22. Februar 2012
Arbeitsrecht

60 Arbeitstage Urlaub im Jahr? Nicht mit dem BAG!

20 Arbeitstage Urlaub pro Jahr im Fall einer 5-Tage-Woche – klar, das gibt das Gesetz vor. Viele Arbeitnehmer sind heutzutage auch an 30 Arbeitstage Urlaub pro Jahr gewöhnt. Aber gleich 60 Arbeitstage? Sicherlich ein Traum vieler Arbeitnehmer – regelmäßig wird dies mit dem Arbeitgeber aber nicht zu verhandeln sein. Gibt es aber zumindest im Fall eines (durch unwirksame Kündigung entstandenen) „Doppelarbeitsverhältnisses“ Chancen auf „Verdoppelung“ des Jahresurlaubs?

Dass dem Arbeitnehmer im Fall eines Arbeitgeberwechsels während des Kalenderjahres grundsätzlich kein doppelter Urlaubsanspruch gegenüber dem neuen Arbeitgeber zusteht, ist in § 6 BUrlG geregelt. Das BAG hatte jüngst (Urteil vom 21.02.2012, Az. 9 AZR 487/10, Pressemitteilung) darüber zu entscheiden, ob dies auch für den umgekehrten Fall gegenüber dem alten Arbeitgeber gilt, also z.B. dann, wenn nach einem Kündigungsrechtsstreit festgestellt ist, dass das Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber gar nicht aufgelöst worden ist, der Arbeitnehmer aber von seinem neuen Arbeitgeber schon Urlaub gewährt bekommen hatte.

Hintergrund war folgender: Die urlaubsbedürftige Klägerin hatte im Rahmen ihres ursprünglichen Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten einen vertraglichen Anspruch auf 29 Arbeitstage Urlaub. Die Beklagte kündigte der Klägerin. Noch während des Kündigungsrechtsstreits ging die Klägerin ein neues Arbeitsverhältnis ein. Der neue Arbeitgeber gewährte ihr 21 Arbeitstage Urlaub im Jahr 2008. Nachdem im Kündigungsrechtsstreit die Unwirksamkeit der Kündigung der Beklagten festgestellt wurde, beantragte die Klägerin gegenüber der Beklagten für die Zeit vom 14.11.2008 bis 30.12.2008 erfolglos Urlaub. Das Sächsische Landesarbeitsgericht gab der Klage auf Feststellung eines Ersatzurlaubsanspruchs von 29 Arbeitstagen mit der Begründung statt, dass § 6 Abs. 1 BUrlG nur den Urlaubsanspruch im neuen Arbeitsverhältnis ausschließe (Urteil vom 26.01.2010, Az. 7 Sa 442/09 ). Für den umgekehrten Fall enthalte die Norm aber gerade keine Regelung.

Die Chancen der Arbeitnehmer auf 60 Arbeitstage Urlaub im Jahr im Fall eines „Doppelarbeitsverhältnisses“ standen zunächst also gar nicht so schlecht. Doch nicht mit dem BAG: Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Das Gericht entschied, dass der Klägerin nur ein sog. Ersatzurlaubsanspruch von 8 Arbeitstagen zusteht. Da sie im Fall eines „Doppelarbeitsverhältnisses“ nicht gleichzeitig ihre Pflichten aus beiden Arbeitsverhältnissen erfüllen könne, besitze sie auch keinen doppelten Urlaubsanspruch. Im Umfang des ihr seitens des neuen Arbeitgebers gewährten Urlaubs (21 Arbeitstage) stehe ihr daher kein weiterer Urlaubsanspruch für das laufende Kalenderjahr gegenüber der Beklagten zu.

Nach Auffassung des BAG steht einem doppelten Urlaubsanspruch entgegen, dass ein Arbeitnehmer im Falle eines Obsiegens im Kündigungsstreit grundsätzlich so zu stellen ist, als hätte keine tatsächliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses stattgefunden. Da es sich beim Urlaub nicht um Entgelt iSd § 11 Nr. 1 KSchG und § 615 S. 2 BGB handelt, finden diese Vorschriften zwar keine unmittelbare Anwendung. Wegen der Gleichheit der Interessenlage ist allerdings eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen geboten.

Es war also nur eine leise Hoffnung von Arbeitnehmern, dass sich ihr Urlaubsanspruch auf 60 Arbeitstage verdoppeln könnte. Das BAG hat diese Illusion zerstört… Danken werden es ihm aber wohl zumindest die Arbeitgeber!

Tags: 9 AZR 487/10 Doppelarbeitsverhältnis Urlaub Urlaubsanspruch