3. Dezember 2022
Weihnachtsmann Stellenausschreibung
Arbeitsrecht

Weihnachtsmann gesucht… aber bitte AGG-konform!

Damit die Suche nach dem perfekten Weihnachtsmann nicht in einem rechtlichen Fiasko endet, zeigen wir die wichtigsten Punkte für eine Stellenausschreibung auf!

Immer mehr Weihnachtsmannvermittlungen suchen fähige Mitarbeiter* für das Verteilen von Give-Aways in der Fußgängerzone, das Posieren mit Kunden einer Shoppingmall für ein schönes Erinnerungsbild mit dezentem Werbezug im Hintergrund oder für Besuche rund um den Heiligen Abend bei Familien oder Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, um die lieben Kleinen zu beschenken.

Um fündig zu werden, würde bestimmt mancher gern wie folgt inserieren:

Älterer Herr mit perfekten Deutschkenntnissen und christlicher Konfession als glaubhafter Vermittler der Frohen Botschaft als Weihnachtsmann gesucht.

So ginge es wohl nicht…

Dass dies – über zehn Jahre nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) – nicht möglich ist, dürfte wohl jedem klar sein. Wie aber könnte man einen fleißigen Weihnachtshelfer suchen, ohne in Konflikt mit dem Gesetz zu treten? Darf es überhaupt ein Weihnachtsmann sein oder ginge nicht auch eine Weihnachtsfrau? Kann man ältere – weil authentischere – Herren bevorzugen? Wieviel Kenntnisse der deutschen Sprache darf man verlangen? Und muss ein Weihnachtsmann wirklich christlich sein?

Herren bevorzugt?

Grundsätzlich müssen Ausschreibungen geschlechtsneutral formuliert sein, um sich nicht dem Verdacht der Geschlechtsdiskriminierung auszusetzen. In diesem konkreten Fall aber spricht einiges dafür, dass tatsächlich ein Mann gesucht werden darf.

Denn nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung zulässig, wenn gerade das Geschlecht des Bewerbers wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Dies wird bei beruflichen Tätigkeiten, bei denen die authentische Erfüllung einer Aufgabe von einem bestimmten Geschlecht abhängig ist, bejaht.

Für wen sollte dies mehr gelten, als für den Weihnachtsmann? Wenn wir an die Weihnachtszeit denken, dann schießen uns Gedanken an geschmückte Tannenbäume, Plätzchen und eben den dicken gemütlichen Herren mit Rauschebart und rotem Mantel in den Kopf – und nicht an eine „Lady in Red″. Insofern dürfte hier die Möglichkeit bestehen, die Ausschreibung ausnahmsweise nur an Männer zu richten.

Alter vor Schönheit?

Schwieriger dürfte dies hinsichtlich des Alters des Bewerbers werden. Auch hier könnte § 8 Abs. 1 AGG möglicherweise helfen. EuGH und BAG bejahen das Alter als entscheidende berufliche Anforderung, wenn damit eine besondere Eigenschaft (konkret körperliche Fitness) regelmäßig verknüpft ist (EuGH, Urteil v. 12. Januar 2010 – C-229/08; BAG, Urteil v. 22.05.2014 – 8 AZR 662/13). Da der Weihnachtsmann im echten Leben nur höchst selten durch den Kaminschlot kommt, wird man von einem Bewerber wohl keine besondere körperliche Fitness erwarten dürfen.

Aber selbst wenn: Das Klettern durch einen Kaminschacht und die mit dieser Aufgabe verbundene Kondition wird typischerweise eher ein jüngerer Kandidat aufbringen. Daher kann man so nur schwerlich die Suche nach einem älteren Anwärter begründen. Erschwerend kommt hinzu, dass man durch Schminke und (angeklebten) Bart ein höheres Alter vergleichsweise gut auch bei einem jüngeren Mann suggerieren kann.

„Oh du fröhliche″ bitte akzentfrei?

Darf gefordert werden, dass der gesuchte Weihnachtsmann perfektes Deutsch spricht bzw. Muttersprachler ist? Hierin läge sicher eine (mittelbare) Diskriminierung Nicht-Deutscher. Diese wäre wiederum nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig, wenn die Sprachkenntnisse eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen. Dies richtet sich grundsätzlich nach Art der Tätigkeit.

