23. April 2021
eSport League Governance Slot Rights
TMC – Technology, Media & Communications

Rechtliche Gestaltung von eSport-Ligen – Teil 2 – League Governance und Slot Rights

Im zweiten Teil unserer Artikelserie zum eSport geht es um die Mitbestimmung der Teams und die Konditionen des Ein- und Austritts aus der Liga.

Ist das formelle Grundgerüst der eSport-Liga weitestgehend umrissen, ist es Aufgabe des Ligaveranstalters, sich über die beiden anderen zentralen Regelungsbereiche Gedanken zu machen: Die Ausgestaltung der League Governance und der Erwerb und die Übertragung der Slot Rights. 

League Governance: Mitbestimmung der Teams

Die League Governace – also die Mitbestimmung der teilnehmenden Teams bei der Anwendung des bestehenden Regelwerkes und dessen Weiterentwicklung – ist die in der Praxis wichtigste und konfliktträchtigste Regelungsmaterie bei der Strukturierung einer Liga. Die Praxis hat gezeigt, dass es genau dieser Punkt ist, der häufig über den langfristigen Erfolg einer eSport-Liga bestimmt.

Bei einem Langzeitprojekt wie einer eSport-Liga sind während ihrer Dauer immer wieder Veränderungen an dem bestehenden Regelwerk erforderlich. Beispielsweise können die bereits erwähnten Marketing Regulations, Anti Doping Regulations oder auch die Regelungen über die Zulässigkeit von Spielerwechseln während der Saison (Transfer Regulations) durch neue Entwicklungen ergänzungsbedürftig sein oder sich im Nachhinein als zu wenig wirkungsvoll erweisen. Ebenso kann z.B. nach zwei Jahren das praktische Bedürfnis zutage treten, das Playoff-Format der Liga-Finals zwecks besserer Vermarktungsaussicht zu verändern. Auch könnte nach einiger Zeit die Entscheidung zu treffen sein, noch weiteren Teams garantierte Startplätze in der Liga zu gewähren oder die Anzahl der Teams insgesamt zu erhöhen.

Vor diesem Hintergrund muss in den League Participation Agreements oder in den Satzungen der jeweiligen Gesellschaft oder des Vereins geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen die einzelnen Regelungsmaterien durch welche Parteien geändert werden dürfen. Oft sind die Ligenbetreiber dabei geneigt, sich in den Verträgen das Recht einräumen zu lassen, bestimmte Regelungsbereiche der Liga einseitig bestimmen und in Zukunft abändern zu dürfen. Zwar sind solchen Klauseln in dem Fall, dass den Änderungsbefugnissen keine transparenten Grenzen gesetzt sind, gemäß § 307 BGB unwirksam. Da es die Parteien jedoch nur in den seltensten Fällen auf einen Prozess ankommen lassen und der Publisher durch die Möglichkeit der Kürzung des Revenue Shares am längeren Hebel sitzt, setzen sich die Publisher in diesen Fällen am Ende häufig durch.

In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass eine derartige Vertragsgestaltung in der Regel nicht dazu führt, dass die Liga auf lange Sicht erfolgreich und effizient arbeitet. Vielmehr sind eher die Ligen erfolgreich, bei denen der Ligaveranstalter mit den Teams „an einem Tisch″ sitzt und den Teams in wesentlichen Fragen Mitbestimmungsrechte zugestanden werden. Dies gilt insbesondere für Operator-Leagues, bei denen die Teams im Konfliktfalle schlichtweg auf andere Ligen ausweichen können. 

Ein Beispiel für eine mögliche Ausgestaltung der League Governance ist die Struktur, die die ESL und die Gründungsmitglieder (unter anderem die Teams Fnatic, Liquid, Natus Vincere) im Rahmen der WESA seinerzeit für die ESL Pro League für das Spiel Counter Strike: Global Offensive erarbeitet haben. Die WESA verfügt über ein Executive Board, das zuständig für kleinere ligabezogene Entscheidungen ist und zur Hälfte mit Vertretern der Teams und zur anderen Hälfte mit Vertretern des Ligaveranstalters sowie einem Commissioner besetzt ist. Wichtige Entscheidungen, wie z.B. die Aufnahme von neuen Teams oder Änderungen der Regelwerke, werden mit bestimmten Mehrheitsquoren vom sog. „Members Meeting″ beschlossen, in dem alle Mitglieder eine Stimme haben.

Das Slot-Right: Erwerb und Übertragung der Liga-Mitgliedschaft

Last but not least muss sich der Ligaveranstalter noch darüber klar werden, wie die Ein- und Austrittsbedingungen der Mitgliedschaft in der Liga ausgestaltet sein sollen. Ganz konkret stellt sich erstens die Frage, was Teams tun müssen, um einen Startplatz in der Liga (einen sog. „League Slot″) zu erhalten, und zweitens, ob es ihnen zu einem späteren Zeitpunkt gestattet sein soll, diesen League Slot auf Dritte zu transferieren.

