Worauf ist bei der Gründung und Strukturierung einer eSport Liga zu achten und welche rechtlichen Strukturentscheidungen müssen getroffen werden?
eSports ist seit Jahren ein weltweit boomender Markt. Live-Events füllen riesige Hallen wie die Lanxess Arena in Köln oder das Barclays Center in New York. Zugleich werden die Übertragungen der Turniere und Ligen von einem Millionenpublikum auf Twitch oder YouTube verfolgt.
Die großen eSport-Teams und ihre Spieler sind wertvolle Marken mit eigener Fanbase. Sie schließen hochdotierte Sponsoringverträge ab und erwirtschaften Millionenumsätze. Selbst Sportvereine wie der FC Bayern München, Paris St. Germain oder Schalke 04 betreiben inzwischen eigene eSport-Teams, um an dem Trend teilzuhaben.
Publisher halten die IP an ihren Spielen und bestimmen über die Nutzung im Rahmen von eSport
Sowohl aus rechtlicher Sicht als auch aus der Business-Perspektive ist dabei für den eSport-Markt charakteristisch, dass eine starke Fragmentierung besteht. Anders als im klassischen Sport gibt es noch keine spieleübergreifenden Strukturen, wie z.B. einheitliche Regelwerke und Institutionen. Insbesondere fehlen die großen Dachverbände wie z.B. die FIFA im Fußball oder der Leichtathletik Weltverband IAAF.
Der Grund ist, dass es beim eSport stets eine urheberrechtlich geschützte Software gibt, an der ein Publisher die ausschließlichen Nutzungsrechte hält. Die Folge ist, dass jeder Publisher für sich selbst entscheiden kann, ob – und falls ja, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen – das Spiel im Rahmen von eSport-Veranstaltungen genutzt werden darf: Er allein vergibt die entsprechenden Lizenzen und definiert die Spielbedingungen.
Da jeder Publisher bei der Monetarisierung seiner IP auf die eigenen Interessen schaut – die anderen Publisher und ihre Spiele sind direkte Konkurrenten – gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Wettbewerbsformate, Regeln, Ligen und Turniere. Einige Spiele, wie etwa Fortnite (Epic Games) oder DOTA 2 (Valve), werden z.B. in großen Einzelturnieren mit offenen Qualifikationsrunden und sehr hohem Preisgeld gespielt. Andere Spiele, wie z.B. Counterstrike (Valve) oder League of Legends (Riot Games), werden eher in längerfristig angelegten Turnierserien mit einem im Kern festen Teilnehmerkreis gespielt.
Das Wettbewerbsformat eSport-Liga: Erfordernis eines umfassenden Regel- und Vertragswerkes
Ein beliebtes und verbreitetes Wettbewerbsformat ist sowohl bei den professionellen Teams als auch den Fans und Publishern die eSport-Liga. Ähnlich wie in den klassischen US-amerikanischen Sportligen, z.B. der NBA oder der NFL, spielen die teilnehmenden Teams hier über einen längeren Zeitraum von einigen Wochen oder Monaten hinweg einen Gesamtgewinner aus. Die Finalspiele bzw. Playoffs werden häufig als Live-Event ausgetragen, dem die Fans während der Regular Season entgegenfiebern.
Da es sich bei einer eSport-Liga meist um ein über mehrere Jahre angelegtes Projekt handelt, erfordert ihre rechtliche Gestaltung ein umfassendes Regel- und Vertragswerk zwischen einer Vielzahl von Parteien. Nicht nur muss geregelt werden, nach welchem Schlüssel die einzelnen Umsatzposten der Liga zwischen den Teilnehmern aufgeteilt werden und welche Kosten hierbei in Abzug gebracht werden können (Financial Regulations). Es sind ebenfalls Regeln hinsichtlich des Spielmodus und der Festlegung der Austragungsorte (League Rules), zu den Marketingverpflichtungen der Teams (Marketing Regulations) sowie zur Streitbeilegung (Arbitration Rules), zum Doping (Anti Doping Regulations) und zur Vermeidung von Interessenkollision (sog. Conflict of Interest Prohibitions) erforderlich.
All diese Aspekte sind eine Frage der Feinabstimmung zwischen dem Ligaveranstalter und den teilnehmenden Teams sind, bei denen es eine riesige Bandbreite an Ausgestaltungsmöglichkeiten gibt. Dabei steht vor allem die Frage im Vordergrund, welche Wettbewerbsvorteile die einzelnen Ausgestaltungsvarianten mit sich bringen und was zu beachten ist, damit die Liga langfristig am Markt bestehen kann.
