11. März 2011
Sind Sie nicht zu alt für den Job?
Arbeitsrecht

So kann es gehen: Altersdiskriminierung, Einstellung, Entschädigung

Es gibt einige Verhaltensweisen des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren, die nach hinten losgehen können: Die Vermutung für eine Diskriminierung nach dem AGG ist schnell begründet.

Gerade bei der Stellenausschreibung können aus kleinsten Fehlern weitreichende Konsequenzen und Entschädigungsansprüche erwachsen (wir berichteten). Doch selbst wenn der Arbeitgeber diese erste Hürde mühelos und fehlerfrei meistert, ist er der AGG-Falle noch nicht entkommen. Sowohl im Bewerbungsgespräch als auch im Absageverfahren ist äußerste Sorgfalt geboten.

Ist eine Indizwirkung für einen Verstoß gegen das AGG nämlich einmal begründet, kann sich der Arbeitgeber der Verpflichtung zur Zahlung von Entschädigung in der Praxis kaum mehr entziehen. Selbst wenn der Arbeitgeber sein Verhalten „bereut″ und er den zuvor diskriminierten Bewerber letztlich doch einstellt, lässt dieses Verhalten den Entschädigungsanspruch – so nun das BAG – nicht entfallen.

Der klagenden Arbeitnehmerin war durch einen Mitarbeiter der Beklagten und potentiellen Arbeitgeberin mitgeteilt worden, dass sie für die ausgeschriebene Stelle aufgrund ihres Alters nicht in Betracht komme, worauf sie sich schriftlich bei der Beklagten beschwerte. Obwohl die Beklagte die Arbeitnehmerin daraufhin auf der ursprünglich ausgeschriebenen Position einstellte, klagte sie auf Zahlung einer Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Zu Recht? – „Ja″, urteilte das BAG (Urteil v. 18.03.2010, Az.: 8 AZR 1044/08) und bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanz (LAG Niedersachsen, 14 Sa 1769/07).

Die Arbeitnehmerin sei in einer vergleichbaren Situation aufgrund ihres Alters „ungünstiger als tatsächliche oder potenzielle Bewerber behandelt″ worden. Dies sei für den Entschädigungsanspruch ausreichend. Eine darüberhinausgehende schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung auf Seiten der Arbeitnehmerin sei ebenso wenig erforderlich wie ein Verschulden des Arbeitgebers. Vielmehr bestehe der Entschädigungsanspruch des § 15 II AGG verschuldensunabhängig; ein immaterieller Schaden sei bereits gegeben, wenn der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen habe.

Das Urteil zeigt erneut, dass in allen Stationen des Bewerbungsverfahrens – von der Ausschreibung bis hin zu einer ggf. erforderlichen Absage – genau auf die Wortwahl und den Inhalt der Kommunikation zu achten ist, da der Entschädigungsanspruch nicht nur durch direktes Verhalten des Arbeitsgebers selbst, sondern – wie im vorliegenden Fall – auch durch (unüberlegte) Handlungen seiner Mitarbeiter begründet werden kann. Zudem reichen Indizien für die erfolgreiche Geltendmachung eines solchen Anspruchs bereits aus. Arbeitgebern ist daher dringend zu raten, ihre Mitarbeiter entsprechend zu schulen und eine Sensibilität für kritische Punkte und Aussagen rund um das Bewerbungsverfahren im Zusammenhang mit dem AGG zu entwickeln.

Tags: Absage Absageverfahren AGG Altersdiskriminierung BAG Az.: 8 AZR 1044/08 Bewerbungsgespräch Bewerbungsverfahren Bundesarbeitsgericht Einstellung Entschädigung Indizwirkung LAG Niedersachsen 14 Sa 1769/07 § 15 AGG