Da Maßnahmen gegen geheimdienstliche Fernmeldeüberwachungen erfolglos waren, sucht ein Internetknotenbetreiber nunmehr Hilfe beim Bundesverfassungsgericht.
Beschwerdeführerin ist die DE-CIX Management GmbH („DE-CIX″). Sie ist die Betreiberin des nach Verkehrsaufkommen weltweit größten Internetknotenpunktes mit Standort in Frankfurt. DE-CIX will die anlasslose Ausleitung von Daten aus dem Internetknotenpunkt an den Bundesnachrichtendienst („BND″) verhindern. Betroffen von der Fernmeldeüberwachung sind insbesondere auch rein innerdeutsche Daten.
Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolglos
Hintergrund der Streitigkeit ist die in der Praxis strategische Fernmeldeüberwachung zur Abwehr bestimmter drohender Gefahren durch den BND ohne einen konkreten Tatverdacht, wovon auch rein innerdeutsche Telekommunikation betroffen ist. DE-CIX sieht hierin einen Verstoß gegen das in Art. 10 GG verfassungsrechtlich geschützte Brief-, Post, und Fernmeldegeheimnis. Rechtsgrundlage für die Überwachung ist § 5 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses, das sog. „Artikel-10-Gesetz″.
Neue Rechtsbehelfe: Verfassungsbeschwerde und Anhörungsrüge
Nach eigenen Angaben vom 11. Oktober 2018 hat DE-CIX Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht (Az.: 1 BvR 1865/18). Mit dem Gang nach Karlsruhe wird die Streitigkeit um die Fernmeldeüberwachung auf eine neue Ebene gehoben. DE-CIX begehrt damit die
Klärung grundsätzlicher rechtlicher Fragestellungen vor dem Bundesverfassungsgericht und damit Rechtssicherheit für Bürger und Betreiber.
Bereits am 16. September 2016 hatte DE-CIX vor dem Bundesverwaltungsgericht Anfechtungsklage gegen die Verpflichtungsanordnungen auf Mitwirkung an der Fernmeldeüberwachung des BND erhoben und weiter die Feststellung begehrt, dass der BND DE-CIX gegenüber nicht verbindlich die tatsächlich zu überwachenden Übertragungswege mittels Statustabellen auswählen kann. Ende Mai 2018 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Klage nach mündlicher Verhandlung abgewiesen (Urteil vom 30. Mai 2018 – Az. 6 A 3/16). Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass DE-CIX verpflichtet werden könne, bei der Fernmeldeüberwachung durch den BND mitzuwirken. Hierzu sei der BND auch berechtigt.
Nach Ansicht von DE-CIX sei die Klage vom Bundesverwaltungsgericht inhaltlich nicht hinreichend gewürdigt worden. Insbesondere habe sich das Gericht nicht mit dem Vorwurf einer Verletzung des Fernmeldegeheimnisses auseinandergesetzt. Neben der Verfassungsbeschwerde hat DE-CIX daher auch eine Anhörungsrüge beim Bundesverwaltungsgericht erhoben.
Stützen kann sich DE-CIX insoweit auf ein von ihr bei dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten aus dem Jahre 2016 mit dem Ergebnis, dass die Praxis der strategischen Fernmeldeüberwachung „insgesamt rechtswidrig″ sei. Verbindlich ist diese Bewertung allerdings weder für das Bundesverwaltungs- noch für das Bundesverfassungsgericht.