17. Mai 2023
Vertragsverlängerungsklausel Profisport
Arbeitsrecht

Vertragsverlängerungsklauseln im Profisport

Vertragsverlängerungsklauseln sind in den Arbeitsverträgen von Profisportlern weit verbreitet. Doch wie können sie auch vorzeitige Saisonabbrüche umfassen?

Es ist keine Seltenheit, dass Arbeitsverträge von Profisportlern* sog. Vertragsverlängerungsklauseln enthalten. Durch diese wird die (erneut befristete) Verlängerung des zwischen Club und Spieler begründeten Arbeitsverhältnisses, bspw. um eine weitere Spielzeit, an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen geknüpft.

Vertragsverlängerungsklauseln sind in mehreren Variationen möglich

Vertragsverlängerungsklauseln existieren typischerweise in zwei Ausprägungen. Sie können dahingehend ausgestaltet sein, dass Clubs einseitig die „Option“ eingeräumt wird, den Arbeitsvertrag ihrer Spieler befristet fortzusetzen. Eine weitere Variante ist die Regelung einer „automatischen“ Vertragsverlängerung ohne erneutes aktives Tätigwerden der Vertragsparteien. Ausreichend ist in diesem Fall allein der Eintritt bereits im Vertrag festgelegter Voraussetzungen, bspw. das Absolvieren einer bestimmten Anzahl an Spielen.

Rechtsstreit zur Auslegung von Vertragsverlängerungsklausel vor dem BAG anhängig

Wie in verschiedenen Bereichen des Sports sind auch im Bereich des Profifußballs Sonderprobleme durch die Corona-Pandemie entstanden. Ein für die Praxis sehr relevanter Rechtsstreit ist derzeit vor dem Bundesarbeitsgericht (7 AZR 169/22) anhängig. In diesem ist rechtlich zu klären, ob und wie „automatische“ Vertragsverlängerungsklauseln bei unvorhersehbaren, schwerwiegenden Änderungen wie einem vorzeitigen Saisonabbruch aufgrund der Corona-Pandemie ausgelegt oder angepasst werden können.

In dem zugrunde liegenden Fall sah der „an sich“ auf den 30. Juni 2020 befristete Arbeitsvertrag eines Regionalliga-Fußballers folgende Regelung vor:

Sollte der Spieler auf mindestens 15 Einsätze in Meisterschaftsspielen bei der 1. Mannschaft kommen, verlängert sich dieser Vertrag um eine weitere Spielzeit. (…) Ein Einsatz wird gezählt, wenn der Spieler mindestens 45 Minuten gespielt hat.

Nachdem der klagende Spieler bis zum 15. Februar 2020 zwölf Spiele mit der maßgeblichen Einsatzzeit absolviert hatte, entschieden Geschäftsführer und Trainerteam des Vereins, den Spieler nach dem 15. Februar 2020 wegen nicht zufriedenstellender Leistungen und damit aus sportlichen Gründen nicht mehr einzusetzen, und teilten dies dem Spieler mit. Im Zuge des 1. Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie fanden ab dem 14. März 2020 keine Spiele mehr statt und die Saison wurde schließlich im Mai 2020 frühzeitig beendet. Es verblieb also bei den zwölf Einsätzen für den Spieler, sodass nach dem Wortlaut der vereinbarten Klausel eine automatische Vertragsverlängerung nicht erfolgte, sondern der Vertrag zum 30. Juni 2020 endete. Hierauf berief sich auch der Club. 

Der Spieler setzte sich hiergegen zu Wehr und beantragte vor dem Arbeitsgericht Offenbach am Main, festzustellen, dass das zwischen ihm und dem Club bestehende Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2020 bis zum Ablauf des 30. Juni 2021 hinaus fortbesteht.

Der Spieler berief sich zum einen darauf, dass ihn die alleinige Entscheidungsmöglichkeit des Clubs über den Eintritt der Bedingung unangemessen benachteilige und zur Unwirksamkeit der Klausel führe. Ferner habe er nach den Grundsätzen der sog. Störung der Geschäftsgrundlage einen Anspruch auf Anpassung des Vertrags dahingehend, dass er so gestellt werden müsse, als sei die Bedingung der Verlängerungsklausel eingetreten. Denn er und der Club hätten – entsprechend der Spieltage, die tatsächlich stattfanden – eine verringerte Mindesteinsatzzahl von zehn Spieltagen oder einen Prozentwert der möglichen Einsätze vereinbart, wenn sie den Saisonabbruch vorausgesehen hätten. Auf die sportliche Entscheidung des Clubs, ihn nicht mehr einzusetzen, komme es nicht an, da er insgesamt zwölf Pflichtspiele erreicht habe, was nach seiner Auffassung ausreiche.

