Die Koalition nimmt den Ticketzweitmarkt für Sport- und Kulturveranstaltungen in den Blick: Durch Transparenz und Preisobergrenzen sollen Verbraucher und Veranstalter geschützt werden.
Das Thema Ticketzweitmarkt steht gemäß dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode auf der Agenda, nachdem das Vorhaben einer Regulierung zum Schutz von Verbrauchern* und Veranstaltern in der letzten Legislaturperiode nicht umgesetzt wurde. Erfahren Sie hier mehr zum Status quo und den künftigen Plänen der neuen Regierung.
Was bedeutet „Ticketzweitmarkt“?
Ticketzweitmarkt bezeichnet den kommerziellen Handel mit Eintrittskarten zu Sport- und Kulturevents durch Weiterverkäufer von Tickets, die der jeweilige Veranstalter des Events nicht zum (Weiter-)Verkauf der Tickets autorisiert hat. Der Ticketzweitmarkt wird in großem Stil durch Online-Marktplätze und Ticketplattformen bedient. Je nach Nachfrage des Events kann es auf dem „Ticketzweitmarkt“ zu Angeboten von Tickets zu Preisen, die den Originalpreis eines Tickets erheblich übersteigen, kommen. Zudem häuften sich in den letzten Jahren Beschwerden von frustrierten Verbrauchern über auf dem Zweitmarkt gekaufte Tickets, die – teilweise trotz eingeräumter „Ticketgarantien“ – durch den nicht autorisierten Weiterverkauf oftmals ihre Gültigkeit verloren haben und der Kartenkäufer daher mit dem Ticket keinen Zutritt zur gebuchten Veranstaltung erhielt.
Namhafte Veranstalter von Sport- und Kulturevents kämpfen seit Jahren gegen den kommerziellen Tickethandel im Internet zu überhöhten Preisen. Dieser schädige Künstler, Veranstalter und Kartenkäufer gleichermaßen. Sie argumentieren, dass kommerzielle Tickethändler zu einer „Verknappung″ des Angebots von Eintrittskarten beitragen, indem sie frühzeitig große Kartenkontingente aufkaufen, um diese mit erheblichen Preisaufschlägen weiterzuverkaufen. Oftmals werden Tickets auch schon vor Beginn des offiziellen Vorverkaufs angeboten, z.B. über sog. Ticket-Alerts, obwohl sie am Markt noch gar nicht erhältlich sind.
Derzeitige Rechtslage: Der Ticketzweitmarkt ist in Deutschland bisher nicht reguliert
Der nicht autorisierte Handel mit Veranstaltungstickets ist in Deutschland nicht reguliert. Bisher müssen sich die Veranstalter zur Durchsetzung ihrer Interessen gegen den Handel mit Tickets auf dem Zweitmarkt im Wesentlichen auf vertragliche Ansprüche stützen: Veranstalter können in ihre Ticketverkaufsbedingungen Regelungen zu Weiterverkaufsverboten und -beschränkungen aufnehmen, die – je nach Ausgestaltung und insbesondere bei sog. personalisierten Tickets – nicht nur für den Ersterwerber eines Tickets, sondern auch für alle weiteren Käufer verbindlich sind. Von dieser Möglichkeit wird seit einigen Jahren vor allem für begehrte Sport- und Kulturveranstaltungen Gebrauch gemacht. Auf vertraglicher Ebene ermöglichen derartige Regelungen die Sperrung von Tickets, deren Weiterverkauf gegen die Regelungen in den Ticket-AGB verstößt, und/oder die Geltendmachung von Vertragsstrafen. Die Sperrung von Tickets hat zur Folge, dass der Kartenkäufer, der (in der Regel „gutgläubig“) eine Karte auf dem Ticketzweitmarkt erworben hat, dennoch keinen Einlass zur Veranstaltung erhält.
Veranstalter müssen aktuell in jedem Einzelfall gesondert tätig werden und im Falle eines Rechtsstreits den Nachweis erbringen, dass der Weiterverkäufer an ihre AGB gebunden ist und hiergegen verstoßen hat. Praktische Probleme bereitet dabei vor allem die Ermittlung der Identität des Weiterverkäufers, wenn dieser Tickets nicht über eine eigene Website zum Kauf anbietet, sondern über eine der zahlreichen Ticketplattformen.
