7. März 2023
Arbeitsrecht Herausforderungen der Energieversorgung

Arbeitsrechtliche Aspekte der Energiepreisbremsen

Staatliche Entlastung verlangt Erhalt von Arbeitsplätzen und Verbote von Boni & Dividenden: Wir zeigen arbeitsrechtliche Folgen und Pflichten für Arbeitgeber.

Am 15. Dezember 2022 hat der Bundestag das Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung weiterer Vorschriften (EWPBG) sowie das Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen (StromPBG) beschlossen. Nachdem die Gesetze schon am darauffolgenden Tag den Bundesrat passiert hatten (EWPBG, StromPBG), sind sie pünktlich zu Weihnachten am 24. Dezember 2022 in Kraft getreten (BGBl. 2022 I S. 2512, 2560). Die für Unternehmen vorgesehenen Entlastungen sind an zahlreiche Voraussetzungen geknüpft, zwei davon betreffen Unternehmen in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber (eine Einführung finden Sie hier). Das EWPBG und das StromPBG enthalten nahezu wortgleich eine Pflicht zur Erhaltung von Arbeitsplätzen (§§ 29 EWPBG, 37 StromPBG) und ein Verbot zur Gewährung von Boni und Dividenden (§§ 29a EWPBG, 37a StromPBG). Die Arbeitsplatzerhaltungspflicht war bereits im ursprünglichen Gesetzesentwurf (BT-DS 20/4683; BT-DS 20/4685) enthalten. Das Boni- und Dividendenverbot ist jedoch erst mit der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (BT-DS 20/4911; BT-DS. 20/4915) dazugekommen. Die gesetzlichen Regelungen enthalten einige Ungereimtheiten, wichtige Detailfragen sind nach wie vor ungeklärt.

Deckelung der Förderung und Entlastung für Unternehmen durch die Arbeitsplatzerhaltungspflicht

Unternehmen erhalten nach dem Gesetz nur dann eine Förderung über EUR 2 Mio., wenn sie sich in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang zur Erhaltung ihrer Arbeitsplätze verpflichten. Wer sich nicht zur Beschäftigungssicherung verpflichtet, kann höchstens eine Förderung i.H.v. EUR 2 Mio. beanspruchen.

Bei verbundenen Unternehmen gilt die Obergrenze jeweils für die einzelnen Unternehmen (BT-DS 20/4683, S. 92; BT-DS 20/4685, S. 111). Abweichend von anderen Vorschriften des jeweiligen Gesetzes erfolgt keine Konzernbetrachtung. Es wird also jedes Konzernunternehmen mit EUR 2 Mio. gefördert, auch wenn keines der Konzernunternehmen sich zum Arbeitsplatzerhalt verpflichtet.

Die Entlastungen nach dem EWPBG und dem StromPBG werden dabei zusammengerechnet. Weitere Entlastungsmaßnahmen bleiben hingegen unberücksichtigt. Anders als z.B. beim Boni- und Dividendenverbot wird der Begriff der Entlastungssumme, der auch Entlastungsmaßnahmen außerhalb der Preisbremsengesetze erfasst (vgl. §§ 2 Nr. 4 EWPBG, 2 Nr. 5 StromPBG), in § 29 EWPBG bzw. § 37 StromPBG nicht verwendet.

Variante 1: Beschäftigungssicherung durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung

Die Beschäftigungssicherung kann durch Abschluss eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung erfolgen (§ 29 Abs. 1 S. 1 EWPBG bzw. § 37 Abs. 1 S. 1 StromPBG). Sie muss mind. den Zeitraum bis zum 30. April 2025 erfassen. Wie die Sicherung aussehen muss bzw. welche Maßnahmen zu vereinbaren sind, lässt das Gesetz jeweils offen. Dies soll vielmehr den Tarif- und Betriebsparteien überlassen bleiben. Sie sind es auch, die für die Durchsetzung Sorge tragen sollen (BT-DS. 20/4683, S. 93; BT-DS. 20/4685, S. 111).