Beide Vorinstanzen (ArbG Offenbach am Main, Urteil v. 9. Dezember 2020 – 4 Ca 270/20; LAG Hessen, Urteil v. 14. März 2022 – 18 Sa 141/21) haben die Klage des Spielers abgewiesen und verneinten somit im Ergebnis einen Anspruch auf Vertragsverlängerung um eine Saison. Der Spieler legte gegen die Entscheidung des LAG Hessen Revision ein. Der Verhandlungstermin vor dem BAG ist für den 24. Mai 2023 bestimmt.

Die Relevanz der ausstehenden Entscheidung ist dabei nicht nur auf den Fußballbereich begrenzt. Auch in anderen Sportarten spielen derartige Regelungsmechanismen zur „automatischen“ Vertragsverlängerung abhängig von Einsatzzeiten eine nicht unwesentliche Rolle.

Profifußballer sind in aller Regel befristet angestellte Arbeitnehmer 

Warum das BAG als letzte und höchste Instanz der Arbeitsgerichtsbarkeit über den Fall zu entscheiden hat, ist schnell erklärt. Profifußballer sind nach mittlerweile einhelliger Auffassung als Arbeitnehmer anzusehen. Da es in dem vorliegenden Rechtsstreit letztlich um das (Fort-)Bestehen des zwischen Club und Spieler begründeten Arbeitsverhältnisses geht, sind hierfür die Arbeitsgerichte und in letzter Instanz das BAG zuständig (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 3b, 72 Abs. 1 ArbGG).

Die „Ursache“ für den in der Praxis beliebten Regelungsmechanismus der Verlängerungsklausel ist ebenfalls schnell gefunden: Arbeitsverhältnisse von Profisportlern werden in aller Regel befristet geschlossen, um nicht zuletzt auch der Flexibilität durch den branchenüblichen Transfermarkt gerecht zu werden (BAG, Urteil v. 16. Januar 2018 – 7 AZR 312/16). Der Sachgrund für die Befristung ist in der Eigenart der Arbeitsleistung zu sehen. Grund dafür ist insbesondere, dass Profisportler ihre Arbeitsleistung, die in erster Linie in der Erbringung der sportlichen Leistung für den jeweiligen Arbeitgeber liegt, auf dem erforderlichen Wettkampfniveau nicht bis ins Rentenalter erbringen können.

Wirksamkeit der Vertragsverlängerungsklausel?

Mit Blick auf die in erster Instanz von dem Spieler gerügte Wirksamkeit der Vertragsverlängerungsklausel stellte das Arbeitsgericht Offenbach am Main fest, dass die automatische, einsatzabhängige Vertragsverlängerungsklausel eine sog. „Potestativbedingung“ darstelle. Die Vereinbarung einer solchen sei grds. zulässig und nach der Definition gegeben, wenn das Rechtsgeschäft, vorliegend also die Vertragsverlängerung, von einem Ereignis abhängig gemacht wird, das seinerseits nicht ohne das willentliche Zutun eines Vertragspartners geschieht, hier dem Einsatz des Spielers über mind. 45 Minuten bei zumindest 15 Meisterschaftsspielen durch den Club.

Auch genüge allein die Möglichkeit der treuwidrigen Verhinderung des Bedingungseintritts nicht dafür, dass der Eintritt der Bedingung gesetzlich als eingetreten fingiert werde. Anhaltspunkte dafür, dass der Club den erforderlichen Einsatz des Klägers treuwidrig vereitelt habe, seien nicht vorgetragen worden. Dem Spieler habe kein Anspruch auf den Einsatz in 15 Meisterschaftsspielen zugestanden, da aufgrund einer Vielzahl von Umständen von Spiel zu Spiel neu darüber entschieden werde, ob der Spieler zum Einsatz komme oder nicht. Die Zahl der absolvierbaren Pflichtspiele stelle sich grds. (bloß) als eine rechtlich nicht geschützte Chance des Spielers dar.

Vorzeitiger Saisonabbruch als Änderung der Geschäftsgrundlage 

Neben der Wirksamkeit der Verlängerungsklausel ist vorliegend von Bedeutung, welche Auswirkungen ein unerwartetes vorzeitiges Saisonende auf die zwischen den Parteien vereinbarte Verlängerungsklausel hat. Insbesondere steht die Frage im Raum, ob auch eine geringere als die vereinbarte Quote von Spieleinsätzen die weitere Befristung des Arbeitsvertrages auslösen kann. Dreh- und Angelpunkt ist unter rechtlichen Gesichtspunkten die (fließende) Abgrenzung zwischen ergänzender Vertragsauslegung und den nachrangig anzuwendenden Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB).

