Wir zeigen, welche neuen Herausforderungen die zweite Zahlungsdiensterichtlinie für Fintechs und andere Unternehmen im Zahlungsverkehr mit sich bringt.
Die rasante Entwicklung vieler innovativer Geschäftsmodelle infolge der Digitalisierung hat in vielerlei Hinsicht dazu geführt, dass auch die Zahlungsdiensterichtlinien in den letzten Jahren angepasst worden sind.
Fintech-Unternehmen wie auch viele andere innovative Geschäftsmodelle können von diesen Änderungen betroffen sein. Sie müssen sich mit teilweise unklaren und sich häufig ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen und sich daran anpassen.
Zweite Zahlungsdiensterichtlinie muss bis 2018 umgesetzt werden
Die zum Ende des Jahres 2009 in deutsches Recht umzusetzende Zahlungsdiensterichtlinie aus dem Jahr 2007 (PSD I) regelte erstmals den gesamten Bereich des Zahlungsverkehrs neu. Sie stellte zahlreiche neue regulatorische Anforderungen an junge innovative Unternehmen auf, die vom deutschen Gesetzgeber im Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz und im BGB umgesetzt wurden.
Bereits rund sechs Jahre später verabschiedete das Europäische Parlament eine überarbeitete Zahlungsdiensterichtlinie (PSD II). Die bisherigen Regelungen hatten sich bereits nach eigener Ansicht des Europäischen Gesetzgebers
in einigen Fällen als zu wenig eindeutig, zu allgemein oder schlicht überholt erwiesen.
Die zweite Zahlungsdiensterichtlinie muss bis zum 13. Januar 2018 in deutsches Recht umgesetzt werden. Angesichts der Bundestagswahl im Jahre 2017 wird das parlamentarische Verfahren vor der Sommerpause 2017 abgeschlossen sein müssen.
Anbindung dritter Zahlungsdienstleister an die Bankeninfrastruktur
Sogenannte „Zahlungsauslösedienste″ wie die beliebte „Sofortüberweisung″ oder „Kontoinformationsdienste″ erlangen Kenntnis von Passwörtern, PINs oder Kontoinformationen. Solche Dienste bedürfen zukünftig einer Erlaubnis der zuständigen Aufsichtsbehörde BaFin. Andererseits sind Banken zukünftig aber auch verpflichtet, mit derartigen dritten Zahlungsdienstleistern zusammenzuarbeiten und gezwungen, dafür ihre Bankeninfrastruktur zu öffnen. Wie genau dies technisch umgesetzt werden soll, ist bislang weitgehend unklar.
Weitere Einschränkung der sogenannten „Handelsvertreterausnahme″
Bislang berufen sich Betreiber von Marktplätzen und ähnlichen Geschäftsmodellen, bei denen Gelder für Dritte entgegengenommen und weitergeleitet wurden, gerne auf die sogenannte „Handelsvertreterausnahme″.
Die Handelsvertreterausnahme besagt, dass Personen oder Unternehmen für die Zahlungsabwicklung ausnahmsweise keiner Erlaubnis der BaFin bedürfen. Die gilt, wenn sie den Verkauf oder Kauf von Waren oder Dienstleistungen im Namen des Zahlers oder Zahlungsempfängers aushandeln oder abschließen.
Die Handelsvertreterausnahme soll nach der neuen PSD II künftig lediglich in wenigen Ausnahmefällen gelten. Grundsätzlich benötigt derjenige, der Gelder für Dritte entgegennimmt oder an Dritte weiterleitet eine Erlaubnis wegen des Betreibens des sogenannten „Finanztransfergeschäfts″. Die Erlaubnispflicht wegen des Betreibens von Finanztransfergeschäften liegt nicht nur dann vor, wenn über Internetplattformen Zahlungen generiert werden. Die Erlaubnispflicht besteht ebenso bei Zahlungsabwicklungen im stationären Handel über eine App oder auf sonstigen Wegen.
Neue Spielregeln für Kunden-, Tank- und Stadionkarten
Die beliebten Kunden-, Tank- und Stadionkarten konnten bislang sogenannte „begrenzte Netze″ für sich beanspruchen. Dies hatte zur Folge, dass deren Herausgeber keine Erlaubnis der BaFin benötigte.
Der gesetzlich nicht definierte Begriff des „begrenzten Netzes″ soll nun erheblich eingeschränkt werden. Eine erhebliche Unsicherheit besteht, wann ein „begrenztes Netz″ anzunehmen ist oder nicht. In jedem Fall besteht mit der zweiten Zahlungsdiensterichtlinie für Herausgeber derartiger Karten künftig eine Anzeigepflicht gegenüber der BaFin.
Einschränkung der sogenannten „Klingeltonausnahme″
Unter dem Begriff „Klingeltonausnahme″ sind die Zahlungen, die über Telekommunikations- oder IT-Netze, d. h. die Telefonrechnung abgewickelten Zahlungen zu verstehen. Für solche Dienste benötigte der Betreiber dieser Netze keine Erlaubnis. Erlaubnisfreie Zahlungen unter der Klingeltonausnahme sollen nun zukünftig nur noch für einzelne Zahlungsvorgänge von bis zu EUR 50 und höchstens EUR 300 monatlich möglich sein.
Mit diesen und vielen weiteren Änderungen im Recht des Zahlungsverkehrs ist ab Januar 2018 zu rechnen. Beispielsweise gibt es zusätzliche Anforderungen im Erlaubnisverfahren, wie z. B. die Verpflichtung, eine bestimmte Versicherung nachzuweisen. Im zivilrechtlichen Teil der Richtlinie finden sich zahlreiche neue Rechte für Verbraucher. Auch bereits zugelassene Zahlungsdienstleister werden sich mit den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut machen müssen – die Übergangsfrist beträgt nur sechs Monate.