Variante 2: Beschäftigungssicherung durch Erklärung plus Selbstverpflichtung

Wenn das Unternehmen keinen Tarifvertrag und keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen hat und auch nicht – was möglich ist – jetzt noch abschließt, kann es immer noch den Weg der Selbstverpflichtung wählen (§ 29 Abs. 1 S. 2 EWPBG bzw. § 37 Abs. 1 S. 2 StromPBG). Es muss dann eine Erklärung abgeben, warum ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung nicht zustande kam (S. 2 Nr. 1). Und das Unternehmen muss zusätzlich eine Selbstverpflichtung abgeben, in der es sich bis mind. zum 30. April 2025 verpflichtet, 90 % der am 1. Januar 2023 vorhandenen Arbeitsplatz-Vollzeitäquivalente zu erhalten (S. 2 Nr. 2).

Das Gesetz sieht vor, dass auch Stellungnahmen von Gewerkschaft und Betriebsrat eingereicht werden sollen. Das ist aber nicht zwingend (BT-DS 20/4683, S. 92; BT-DS 20/4685, S. 111).

Nachweis über Beschäftigungssicherung bis 15. Juli 2023 erforderlich

Die Unternehmen müssen ihre Verpflichtung, also Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung bzw. Erklärung und Selbstverpflichtung, bis zum 15. Juli 2023 nachweisen (§ 29 Abs. 2 EWPBG bzw. § 37 Abs. 2 StromPBG). Der Nachweis hat gegenüber der Prüfbehörde zu erfolgen. Welche Behörde das ist, wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) immer noch nicht bestimmt.

Unternehmen, die keinen Nachweis vorlegen, können höchstens EUR 2 Mio. an Förderung erhalten. Haben Unternehmen bis Juli höhere Entlastungsbeträge erhalten, aber keinen Nachweis vorgelegt, müssen sie die Beträge über EUR 2 Mio. erstatten bzw. die Prüfbehörden müssen übersteigende Beträge zurückfordern (§ 29 Abs. 2 S. 3 u. 4 EWPBG bzw. § 37 Abs. 2 S. 3 u. 4 StromPBG). Ein Ermessen haben die Behörden hier nicht.

Zusätzlicher Nachweis über die Arbeitsplatzentwicklung bei Selbstverpflichtung

Wenn das Unternehmen eine Selbstverpflichtung abgegeben hat, muss es im Nachgang einen durch einen Prüfer* testierten Abschlussbericht vorlegen (§ 29 Abs. 3 EWPBG bzw. § 37 Abs. 3 StromPBG). Er dient als Grundlage für eine Überprüfung durch die Prüfbehörde und hat mind. die Arbeitsplatzentwicklung über den Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 30. April 2025 darzustellen.

Im Gesetz ist kein Stichtag für den Nachweis genannt. Lt. Gesetzesbegründung soll der Nachweis in zumutbarem zeitlichen Abstand nach dem 30. April 2025, spätestens jedoch vor dem 31. Dezember 2025, erbracht werden. Wer für das Jahr 2026 Investitionen plant, die Ende 2025 noch nicht hinreichend feststehen, kann u.U. auch noch später seinen Nachweis einreichen (BT-DS 20/4683, S. 93; BT-DS 20/4685, S. 112).

Wenn das Unternehmen Arbeitsplätze abbaut, muss es die Gründe darlegen (§ 29 Abs. 3 S. 2 EWPBG bzw. § 37 Abs. 3 S. 2 StromPBG). Investitionen, die gegengerechnet werden können, müssen im Abschlussbericht durch einen Investitionsplan mitgeteilt werden (§ 29 Abs. 3 S. 3 EWPBG bzw. § 37 Abs. 3 S. 3 StromPBG).

Unternehmen, die einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung vorgelegt haben, brauchen hingegen nach dem 30. April 2025 keinen Nachweis einzureichen (BT-DS 20/4683, S. 93; BT-DS. 20/4685, S. 111 f.).

Erhaltungsquote und Berechnung der Arbeitsplatzsicherung

Maßgeblicher Ausgangspunkt sind die Arbeitsplätze am 1. Januar 2023. Es ist davon auszugehen, dass diese bzw. 90 % davon bis April 2025 durchgehend bestehen müssen, weil das Gesetz von „bis zum 30. April 2025 erhalten“ spricht und „die Arbeitsplatzentwicklung“ im Abschlussbericht dargestellt werden muss. Beides spricht dagegen, dass die Schwelle vor dem Stichtag 2025 unterschritten werden darf und erst wieder am Stichtag erreicht werden muss. Der Gesetzesbegründung ist hierzu nichts zu entnehmen.