Diesbezüglich stellte das LAG in zweiter Instanz klar, dass nach seiner Auffassung eine ergänzende Vertragsauslegung ausscheide. Eine solche komme nur in Betracht, wenn die Parteien fehlerhaft einen Aspekt nicht geregelt oder unbewusst eine vertragliche Regelung für den nunmehr eingetretenen Fall unterlassen haben. Aufgrund des unerwarteten Auftretens der Covid-19-Pandemie und ihrer Folgen sei nicht feststellbar, was die Parteien für einen derartigen Fall geregelt hätten. Es könne insbesondere nicht unterstellt werden, dass der Wille der Parteien darauf gerichtet gewesen sei, eine geringere Quote der Spieleinsätze ausreichen zu lassen.

Doch auch eine Vertragsanpassung in Form einer Vertragsverlängerung um ein Jahr nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage scheide aus. Die Vorinstanzen verneinten die hierfür notwendige Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag für den Kläger, da dieser aufgrund der unstreitigen Entscheidung des Trainers, ihn nicht mehr einzusetzen, auch ohne den pandemiebedingten Abbruch der Saison nicht an mindestens 15 Meisterschaftsspielen teilgenommen hätte. Ein Festhalten an der Verlängerungsklausel seines Arbeitsvertrages sei daher nicht unzumutbar. Auf der Tatbestandsseite sei mangels Unzumutbarkeit bereits ein Anspruch auf Vertragsanpassung zu verneinen, sodass es erst gar nicht zu einer pandemiebedingten Reduzierung der notwendigen Anzahl von Spieleinsätzen auf Rechtsfolgenseite kommen könne.

Formulierungsvarianten für Vertragsverlängerungsklauseln bei Saisonabbruch

Auch in Zukunft kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Gericht bei einem pandemiebedingten oder aus vergleichbaren Gründen erfolgenden Saisonabbruch trotz der nunmehr eingetretenen Sensibilisierung für solche Ereignisse die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage zur Anwendung bringt. Um ungewollte Folgen zu vermeiden, ist Clubs (und Spielern) dringend zu empfehlen, durch entsprechende Vertragsgestaltung für Klarheit zu sorgen.

Dabei stehen den Clubs insbesondere zwei Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, um eine Vertragsverlängerungsklausel in Zukunft so zu gestalten, dass sie auch vorzeitige Saisonabbrüche berücksichtigt:

Zum einen kann eine entsprechende Regelung so gefasst werden, dass diese eine Mindestquote enthält (in dem anhängigen Verfahren wären dies z.B. ca. 56 % der Spieltage). Der Vorteil einer solchen Regelung wäre, dass sich die Quote flexibel nach der Gesamtzahl der Spiele einer Saison richtet. Kommt es zu einem vorzeitigen Saisonende, so verringert sich die Zahl der abzuleistenden Pflichtspiele prozentual an den insgesamt stattgefundenen Begegnungen. Wie auch das LAG Hessen in seinem Urteil feststellt, kann mithilfe der Quotenlösung die Wertigkeit eines Spielers für den Club dargestellt werden. Gleichwohl wäre für jeden Einzelfall zu entscheiden, ob eine derartige Regelung tatsächlich gewollt ist.

Es wäre zudem unverändert möglich, „klassisch“ die absolute Zahl der zu absolvierenden Spiele festzulegen. Um Rechtsstreitigkeiten wie im derzeit anhängigen Verfahren vor dem BAG zu vermeiden, sollte in diesem Fall ein Zusatz aufgenommen werden, der verdeutlicht, dass die festgelegte absolute Zahl ungeachtet eines möglichen vorzeitigen Saisonendes gelten soll. Aus Sicht des Clubs vorteilhaft ist dabei, dass im Falle eines vorzeitigen und sehr frühen Abbruchs der Saison die Wahrscheinlichkeit des Eingreifens der Bedingung sinkt und die automatische Verlängerung hierdurch verhindert wird, ohne sich dem Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens (§ 162 BGB) auszusetzen. 

BAG-Entscheidung zur Auslegung von Vertragsverlängerungsklausel bleibt abzuwarten

Es bleibt abzuwarten, ob das BAG die Entscheidung des LAG Hessen höchstrichterlich bestätigen wird. Ungeachtet dessen sollte künftig ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung von Vertragsverlängerungsklauseln gelegt werden, insbesondere wenn diese eine „automatische“ Verlängerung des Arbeitsverhältnisses für den Fall des Eintritts bestimmter Voraussetzungen vorsehen.

Wir werden zu der Entscheidung des BAG berichten. 

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Arbeitsrecht Profisport Sportrecht Vertragsverlängerungsklausel