Der Darsteller muss jedenfalls im Gespräch mit Kindern sehr gute Deutschkenntnisse aufweisen, da diese oft weniger gut zu verstehen sind als Erwachsene, und viele, viele Fragen an den lang herbeigesehnten Gabenbringer haben. Insofern dürfte es gerechtfertigt sein, dies auch in der Stellenausschreibung so zu fordern.

Suche nach Weihnachtsmännern mit „hoher Kommunikationsfähigkeit in deutscher Sprache“ zulässig

Dennoch will die Formulierung gut gewählt werden: Nicht empfehlenswert ist die Forderung nach „Deutsch als Muttersprache“. Die erworbene Muttersprache ist nämlich typischerweise mit der Herkunft und damit auch mit dem in § 1 AGG genannten Grund „ethnische Herkunft“ verknüpft Ein Arbeitgeber bringt mit der in der Stellenausschreibung enthaltenen Anforderung „Deutsch als Muttersprache“ zum Ausdruck, lediglich Interesse an der Gewinnung von Beschäftigten zu haben, die im deutschen Sprachraum aufgewachsen sind. Selbst wenn es dem Arbeitgeber hierbei um die bestmögliche Verrichtung der Tätigkeit geht, muss er dann substanziiert vortragen, dass es zur Erreichung dieses Ziels erforderlich und angemessen ist, von den Bewerbern zu verlangen, dass sie „Deutsch als Muttersprache“ beherrschen (BAG, Urteil v. 29. Juni 2017 – 8 AZR 402/15), also warum es nicht genügt Deutsch einfach nur „sehr gut″ zu beherrschen.

Zulässig ist hingegen die Suche nach einem Bewerber mit „sehr guten Deutschkenntnissen″ (BAG, Urteil v. 23. November 2017 – 8 AZR 372/16) oder mit „hoher Kommunikationsfähigkeit in deutscher Sprache″ (Hessisches LAG, Urteil v. 12. Juni 2015 – 14 Sa 1075/14).

Herbei, oh Ihr Gläubigen…

… oh kommet, oh kommet, spielt Weihnachtmann! Alle Andersgläubigen jedoch sollen sich bitte gar nicht erst bewerben. Geht das? Schwerlich! Zwar sieht § 9 AGG spezielle Fallgestaltungen vor, in denen die unterschiedliche Behandlung wegen der Religion zulässig sein sollen. Dies gilt jedoch in erste Linie für die Angestellten von Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen.

Jedoch kann auch hier wiederum die Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellen. Dies kann nach Stimmen in der Literatur beispielsweise der Fall sein, wenn die geschuldete Aufgabe auf die Vermittlung, Verkündung oder praktische Umsetzung der Religion abzielt. Aber ist das beim Weihnachtsmann tatsächlich der Fall?

Zurückzuführen ist die Gestalt des Weihnachtsmannes wohl auf den heiligen Nikolaus. So weit, so „christlich″ sind seine Wurzeln. Sein heutiges Erscheinungsbild – dickbauchig und in Rot – verdankt er hingegen Coca-Cola. Schon weniger christlich…

Aber letztlich ist entscheidend, für welche Aufgaben unser Weihnachtsmann angestellt wird. Bei seinen typischen Gesprächen mit Kindern wird er maximal überprüfen, ob die Kleinen schön artig waren, nicht aber ob sie überhaupt wissen, was da Ende Dezember eigentlich gefeiert wird. Und darüber klären Weihnachtsmänner in der Regel auch nicht auf, geschweige denn, dass sie die frohe Botschaft von Jesu‘ Geburt selbst verkünden. Insofern ist völlig unerheblich, woran der freundliche Herr mit Rauschebart glaubt.

Und die Moral von der Geschicht‘

„Weihnachtsmann mit sehr guten Deutschkenntnissen gesucht!″ So knapp sollte unsere Stellenanzeige formuliert sein – und nur danach sollte die Einstellung beurteilt werden.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: AGG Stellenausschreibung Weihnachtsmann