1. Februar 2023
Kündigung Sportler
Arbeitsrecht

Die Kündigung von professionellen Mannschaftssportlern

Dass Mannschaftssportler von ihren Clubs gekündigt werden, ist eher eine Seltenheit. Ein aktueller Fall bietet Anlass, diese Thematik näher zu betrachten.

Nachdem der bei dem Fußballclub Hertha BSC Berlin „an sich“ noch bis zum 30. Juni 2023 unter Vertrag stehende Torwart, Rune Jarstein, Mitte August dieses Jahres lt. Presseberichten nach einem Disput mit dem Torwarttrainer des Clubs suspendiert worden war, erklärte der Sportclub dem Spieler gegenüber am 24. August die Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 30. November 2022.

In der Presse wird vermutet, dass Hintergrund der Kündigung die genannte Auseinandersetzung mit dem Torwarttrainer gewesen sei. In der Kündigungserklärung sei eine nicht angemessene Wortwahl im Rahmen eines internen Gesprächs angedeutet worden. Der Torwart erhob gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage, in deren Folge am 2. November 2022 die Güteverhandlung stattfand. Lt. Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Berlin konnte eine gütliche Einigung zwischen den Parteien nicht erreicht werden. Der Kammertermin wurde für März 2023 anberaumt.

Unabhängig von dem Ausgang des Rechtsstreits bietet der Fall Anlass, sich einmal näher mit der Kündigung von Arbeitsverhältnissen professioneller Mannschaftssportler* zu befassen und mit der Frage, weshalb sie anders als in der „normalen Arbeitswelt“ im Profisport grds. ein Schattendasein führt.

Professionelle Mannschaftssportler sind in aller Regel Arbeitnehmer des Clubs

Nähert man sich der Thematik von ihrer Wurzel her, steht die Feststellung, dass nach ganz überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und juristischer Literatur professionelle Mannschaftssportler (Spieler) Arbeitnehmer der Clubs sind, bei denen sie unter Vertrag stehen. Die Rechtsbeziehung zwischen den Clubs und ihren Spielern ist daher als Arbeitsverhältnis einzuordnen.

Spielerverträge sind typischerweise befristet

Im professionellen Mannschaftssport ist aufgrund der besonderen Anforderungen, die der professionelle Wettkampf an die von den Spielern geschuldete Arbeitsleistung stellt, üblich, dass das zwischen Club und Spieler begründete Arbeitsverhältnis nur für eine gewisse Zeitdauer und damit befristet geschlossen wird. Die Befristung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der Eigenart der Arbeitsleistung (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz [TzBfG]) durch einen Sachgrund gedeckt (BAG, Urteil v. 16. Januar 2018 – 7 AZR 312/16). Dies wiederum hat zur Folge, dass eine Befristungsvereinbarung – anders als im Falle einer Befristung ohne Sachgrund – für eine Dauer von länger als grds. nur bis zu zwei Jahren auch darüber hinaus mehrmals mit demselben Arbeitgeber möglich ist.

Auswirkung der Befristung auf Kündigungsmöglichkeit

Die Befristung des Arbeitsverhältnisses zwischen Club und Spieler wirkt sich – wie man vielleicht nicht zwingend vermutet – auch auf deren Kündigungsmöglichkeit aus. Nach dem TzBfG unterliegt ein befristetes Arbeitsverhältnis nämlich nur dann der ordentlichen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist (§ 15 Abs. 4 TzBfG). Da im Bereich des Profisports keine Tarifverträge gelten, können Spielerverträge von den Parteien nur dann ordentlich, d.h. unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist, gekündigt werden, wenn dies entsprechend im Arbeitsvertrag vereinbart wurde.

