtbarer Elemente eines Computerprogramms designschutzfähig sein sollen (Eichmann/Jestaedt in Eichmann/Jestaedt/Fink/Meiser, Designgesetz GVV, 6. Auflage 2019, DesignG, § 1 Rz. 14). Vor diesem Hintergrund sollte die Designschutzfähigkeit von Digital Fashion richtigerweise bejaht werden.

Der Handel mit Digital Fashion 

Ist der Entwurf des digitalen Kleidungsstücks fertig, stellt sich die Frage, wie man die fertigen digitalen Kleidungsstücke rechtssicher nutzt.

Welche rechtlichen Implikationen sich rund um die Nutzung von und den Handel mit Digital Fashion im Einzelnen ergeben, richtet sich hierbei nach dem jeweiligen Bereich, in dem Digital Fashion genutzt werden soll. 

Allgemein gilt: Digitale Gegenstände sind keine körperlichen Sachen im Sinne von § 90 BGB, sondern unterfallen als unkörperliche Sachen der Kategorie der Immaterialgüter. Dies bedeutet, dass es nach der geltenden Rechtslage nicht möglich ist, Eigentum oder Besitz an ihnen zu begründen oder zu übertragen. Stattdessen werden digitale Gegenstände als sogenannte „sonstige Gegenstände“ im Sinne von § 453 Abs. 1 BGB in der Regel im Wege der Abtretung übertragen.

Statt einer vollständigen Übertragung eines digitalen Gegenstands ist auch die Einräumung eines Nutzungsrechts denkbar. Dies bietet sich etwa dann an, wenn ein digitales Kleidungsstück verschiedenen Nutzern zur Verfügung gestellt werden soll. 

Daneben ist es möglich, im Wege schuldrechtlicher Vereinbarungen weitere Regelungen über das digitale Kleidungsstück zu treffen. Für Anbieter von digitaler Mode könnte dies sinnvollerweise im Wege entsprechender Regelungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen umgesetzt werden. Wichtig: Diese müssen wirksam in die jeweiligen Verträge mit den Nutzern einbezogen werden, was voraussetzt, dass die Nutzer sich ausdrücklich mit der Geltung dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen einverstanden erklären. 

Insbesondere: Was gilt bei digitalen Kleidungsstücken?

Um ein digitales Kleidungsstück nutzen zu können, lädt der Nutzer zumeist ein Foto von sich oder einer anderen Person auf eine Plattform eines Designers hoch, der solche digitale Mode anbietet, oder sendet es ihm etwa per E-Mail. Zumeist hat der Nutzer dann die Möglichkeit, ein bereits entworfenes digitales Kleidungsstück seinem Foto „anziehen“ zu lassen. Dies erfolgt dergestalt, dass der Nutzer ein bestimmtes, von dem Label angebotenes digitales Kleidungsstück auswählt und ein Programmierer dieses über das hochgeladene oder an ihn von dem Kunden geschickte Foto legt, sodass es so aussieht, als trüge der Nutzer dieses Kleidungsstück. 

Für diese Leistung zahlt der Kunde einen bestimmten, vorher vereinbarten Betrag. Er erhält dafür von dem Label das nachträglich bearbeitete Foto, auf das das digitale Kleidungsstück gelegt wurde. 

In Vereinbarungen über die Nutzung digitaler Kleidungsstücke sollte insbesondere folgendes geregelt werden:

  • Einwilligung des Nutzers hinsichtlich der Bearbeitung seines Fotos; Garantie, dass er die für die Einräumung eines Bearbeitungsrechts erforderlichen Rechte an dem Foto besitzt; Einwilligung des Fotografens und ggf. Einwilligung aller auf dem Foto abgebildeten Personen mit der Bearbeitung;
  • Regelung über den Umfang der Nutzungsrechte an dem bearbeiteten Foto:
    • Einfache oder ausschließliche Nutzungsrechte;
    • Inhaltlich, zeitlich und räumlich begrenzte oder unbegrenzte Nutzungsrechte und bei zeitlich begrenzten Nutzungsrechten eine Regelung für die Pflichten des Nutzers nach Ablauf des Nutzungszeitraums;
    • Ist die kommerzielle Verwendung des bearbeiteten Fotos zulässig oder nicht?
    • Regelung, ob das bearbeitende Label das Foto selbst verwenden darf (z.B. zu Referenzzwecken, zu internen Zwecken, auf dem eigenen Social Media-Kanal) sowie eine
    • Regelung zum Datenschutz an den von dem Nutzer übermittelten Fotos.

Werbung mit Digital Fashion 

Bei der Werbung mit Digital Fashion ergeben sich hinsichtlich der rechtlichen Besonderheiten keine grundlegenden Änderungen gegenüber der Werbung mit sonstigen computeranimierten Gegenständen: Wesentlich ist, dass die Urheber der virtuellen Animation dem Werbetreibenden an ihren Werken die für die jeweilige Werbekampagne benötigten Nutzungsrechte hieran einräumen. 

In den Verträgen über die Einräumung der erforderlichen Nutzungsrechte sollte insbesondere an die folgenden Punkte gedacht werden:

  • In welchem Umfang sollen Nutzungsrechte eingeräumt werden (einfach oder ausschließlich, räumlich und zeitlich begrenzt oder unbegrenzt, welche Nutzungsarten sollen umfasst werden); 
  • bei zeitlich begrenzten Nutzungsrechten: Müssen die werblichen Beiträge in Social Media oder auf Webseiten des Werbetreibenden nach Ablauf der Nutzungsdauer gelöscht werden oder genügt es, wenn die Werbung lediglich nicht mehr neu veröffentlicht wird; 
  • Regelung hinsichtlich einer Namensnennungspflicht des Urhebers.

Digital Fashion – In rechtlicher Hinsicht so vielfältig wie die möglichen Einsatzbereiche

Die Versprechen der Digital Fashion sind groß, die Einsatzbereiche vielfältig. 

In welcher Form Digital Fashion sich durchsetzen wird, wird die Zeit zeigen. Klar ist bereits jetzt, dass sich neue und spannende Geschäftsfelder auftun. In rechtlicher Hinsicht ergeben sich Schnittstellen zu verschiedenen Bereichen. Wer auf dem Markt der Digitalen Mode bestehen will, sollte sich daher umfassend rechtlich beraten lassen. 

Tags: Digital Fashion Handel Mode Schutz Werbung