Was die Konditionen des Erwerbs eines League Slots betrifft, hängt dies maßgeblich von der Popularität des genutzten Spiels ab. Bei Spielen mit hohem Zuschauerinteresse können Ligaveranstalter – insbesondere bei den geschlossenen „Franchise Publisher-Leagues″ – ihre League Slots teils für Millionenbeträge verkaufen. Anders liegt der Fall hingegen bei Spielen, die gerade weniger im Trend liegen oder bei denen eine Vielzahl von eSport-Operatoren versucht, die bekannten Teams zur Teilnahme in ihrer Liga zu bewegen. Hier kann der Ligaveranstalter meist kein Geld verlangen, sondern garantiert den Teams im Gegenteil lediglich hohe Minimum Guarantees im Rahmen der vereinbarten Revenue Shares.

Hat das Team einen League Slot einmal erworben, stellt sich im Anschluss die Frage, ob das Team diesen League Slot z.B. nach einigen Jahren auf Dritte übertragen bzw. ihn veräußern darf. Ein Grund kann sein, dass das Team sich auf andere Spiele konzentrieren möchte oder schlichtweg Liquidität benötigt. Deshalb ist es ratsam, entsprechende Regelungen in die League Participation Agreements bzw. in die Gesellschaftsverträge/Satzungen einzufügen, die es den Teams gestatten, ihren League Slots unter bestimmten Voraussetzungen – wie z.B. dem Ablauf einer bestimmten Anzahl von Saisons oder bei Verfehlen bestimmter Leistungsziele – mit Zustimmung entweder des Ligaveranstalters oder des entsprechenden Mitbestimmungsgremiums zu veräußern. Insbesondere sollte bestimmt werden, wie mit der erlösten Verkaufssumme umgegangen werden soll (falls eine solche gezahlt wurde). Sollen der Ligaveranstalter und die anderen Teams hiervon einen Teil erhalten oder fließt die Summe komplett an das ausscheidende Team? Hier gilt es im Sinne des eigenen Produktes zu handeln und das Setzen fehlerhafte Anreize zu vermeiden.

Um eine abschreckende Handhabe für die Sanktionierung von Fehlverhalten zu haben, sollten die League Participation Agreements bzw. die Gesellschaftsverträge zudem stets Bestimmungen zum einseitigen Entzug oder einem Zwangs-Verkauf eines Slot-Rechts enthalten. Diese können für den Fall notwendig sein, wenn ein Team über einen längeren Zeitraum schlecht performt oder wenn der Ruf der Liga durch das Verhalten eines Teams geschädigt wird (z.B. aufgrund von illegalen Absprachen oder Wettbetrug). Falls das Team für das Slot Right zuvor eine hohe Einmalzahlung geleistet hat, erhält das ausscheidende Team im Fall eines solchen Zwangsverkaufs häufig nur einen stark reduzierten Teil der ursprünglich gezahlten Summe zurück. Die Differenz wird gewissermaßen als „Strafzahlung″ einbehalten.

Wie der freiwillige Verkauf oder die Zwangsveräußerung des League Slots rechtlich im Verhältnis zu dem Erwerber geregelt werden, hängt maßgeblich von der rechtlichen Ausgestaltung der Liga ab. Für den Fall, dass League Participation Agreements geschlossen werden, handelt es sich entweder um eine Vertragsübernahme durch die neue Partei oder um eine Auflösung des alten Vertrages in Verbindung mit dem Abschluss eines neuen League Participation Agreements mit dem eintretenden Team. Wurde eine gemeinsame Gesellschaft z.B. eine GmbH gegründet, liegt der Fall anders. Dann werden die Gesellschaftsanteile durch das ausscheidende Team im Rahmen eines klassischen Share Deals veräußert. 

Die Ausgestaltung der Grundstruktur: Wettbewerbslage auf dem Markt und Charakter des Spiels sind entscheidend 

Die rechtliche Ausgestaltung einer eSport-Liga erfordert im Ergebnis komplexe Regelungen, d.h. es sind eine Vielzahl von Festlegungen über die unterschiedlichsten Aspekte des Ligabetriebes zu treffen. Es gibt jedoch bestimmte rechtliche Strukturentscheidungen, die sich in praktisch allen Regelwerken wiederfinden. Die Publisher und auch die eSport-Operatoren stehen bei Gründung einer Liga insoweit vor der Aufgabe, die vor dem besonderen Hintergrund des jeweiligen Spiels und der aktuellen Wettbewerbslage am besten passende Gestaltung zu wählen. Im Vordergrund wird dabei häufig die Herausforderung stehen, ein überzeugendes Setup zu schaffen, um die großen und bekannten Teams zu einer langfristigen Teilnahme an der Liga zu bewegen. Entscheidend für den langfristigen Erfolg ist dabei nicht nur ein attraktiver Revenue Share, sondern vor allem auch Mitspracherechte beim Betrieb und an der Weiterentwicklung der Liga. Hier ist es erforderlich, die einzelnen Regelungsmaterien genau zu kennen und präzise vertragliche Regelungen über die Änderungsmechanismen zu definieren, damit am Ende alle Interessen ausreichend berücksichtigt sind.

In dem ersten Teil ging es um die unternehmerische Struktur der Liga und die Wahl des passenden Legal Frameworks.

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