Im Regelfall nur außerordentliche Kündigung möglich

Eine derartige Vereinbarung wird man jedoch nur in Ausnahmefällen in Spielerverträgen finden. Grund dafür sind vor allem die wirtschaftlichen Interessen der Clubs, die einen Spieler nur so lange gegen den Erhalt einer Transferentschädigung (Ablösesumme) an einen anderen Club abgeben können, wie ein Arbeitsverhältnis zu dem Spieler besteht. Die Transferentschädigung wird dem bisherigen Club als Arbeitgeber des Spielers nämlich dafür gezahlt, dass er den Spieler vorzeitig aus seinem Arbeitsverhältnis entlässt und mit diesem einen Aufhebungsvertrag schließt. Würde der mit dem Spieler abgeschlossene Arbeitsvertrag hingegen eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vorsehen, könnte ein wechselwilliger Spieler das Arbeitsverhältnis einseitig durch eine entsprechende Kündigungserklärung vorzeitig beenden und seinen bisherigen Arbeitgeber vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit „ablösefrei“ verlassen. 

Ist eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit – wie üblich – nicht vereinbart, können die Arbeitsvertragsparteien das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis im Regelfall einseitig nur dann beenden, wenn die (hohen) Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) vorliegen. Ein derartiger wichtiger Grund kann bspw. in Fällen der sexuellen Belästigung gegeben sein oder auch bei einer beharrlichen Arbeitsverweigerung vonseiten des Spielers (Spielerstreik).

Verbandsrecht kann weitere Sanktionen bei außerordentlicher Kündigung vorsehen

Zu beachten ist im professionellen Mannschaftssport, dass das Verbandsrecht weitere Rechtsfolgen an die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch eine außerordentliche Kündigung knüpfen kann. So bestimmt etwa § 8 der Lizenzordnung Spieler der DFL:

Hat ein Club einem Spieler aus wichtigem Grund unwidersprochen wirksam fristlos gekündigt oder ist die fristlose Kündigung im staatlichen Gerichtsverfahren durch rechtskräftiges Urteil als rechtswirksam anerkannt worden, so soll der Spieler nur in begründeten Ausnahmefällen für das laufende Spieljahr einen neuen Vertrag schließen können mit der Folge der sofortigen Spielerlaubnis in der nachfolgenden Wechselperiode.

Dies bedeutet, dass eine widerspruchslos hingenommene außerordentliche Kündigung i.d.R. zur „Vertragslosigkeit“ des Spielers führt. Außerordentlich gekündigte Spieler sind daher nach Verbandsrecht gezwungen, rechtzeitig Kündigungsschutzklage zu erheben, um diese Folge (ggf. zunächst) abzuwenden.

Falls ausnahmsweise ordentliche Kündigung möglich, müssen die insoweit einschlägigen Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes beachtet werden

In dem eingangs geschilderten Fall „Jarstein“ wurde abweichend von dem vorstehend dargestellten Regelfall offenbar die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, da – wie der Pressemeldung des Arbeitsgerichts zu entnehmen ist – der Club bei der Erklärung der Kündigung eine Kündigungsfrist berücksichtigte (Kündigung zum 30. November 2022, s.o.). Die offenbar im Spielervertrag getroffene ausdrückliche Regelung einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit für beide Parteien dürfte sich durch die anders gelagerten Interessen von Hertha BSC erklären lassen. 

Da der Torwart bei seiner Vertragsverlängerung im Jahr 2021 mit 36 Jahren bereits einer der ältesten Bundesligaspieler war, sprechen gute Gründe dafür, dass der Club nicht davon ausging, dass er den Spieler noch gewinnbringend weiterverkaufen könne, und es deshalb wohl vorzog, sich eine weitergehende Möglichkeit einzuräumen, das Vertragsverhältnis einseitig beenden zu können. Auch dürfte der Club die Wahrscheinlichkeit, dass der Spieler von seinem ordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch macht und seinerseits vorzeitig das Arbeitsverhältnis zur Beendigung bringt, als gering eingestuft haben: Da der Spieler aufgrund seines Alters aller Voraussicht nach keine besser bezahlte Anstellung bei einem anderen Club erhalten würde, hätte dieser ohnehin kein Interesse an einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses.

