23. Juli 2025
Markenrecht

Schwarz und edel? Nicht bei Champagner – das EuG stoppt „NERO CHAMPAGNE“

Geschützte Herkunftsbezeichnungen haben in der EU großes Gewicht – sie können verhindern, dass Marken eingetragen werden, die ihren Ruf unlauter ausnutzen.

Die Europäische Union (EU) ist geprägt von kultureller Vielfalt. Ob Sprache, Tradition oder Kulinarik – kaum ein geografisches Gebiet ist so facettenreich, wie das der EU-Mitgliedstaaten. Genau diese Vielfalt will die EU aktiv schützen und erhalten.

Geografischer Ursprung als Schutzgut

Ein wichtiges Instrument dafür sind die EU-Qualitätsregelungen. Sie verfolgen das Ziel, die besonderen Eigenschaften von Lebensmitteln und anderen Erzeugnissen zu schützen, die eng mit ihrer geografischen Herkunft verbunden sind.

Eine solche Regelung ist die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.). Sie kommt bei Produkten wie Lebensmitteln und Wein zur Anwendung und dient dem Schutz traditioneller Herstellungsverfahren und regionaler Identität. Konkret muss jeder Verarbeitungsschritt – also Erzeugung, Verarbeitung und Zubereitung – in einem genau definierten geografischen Gebiet stattfinden. So kann etwa über Generationen weitergegebenes Fachwissen erhalten bleiben und die Qualität der Produkte sichergestellt werden. Das Ergebnis ist vielfältig: Produkte wie der spanische Queso Manchego, der italienische Prosciutto di Parma oder auch deutsche Spezialitäten wie der Allgäuer Bergkäse und die Thüringer Bratwurst stehen unter dem Schutz der EU-Qualitätsregelung.

Verfahren vor dem EuG: Schutz der Bezeichnung „Champagne“

Geschützte Ursprungsbezeichnungen stehen nicht nur für kulturelle Einzigartigkeit – ihnen kommt auch ein wirtschaftlicher Wert zu. Dass Wettbewerber in missbräuchlicher Weise von diesem Wert profitieren können, zeigt ein Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) vom 25. Juni 2025 (Rechtssache T-239/23). Gestritten wurde um dem beliebten Schaumwein Champagner. Die italienische Gesellschaft Nero Lifestyle meldete im Jahr 2019 beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Wortmarke „NERO CHAMPAGNE“ an. Diese Anmeldung umfasste unter anderem Weine, die angeblich den Vorgaben der geschützten Ursprungsbezeichnung „Champagne“ entsprechen sollten. 

Zwei französische Weinverbände – das Comité interprofessionnel du vin de Champagne sowie das Institut national de l’origine et de la qualité  legten daraufhin Widerspruch ein. Sie argumentierten, der italienische Anbieter könne durch die Verwendung der Bezeichnung „Champagne“ in unzulässiger Weise vom Ansehen der seit 1973 geschützten Ursprungsbezeichnung profitieren. Zudem bestehe die Gefahr, dass Verbraucherinnen und Verbraucher durch die Marke in die Irre geführt würden – denn „Champagne“ stehe nicht nur für eine Produktart, sondern für eine ganz bestimmte Herkunft und Qualität. 

Gericht urteilt: Wo Champagner draufsteht, muss auch Champagner drin sein

Nachdem das EUIPO den Widerspruch der Branchenverbände zurückgewiesen hatte, zogen diese vor das EuG. Mit Erfolg: Die Entscheidung des EUIPO wurde aufgehoben, dem Widerspruch stattgegeben und die Anmeldung der Wortmarke „NERO CHAMPAGNE“ wurde abgelehnt.

In seiner Entscheidung steckt das Gericht damit klare Grenzen zwischen Herkunftsschutz und Irreführung ab. Zwar sei es grundsätzlich möglich, eine Marke anzumelden, die eine g.U. enthält. Dabei gelte sogar die Vermutung, dass das Ansehen der g.U. nicht in unlauterer Weise ausgenutzt werde. Diese Vermutung könne jedoch durch entsprechende Nachweise widerlegt werden. Genau diese Prüfung aber habe das EUIPO fehlerhaft unterlassen und sei daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass im Fall von „NERO CHAMPAGNE“ keine Irreführungsgefahr bestehe. 

Eine solche Gefahr sei jedoch anzunehmen. Gerade in italienischen Verkehrskreisen könne der Begriff „Nero“ mit einer Rebsorte schwarzer Färbung assoziiert werden. Nach den Vorgaben der g.U. „Champagne“ sind jedoch ausschließlich Schaumweine in den Farben weiß oder rosé zulässig. 

Umfassende rechtliche Betreuung bei lebensmittelrechtlichen Fragestellungen

Zusammenfassend zeigt sich, dass geschützte Ursprungsbezeichnungen in verschiedene (Rechts-)Bereiche hineinwirken und dabei kulturell wie wirtschaftlich relevant sind. Auch die politische Bedeutung darf dabei nicht unterschätzt werden. Der damit verbundene rechtliche Rahmen ist entsprechend vielschichtig und detailliert – daher stehen wir Ihnen bei Fragen zur Auslegung oder Anwendung gerne mit unserer fachlichen Erfahrung zur Seite.

Wir haben uns in unserem Blog bereits mit ähnlichen Fragen befasst: Alle Jahre wieder: Markenrecht und geografische AngabenSchutzsiegel „geschützte geografische Angabe (g.g.A.)“ für das „Oktoberfestbier“ und „Malle“-Partys und „Oktoberfest“ – Vorsicht geboten?.

Tags: Lebensmittel Markenrecht Nero Champagne