Neben Ansprüchen aus dem Vertragsrecht steht den Veranstaltern aktuell und auf den jeweiligen Einzelfall bezogen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zur Verfügung, um insbesondere Unterlassungsansprüche gegen kommerzielle nicht-autorisierte Weiterverkäufer von Tickets und Ticketplattformen durchzusetzen. Anknüpfungspunkt etlicher gerichtlicher Entscheidungen zu Gunsten der Veranstalter hierzu sind insbesondere eine Irreführung der (potentiellen) Kartenkäufer über die „Verkehrsfähigkeit“ von Tickets (siehe dazu z.B. LG München I: Unterlassungsanspruch wegen Schwarzhandel mit Oktoberfest-Tischreservierungen, Urteil vom 8. Oktober 2021 – 3 HK O 5593/20), wie im Rahmen von sog. Ticketgarantien, und über die „Verfügbarkeit“ von Tickets, wenn diese auf dem Sekundärmarkt schon angeboten werden, obwohl der offizielle Vorverkauf der Tickets noch gar nicht begonnen hat (sog. Leerverkäufe, siehe dazu z.B. LG München I (37. Zivilkammer), Endurteil vom 26. Juli 2024 – 37 O 2100/22, noch nicht rechtskräftig).
Zum Schutz von Verbrauchern wurde mit Wirkung ab dem 28. Mai 2022 und basierend auf der sog. Omnibus Richtlinie der EU (Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der EU-Verbraucherschutzvorschriften) in Form des Anhangs Nr. 23a zu § 3 Abs. 3 UWG ein neuer Verbotstatbestand geschaffen. Der Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG enthält eine Liste von geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern, die als unzulässig gelten. Nach Nummer 23a des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist der Wiederverkauf von Eintrittskarten für Veranstaltungen an Verbraucher stets unzulässig, wenn der Gewerbetreibende die Eintrittskarten unter Verwendung automatisierter Verfahren erworben hat, die dazu dienen, Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der von einer Person zu erwerbenden Eintrittskarten oder andere für den Verkauf der Eintrittskarten geltende Regeln zu umgehen. Konkret bedeutet dies ein Verbot des Weiterverkaufs von Eintrittskarten, wenn diese unter Einsatz von sog. „Ticket Bots″ oder „Ticket-Kauf-Software″ erworben wurden. Gerichtliche Entscheidungen zu dieser Norm sind jedoch derzeit nicht bekannt.
Damit hat jedoch der deutsche Gesetzgeber den ihm durch die Richtlinie zustehenden Gestaltungsspielraum nicht ausgeschöpft: Denn in Erwägungsgrund 50 der Omnibus Richtlinie der EU ist geregelt, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, andere Maßnahme zu treffen, um die berechtigten Interessen der Verbraucher zu schützen und die Kulturpolitik sowie einen breiten Zugang aller zu Kultur- und Sportveranstaltungen sicherzustellen, etwa „die Regulierung der Wiederverkaufspreise für Eintrittskarten“.
Ziel der Koalition: Regulierung des Ticketzweitmarkts
Ein Vorhaben zur Regulierung des Ticketzweitmarkts war bereits auf Initiative der SPD in der vormaligen Koalition geplant. Die SPD-Bundestagsfraktion hat hierzu Positionspapiere veröffentlicht, die die „Abzocke von Fans“ durch Onlinehändler beenden und Preisobergrenzen für den Weiterverkauf ermöglichen sollen.
Die neue schwarz-rote Regierung nimmt nun nochmals den Anlauf, den Ticketzweitmarkt zu regulieren. Folgende Kernaussagen sind in Bezug auf die Regulierung des Ticketzweitmarkts im Koalitionsvertrag enthalten:
- Verbraucher sollen vor überhöhten Preisen, Intransparenz und betrügerischen Verkaufspraktiken geschützt werden.
- Veranstalter sollen besser in die Lage versetzt werden, sich gegen unlauteres Verhalten von Ticketspekulanten zur Wehr zu setzen.
- Hierfür will die neue Koalition insbesondere Preisobergrenzen ermöglichen und Transparenz über den Preis und die Verkäufer von Tickets herstellen.
- Zudem sollen Plattformen dazu verpflichtet werden, gemeldete Falschangabe nach dem „notice and takedown“-Prinzip zu entfernen; sie sollen dazu ein Meldesystem bereithalten müssen.
Mit Spannung bleibt abzuwarten, wie die Pläne der neuen Koalition in der Gesetzgebung umgesetzt werden.
Wir informieren Sie in unserer Blog-Serie zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD fortlaufend mit aktuellen Beiträgen zu diesem Thema. Sie können diese Blog-Serie über den RSS-Feed abonnieren und werden von uns über neue Beiträge informiert.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.