13. Dezember 2016
Verzugspauschale Arbeitsrecht
Arbeitsrecht

Verzugspauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht

Mit Wirkung zum 29. Juli 2014 gilt die Verzugspauschale des § 288 Abs. 5 BGB. Die Rechtsprechung tendiert zu einer Anwendbarkeit auch im Arbeitsrecht.

Der Gläubiger einer Entgeltforderung, deren Schuldner kein Verbraucher ist, hat gegen diesen einen Anspruch auf Zahlung einer Verzugspauschale in Höhe von EUR 40. So legt es der § 288 Abs. 5 BGB fest.

Anwendbarkeit des § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsrecht?

Mit der Einführung der Verzugspauschale stellte sich die Frage, ob diese auch für Vergütungsansprüche aus Arbeitsverhältnissen gilt. Der Wortlaut der Norm lässt keine Einschränkungen erkennen. Da es jedoch im Arbeitsrecht – anders als im allgemeinen Zivilrecht – keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gibt, ist umstritten, ob die gesetzliche Neuregelung auch im Arbeitsrecht Anwendung finden soll.

ArbG Düsseldorf: Verzugspauschale nicht anwendbar

Das ArbG Düsseldorf (Urteil v. 12.05.2016 – 2 Ca 5416/15) lehnte die Anwendung der Verzugspauschale ab. Die Richter vertraten die Rechtsauffassung, der Anwendbarkeit von § 288 Abs. 5 S. 1 BGB stehe § 12a ArbGG analog entgegen. Gemäß § 12a ArbGG besteht im Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands.

Die Richter des ArbG Düsseldorf sahen hier eine planwidrige Regelungslücke. Nach § 288 Abs. 5 S. 3 BGB sei die Pauschale auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet sei.

Nunmehr haben sich die ersten Landesarbeitsgerichte zu Wort gemeldet und in Abweichung vom ArbG Düsseldorf die Anwendbarkeit der Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht bejaht.

LAG Baden-Württemberg: Anwendbarkeit im Arbeitsrecht gewollt

Nach Ansicht der Richter des LAG Baden-Württemberg (Urteil v. 13.10.2016 – 3 Sa 34/16) habe der deutsche Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 288 Abs. 5 BGB – abweichend von der Zahlungsverzugsrichtlinie – nicht auf Verträge zwischen Unternehmern beschränkt, sondern auch Verbraucher in der Rolle des Gläubigers mit erfasst. Aus diesem Grund habe der Gesetzgeber die Anwendbarkeit von § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht gezielt beabsichtigt. Ansprüche auf Arbeitsentgelt bildeten den Hauptanwendungsfall für Ansprüche von Verbrauchern gegenüber Unternehmern. Der Gesetzgeber habe somit gezielt auch den Schutz von Arbeitnehmern im Blick gehabt.

Auch § 12a ArbGG stehe der Anwendbarkeit von § 288 Abs. 5 BGB nicht entgegen. Zweck der Verzugskostenpauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB sei die pauschale Entschädigung des Gläubigers für seine internen Beitreibungs- und Mahnkosten. Der pauschale Anspruch auf 40 EUR entstehe unabhängig von einem tatsächlichen Verzugsschaden. Auch wenn der Arbeitnehmer im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich keine Erstattung seiner Rechtsverfolgungskosten verlangen könne, solle er gemäß § 288 Abs. 5 BGB im Verzugsfall wenigstens eine geringere (pauschale) Entschädigung erhalten.

LAG Köln: Verzugspauschale als Erweiterung der gesetzlichen Regelungen

Diese Auffassung vertrat auch das LAG Köln (Urteil v. 22. November 2016 – 12 Sa 524/16) und entschied, dass ein Arbeitgeber, der Arbeitslohn verspätet oder unvollständig auszahle, dem Arbeitnehmer gemäß § 288 Abs. 5 BGB einen Pauschal-Schadensersatz in Höhe von 40 EUR zu zahlen habe.

Die Richter lehnten eine Ausnahme für das Arbeitsrecht ab. Bei der 40 EUR-Pauschale handele es sich um eine Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins, der auch auf Arbeitsentgeltansprüche zu zahlen sei. Auch der Zweck der gesetzlichen Neuregelung – die Erhöhung des Drucks auf den Schuldner, Zahlungen pünktlich und vollständig zu erbringen – spreche für eine Anwendbarkeit zugunsten von Arbeitnehmern, die ihren Lohn unpünktlich oder unvollständig erhalten.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision ans Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Ausblick: Arbeitgeber müssen bei Verzug mit Pauschalzahlung rechnen

Bei der zweitinstanzlichen Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte zeichnet sich die überwiegende Ansicht ab, dass § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsrecht anwendbar ist.

Es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG dieser Rechtsauffassung anschließt. Arbeitgeber sollten sich jedoch darauf einstellen, dass sie im Falle eines Verzuges neben dem entsprechenden Verzugslohn auch die Pauschale in Höhe von 40 EUR bezahlen müssen.

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