Allerdings kann ein Club ein mit einem Spieler bestehendes Arbeitsverhältnis nicht ohne Weiteres ordentlich kündigen. Vielmehr hat er die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), dessen Anwendungsbereich schon allein aufgrund der Größe des Mannschaftskaders in aller Regel eröffnet ist, zu beachten. Eine ordentliche Kündigung ist – die fristgerechte Erhebung einer Kündigungsschutzklage des gekündigten Spielers vorausgesetzt – nur dann wirksam, wenn diese aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen sozial gerechtfertigt ist (§ 1 KSchG).

Bei verhaltensbedingter Kündigung im Fall „Jarstein“ wäre im Grundsatz Abmahnungserfordernis zu beachten

Unterstellt man im Fall „Jarstein“, dass der Torwart – wie die Presse vermutet – aufgrund des Disputs mit dem Torwarttrainer gekündigt wurde, handelt es sich um eine verhaltensbedingte Kündigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt eine solche Kündigung grds. voraus, dass der Arbeitnehmer bereits zuvor wegen eines gleichen oder ähnlichen Verhaltens abgemahnt wurde (sog. Abmahnungserfordernis). Wurde der Arbeitnehmer bislang nicht abgemahnt, muss seinem vertragswidrigen Verhalten grds. zunächst mit einer Abmahnung begegnet werden. Eine Kündigung wegen dieses Verhaltens ist dann nicht möglich. Hintergrund dessen ist, dass die Rechtsprechung davon ausgeht, dass das künftige Verhalten eines Arbeitnehmers schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses in Form einer Abmahnung positiv beeinflusst werden kann. Eine in ihren Rechtsfolgen deutlich einschneidendere Kündigung ist daher im Grundsatz nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer ein bereits abgemahntes Verhalten wiederholt und deshalb davon ausgegangen werden kann, es werde auch künftig zu entsprechenden Vertragsverletzungen kommen. Von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung konsequenterweise jedoch dann eine Ausnahme, wenn eine Verhaltensänderung des Arbeitnehmers durch eine Abmahnung nicht zu erwarten ist oder die Pflichtverletzung so schwer wiegt, dass dem Arbeitgeber schon eine erstmalige Hinnahme nicht zuzumuten ist (vgl. BAG, Urteil v. 11. Juli 2013 – 2 AZR 994/12).

Dementsprechend dürfte die Wirksamkeit der Kündigung des Torwarts (und damit verbunden die Erfolgsaussichten der von diesem erhobenen Kündigungsschutzklage) im Falle des Vorliegens einer verhaltensbedingten Kündigung maßgeblich davon abhängen, ob der Torhüter bereits in einem anderen, vorgelagerten Fall wegen gleichen oder ähnlichen Verhaltens abgemahnt worden oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend gewesen ist, dass eine Abmahnung ausnahmsweise nicht erforderlich war.

Kündigung führt im professionellen Mannschaftssport ein Schattendasein

Es bleibt abzuwarten, wie sich der Fall „Jarstein“ weiterentwickelt, insbesondere ob sich Club und Spieler vor dem Kammertermin im März 2023 (wie häufig in solchen Fällen) doch noch einvernehmlich auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigen.

Für die Kündigung von Arbeitsverhältnissen im professionellen Mannschaftssport kann im Übrigen festgehalten werden, dass diese gerade deshalb ein Schattendasein führt, weil sie im Regelfall nur als fristlose Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) möglich ist, deren Voraussetzungen ausschließlich in schwerwiegenden Fällen erfüllt sind. Aber auch dann, wenn – ausnahmsweise – die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung im Arbeitsvertrag vereinbart ist, können und wollen sich Clubs nicht ohne Weiteres auf diese Weise von ihren Spielern trennen. Zum einen haben sie die Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes und dessen Ausgestaltung durch die Rechtsprechung zu beachten. Zum anderen – und meist viel gewichtiger – würde dies einem Verzicht auf einen etwaigen Transfererlös gleichkommen, den der kündigungsberechtigte Club für den Spieler bei einem Weiterverkauf erhalten würde.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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