3. April 2012
In der Wüste hatte Sondermann sicher kein Kraussel vermutet
Vergaberecht

Im Westen wieder Neues: Entwurf der Verteidigungs- und Sicherheitsvergabeverordnung

Die EU-Richtlinie 2009/81/EG über das Verfahren zur Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (dazu bereits hier) ist noch immer nicht in deutsches Recht umgesetzt.  Zum Jahresende waren zwar die Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) angepasst worden. Im Übrigen muss man sich bislang mit verwaltungsinternen Regelungen abfinden, die die Anforderungen, die sich aus der unmittelbaren Anwendbarkeit der Vergaberichtlinie ergeben, konkretisieren. Dem will die Bundesregierung nun mit Vorlage eines Verordnungsentwurfs abhelfen.

Im Hinblick auf den Anwendungsbereich wird auf die mit der Gesetzesänderung vom 07.12.2011 eine neu eingefügte Definition von verteidigungs- und sicherheitsrelevanten Aufträgen in § 99 Abs. 7 GWB ausschlaggebend. Diese Aufträge werden von der im Entwurf vorgelegten Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) erfasst, wenn sie die Schwellenwerte überschreiten. Im Hinblick auf die Schwellenwerte wird unmittelbar auf die Werte der EU-Richtlinie verwiesen, ohne dass es zukünftig einer Änderung der Rechtsverordnung bedarf, wenn diese Schwellenwerte von der EU-Kommission angepasst werden.

Während die VSVgV für Dienstleistungs- und Lieferverträge eine Vollregelung des Vergabeverfahrens enthält, gelten für Bauaufträge nur die Allgemeinen Bestimmungen (§§ 1 – 9) sowie die Bestimmungen über die Unterauftragsvergabe (§§ 38 – 42) und besondere Bestimmungen in den §§ 43 – 45. Das Vergabeverfahren richtet sich für Bauverträge dagegen nicht nach Teil 2 der VSVgV, sondern nach Abschnitt 3 der VOB/A verwiesen. In dem Streit, ob die Umsetzung der Richtlinie durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung oder im Rahmen des bestehenden Systems von VOB/A und VOL/A erfolgen soll, zeichnet sich offensichtlich ein Kompromiss ab.

Eine Besonderheit des Verteidigungs- und Sicherheitsbereichs  ist der in § 6 besonders geregelte Geheimnisschutz. Er dient der Wahrung der Vertraulichkeit sowohl der technischen Geheimnisse und Betriebsgeheimnisse der Bieter als auch der Angaben und Unterlagen der Vergabestelle. Von besonderem Interesse für Militär und Sicherheitsbehörden sind auch die in § 7 geregelten Anforderungen an den Schutz von Verschlusssachen durch Unternehmen sowie die Befugnis nach § 8, Anforderungen an die Versorgungssicherheit zu stellen.

Von großer Bedeutung für Auftragnehmer sind die Anforderungen des § 9 i.V.m. §§ 38 ff. über die Vergabe von Unteraufträgen. Nach § 9 Abs. 3 VSVgV kann der öffentliche Auftraggeber verlangen, dass bis zu 30 % des Auftragswerts an Dritte untervergeben werden. Bei der Vergabe der Unteraufträge sind die Anforderungen der §§ 38 – 42 VSVgV zu beachten. Darüber hinaus kann der Auftraggeber auch verlangen, dass sonstige Unteraufträge des Auftragnehmers nach diesen Anforderungen vergeben werden. Dies stellt eine erhebliche Einschränkung der Vertragsfreiheit der Auftragnehmer dar. Nach §§ 38 ff. müssen die Unteraufträge im Wege transparenter Verfahren und in nicht diskriminierender Weise vergeben werden. Die Absicht, einen Unterauftrag zu vergeben, ist bekannt zu machen. In der Bekanntmachung sind auch die Eignungskriterien und andere Kriterien anzugeben, die für die Auswahl des Unterauftragnehmers angewendet werden.

Charakteristisch für das Vergabeverfahren nach der VSVgV ist, dass in Abweichung von dem Grundsatz des § 101 Abs. 1 GWB kein offenes Verfahren vorgesehen ist. Die Vergabe erfolgt im nicht offenen Verfahren oder im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, in Ausnahmefällen auch im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb und unter bestimmten Voraussetzungen im wettbewerblichen Dialog. Die Vorschriften sehen auch die Rahmenvereinbarung vor, deren Laufzeit grundsätzlich auf sieben Jahre beschränkt ist.

Mit diesem Entwurf ist ein wichtiger Schritt in Richtung auf eine vollständige Umsetzung der Vergaberichtlinie für den Verteidigungs- und Sicherheitsbereich getan. Jetzt kommt es darauf an, die Verordnung zügig zu erlassen, um den rechtlichen Schwebezustand schnellstmöglich zu beenden.

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