Option Publisher-League: Publisher bleibt Organisator und Veranstalter der Liga
Die zentrale Weichenstellung, die ein Publisher ganz am Anfang des Setups zu treffen hat, ist zunächst die simple, aber folgenreiche Strukturentscheidung, ob er die eSport-Liga im eigenen Namen betreiben möchte (sog. Publisher-League) oder ob er einem oder mehreren sog. eSport-Operatoren den Betrieb der Liga gestattet (sog. Operator-League).
Bei einer Publisher Liga geht der Publisher mit den teilnehmenden Teams eine unmittelbare vertragliche Rechtsbeziehung ein. Die Teams unterschreiben in der Regel sog. „League Participation Agreements″, in denen die Bedingungen der Zusammenarbeit festgelegt werden. Der Publisher ist in diesen Fällen die verantwortliche Stelle für alle mit dem Vertrieb der Liga einhergehenden organisatorischen und rechtlichen Aufgaben. Er kümmert sich um die Ausführung des Spielbetriebes, mietet Hallen für Live-Events, lizensiert die Streamingrechte an Plattformen wie YouTube, Facebook oder Twitch und kümmert sich um das Marketing der Events sowie den Verkauf von Tickets bei den Live-Veranstaltungen. In der Praxis bedient sich der Publisher dabei häufig eines oder mehrerer Subunternehmen. Entscheidend ist jedoch, dass er im Rahmen der Publisher Liga stets Organisator und Veranstalter der Liga bleibt.
Die Operator-League: Operatoren im Konkurrenzkampf um die bekannten eSport-Teams
Die Operator-League funktioniert hingegen anders. Hier gewährt der Publisher einem Drittunternehmen – dem eSport-Operator wie z.B. der ESL, Blast, oder Faceit – entweder unentgeltlich oder gegen Zahlung einer entsprechenden Lizenzgebühr, das Recht, eine eSport-Liga im eigenen Namen auszurichten und zu betreiben.
Bei einer Operator-League ist es also dieses Drittunternehmen, das die Verträge mit Werbepartnern und Streamingplattformen schließt. Da der Publisher in der Regel jedoch nicht nur einem eSport-Operator allein eine Lizenz einräumt, stehen die eSport-Operatoren zudem untereinander in Konkurrenz. Sie müssen versuchen, die besten und bekanntesten eSport-Teams möglichst zur langfristigen, bestenfalls sogar exklusiven Teilnahme an ihrer Liga zu bewegen. Denn nur mit den erfolgreichsten Teams und Spielern generiert der eSport-Operator hohe Zuschauerzahlen für seine Events und kann seine eigene Marke etablieren.
Lockmittel für die großen Teams sind dabei neben hohen Preisgeldern insbesondere langfristig garantierte Startplätze (League Slot) in der Liga sowie Umsatzbeteiligungen an den Ticket-, Medienrechts- und Werbeumsätzen erhalten (Revenue Shares) mit entsprechend hohen Mindestgarantien (Minimum Guarantee). Denn dadurch bekommen die Teams Planungssicherheit auf Umsatzseite und können den kostenintensiven Kader von professionellen Spielern unterhalten.
Der Grund für die Ausgabe von entsprechenden Lizenzen kann aus Sicht des Publishers sein, dass er sich schlichtweg den wirtschaftlichen und organisatorischen Aufwand sparen möchte, um den eSport-Betrieb seines Spiels selbst zu organisieren und zu steuern. Die Produktion des Streaming-Contents, die Erstellung von Konzepten und die Organisation der Live-Events erfordern nicht nur finanzielle Ressourcen, sondern auch Know-how. Nicht alle Publisher haben ein Interesse daran, ihr Geschäft, das eigentlich in der Programmierung von Games besteht, auf den Bereich eSports zu erstrecken und die damit verbundenen Risiken einzugehen.
Der Verlust von Streaming- und Sponsoringumsätzen beim Betrieb einer Operator-League ist hingegen für den Publisher häufig zu verschmerzen. Denn außer in Fällen, in denen der Publisher wegen der aktuellen Popularität seines Spiels nicht auf zusätzliche Werbereichweite angewiesen ist, profitiert er von der Strahlkraft der eSport-Operator-Marke: Zahlreiche Veranstaltungsserien oder Ligen wie z.B. die ESL One-Events oder die Intel Extreme Masters haben riesige Fangruppen. Wird ein Spiel hier neu hinzugefügt, steigt automatisch der Bekanntheitsgrad des Spiels und in der Regel auch dessen Nutzerzahl.
