DHV erfüllt Voraussetzungen der Tariffähigkeit nicht – es fehlt ihr an Durchsetzungskraft. Als Folge sind die Tarifverträge unwirksam.
Das ArbG Hamburg hat entschieden, dass die DHV nicht tariffähig ist (Beschl. v. 19.06.2015 – 1 BV 2/14, vgl. Pressemitteilung v. 19.06.2015). Das Verfahren wurde dabei von zahlreichen DGB-Gewerkschaften, u.a. der IG Metall, ver.di und NGG, angestoßen. Dabei sollte festgestellt werden, dass die „DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V.“ mangels Tariffähigkeit keine Tarifverträge abschließen kann.
DHV ohne Durchsetzungskraft
Damit eine Gewerkschaft tariffähig ist, muss sie frei gebildet, gegnerfrei, unabhängig und auf überbetrieblicher Grundlage organisiert sein sowie das geltende Tarifrecht als verbindlich anerkennen. Darüber hinaus muss sie über Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler und über eine leistungsfähige Organisation verfügen, um in der Lage zu sein, die ihr gestellten Aufgaben zu erfüllen. Nur wenn sie entsprechend durchsetzungskräftig ist, ist sie im Stande, Arbeitnehmerrechte auch gegenüber Arbeitgebern oder Arbeitgeberverbänden durchzusetzen.
Eine solche Durchsetzungskraft konnte das ArbG Hamburg bei der DHV nicht erkennen. Im Hinblick auf die zu vertretenen Beschäftigten im fachlichen Geltungsbereich weist die DHV nämlich nur einen Organisationsgrad von unter 0,1 % aus. Das ArbG Hamburg stellte auch keinen ausreichenden Organisationsgrad in einem erheblichen Teilbereich fest. Auch der Umstand, dass die DHV in der Vergangenheit Tarifverträge abgeschlossen hat, genügte nicht. Dies soll insbesondere auch vor dem Hintergrund gelten, dass sich der Zuständigkeitsbereich der DHV in der Vergangenheit immer wieder verändert hat.
Gegen die Entscheidung des ArbG Hamburg ist die Beschwerde zum LAG Hamburg möglich.
Teilnahme am Tarifgeschehen allein nicht (mehr) ausreichend
Die Entscheidung überrascht zunächst, wurde doch vom LAG Hamburg (Beschl. v. 18.02.1997 – 2 TaBV 9/95) die Tariffähigkeit der DHV schon rechtskräftig festgestellt. Die insoweit abweichende Entscheidung aus Hamburg dürfte dabei dem Umstand geschuldet sein, dass das BAG im Jahr 2010 seine Rechtsprechung zur Anerkennung der Tariffähigkeit von Gewerkschaften angepasst hat (Beschl. v. 05.10.2010 – 1 ABR 88/09 „GKH″). Hatte der 1. Senat entscheidend auf den Teilnahme der Arbeitnehmervereinigung am Tarifgeschehen durch den Abschluss von Tarifverträgen als Indiz für eine entsprechende Durchsetzungskraft abgestellt (Beschl. v. 28.03.2006 – 1 ABR 58/04 „CGM″), muss die Arbeitnehmervereinigung nunmehr bereits im Gründungsstadium über eine hinreichende Anzahl von Mitgliedern und eine entsprechende Organisationsstruktur verfügen, um überhaupt als Gewerkschaft anerkannt zu werden – die Gründung neuer Arbeitnehmervereinigungen dürfte aufgrund dieser Anforderungen zumindest nicht erleichtert werden. Dies führt mittelbar zu einer nicht gerechtfertigten Privilegierung bereits anerkannter Gewerkschaften, die sich unter erleichterten Umständen eine ggf. „lästig werdende Konkurrenz im eigenen Lager vom Hals schaffen können″.
Tarifverträge der DHV unwirksam – kein Abweichen vom equal pay-Grundsatz
Der Beschluss des ArbG Hamburg ist zudem für die Zeitarbeit sehr interessant, da die DHV als eine im CGB organisierte Gewerkschaft im Jahr 2010 mit dem AMP sog. mehrgliedrige Tarifverträge abgeschlossen hat, die von zahlreichen Personaldiensteistern nach der Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP angewendet wurden, um vom equal pay-Grundsatz abzuweichen. Diese sind – zumindest auf Grundlage der Feststellungen des ArbG Hamburg – mit Blick auf die Tarifunfähigkeit der DHV unwirksam. Mit Ausnahme der CGM sind nunmehr alle am mehrgliedrigen Tarifvertrag beteiligten christlichen Gewerkschaften (ALEB, BIGD und medsonet) für tarifunfähig erklärt worden mit der Folge, dass zumindest im Zuständigkeitsbereich dieser Gewerkschaften nicht vom equal pay-Grundsatz abgewichen werden konnte.
Weitere Einzelheiten dazu entnehmen Sie der Juli-Ausgabe des „Infobriefs Zeitarbeit“, mit dem wir jeden Monat über aktuelle Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Einsatz von Fremdpersonal informieren. Sollten Sie Interesse haben, diesen zu beziehen, schreiben Sie mir bitte eine kurze E-Mail (alexander.bissels@cms-hs.com).