Da es sich bei den meisten populären eSport Games um sog. „Free to Play″-Games handelt, wird der Publisher durch das gesteigerte Publikumsinteresse zudem auf höhere Umsätze mit In-Game-Käufen von sog. Virtual Items hoffen können. Bei Virtual Items handelt es sich um Spielgegenstände, die der Verbesserung oder Individualisierung der Spielfigur dienen. Hierin liegt in der Regel die größte Einnahmequelle der Publisher. Steigt die Anzahl der täglichen Nutzer des Spiels, steigt auch der Verkauf von virtuellen Gegenständen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Modell der Publisher-League häufig dann von Vorteil ist, wenn der Publisher nicht auf zusätzliche Werbung durch die Marke eines eSport-Operators angewiesen ist und bereit ist, den finanziellen und organisatorischen Aufwand des Ligabetriebes zu stemmen.
Das Legal Framework: Rechtsform der Liga und Vertragsgestaltung
Nachdem damit der Ligaveranstalter dem Grunde nach bestimmt ist, muss sich dieser – egal ob Publisher oder eSport-Operator – entscheiden, welchen grundsätzlichen Charakter das Rechtsverhältnis zwischen ihm und den teilnehmenden Teams haben soll.
In aller Regel werden bei einem Ligaprojekt zwischen dem Ligaveranstalter und den teilnehmenden Teams detaillierte, über einen Zeitraum von mehreren Jahren laufende Teilnahmeverträge geschlossen, sog. League Participation Agreements. Zentrale Vertragsgegenstände sind, neben der verbindlichen Teilnahme am Spielbetrieb sowie der Einräumung von ausschließlichen Nutzungsrechten zwecks Vermarktung der Medienrechte, unter anderem Marketingverpflichtungen sowie Einhaltung der Liga-Regularien. Im Gegenzug bekommen die professionellen Teams in der Regel einen Revenue Share an den Ligaumsätzen mit einer entsprechenden Minimum Guarantee.
Ein Alternativmodell zu einer individuellen vertraglichen Bindung zwischen Ligaveranstalter und den einzelnen Teams ist die Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft zum Betrieb der Liga. Es kann sich dabei etwa um eine Aktiengesellschaft, eine GmbH oder auch um einen Verein handeln. In diesem Fall werden die teilnehmenden Teams und der Ligaveranstalter Mitgesellschafter oder Vereinsmitglieder. Ein Beispiel für einen solche Kooperation ist World Esports Association (kurz „WESA„). Dabei handelt es sich um einen Verein nach Schweizer Recht, den der weltweit größte eSport-Operator, die ESL, zusammen mit den größten eSport-Teams im Jahr 2016 gegründet hat.
Gemeinsame Gesellschaft von Operator und eSport-Teams kann Vorteile für alle Beteiligten bieten
Der Vorteil der Gründung z.B. einer gemeinsamen Gesellschaft ist dabei vor allem die damit einhergehende Verflechtung zwischen Ligaveranstalter und den teilnehmenden Teams. Als Gesellschafter begegnen sich die Teams und der Ligaveranstalter auf Augenhöhe. Die Teams haben eine stärkere Rechtsposition, da es – abhängig von der jeweils gewählten Gesellschaftsform – in der Regel einen gesetzlichen Mindeststandard, insbesondere bei der Mitbestimmung und der Veräußerung der Anteile gibt, der nicht unterschritten werden kann.
Das Angebot an die Teams auf eine solche Mitglieder- bzw. Gesellschafterstellung kann im Rahmen von Operator-Leagues ein Wettbewerbsvorteil im Kampf um die Teilnahme der besten und bekanntesten eSport-Teams sein. Es manifestiert die Absicht der langfristigen Zusammenarbeit und Partnerschaft auf Augenhöhe. Natürlich muss immer abgewogen werden, welche Gesellschaftsform und vertragliche Ausgestaltung dabei genau gewählt wird, denn eine Behinderung des Ligabetriebes durch Ausnutzung der Gesellschafterstellung sollte selbstverständlich nicht möglich sein. Auch steuerrechtliche Themen spielen bei dieser Strukturentscheidung eine wesentliche Rolle.
In dem zweiten Teil gehen wir auf das Thema League Governance und Strukturierung von Slot Rights ein.