Zur Berechnung der Beschäftigungssicherung werden Vollzeitäquivalente herangezogen (BT-DS 20/4683, S. 92; BT-DS 20/4685, S. 111). Es kommt also nicht auf den Erhalt des einzelnen Arbeitsplatzes an. Stattdessen ist die Größe der Gesamtbelegschaft maßgeblich. Bei der Berechnung „können″ – so die Gesetzesbegründung – regelmäßig überlassene Leiharbeitnehmer einbezogen werden.

Drohende Rückforderung bei Verstoß

Wird die Arbeitsplatzerhaltungspflicht nicht eingehalten, soll die Prüfbehörde Entlastungen, die EUR 2 Mio. übersteigen, ganz oder teilweise zurückfordern (§ 29 Abs. 4 EWPBG bzw. § 37 Abs. 4 StromPBG). Es handelt sich um eine Soll-Vorschrift, die Rückforderung ist also nicht zwingend, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhängig.

Eine Rückforderung droht wohl nur in den Fällen, in denen die Quote, die im Rahmen einer Selbstverpflichtungserklärung zugesagt wurde, nicht eingehalten wurde. Der Wortlaut von § 29 Abs. 4 EWPBG bzw. § 37 Abs. 4 StromPBG ist allerdings nicht ganz eindeutig, soweit er sich im Einleitungssatz auf Abs. 1 S. 2, also die Selbstverpflichtungsvariante bezieht, in der die 90 %-Quote genannt wird, und hinsichtlich der Höhe der Rückforderung u.a. auf die Höhe der Unterschreitung der vereinbarten oder zugesicherten Zahl an zu erhaltenden Arbeitsplatz-Vollzeitäquivalenten abstellt (Abs. 4 S. 2 Nr. 1). Hier dürfte es sich aber um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handeln, zumal anderenfalls – sozusagen durch die Hintertür – eine Erhaltungsquote von 90 % auch für Beschäftigungssicherungsvereinbarungen eingeführt würde. Das aber widerspricht der Systematik der §§ 29 EWPBG und 37 StromPBG und wird auch nicht durch die Gesetzesbegründungen gestützt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Prüfbehörde die Einhaltung der Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zur Beschäftigungssicherung nicht prüft, sondern deren Überwachung und Durchsetzung den Gewerkschaften und Betriebsräten überlassen bleibt. Damit liegt der Fokus in diesen Fällen auf der Arbeitsplatzsicherung und nicht auf der Förderungskürzung. Ganz sicher ist das allerdings nicht. Hier wäre mehr Klarheit wünschenswert gewesen.

Es gilt daher nur in Selbstverpflichtungsfällen:

Wird die 90-%-Grenze unterschritten, sollen mind. 20 % der Förderungen zurückgefordert werden (§§ 29 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 EWPBG, 37 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StromPBG). Wird die 90-%-Grenze um mehr als 50 % unterschritten, soll der vollständige Förderbetrag zurückgefordert werden (BT-DS 20/4683, S. 93; BT-DS 20/4685, S. 112).

Bei Umwandlungen oder Betriebsübergängen nach § 613a BGB berücksichtigt die Prüfbehörde, in welchem Umfang Arbeitsplätze erhalten geblieben sind (§§ 29 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 EWPBG, 37 Abs. 4 S. 2 Nr. 2 StromPBG).

Kompensation von Arbeitsplatzabbau durch Investitionen

Wichtig zu wissen: Ein Arbeitsplatzabbau kann durch Investitionen kompensiert werden (§§ 29 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 EWPBG, 37 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 StromPBG). Die Investitionen müssen sich auf Transformationen, den Klima- und Umweltschutz oder die Energieversorgungssicherheit beziehen und mind. 50 % des erhaltenen Förderbetrags ausgleichen. Dann darf die Zahl zugesicherter Arbeitsplätze um bis zu 50 % unterschritten werden. Die wirtschaftliche Situation des Unternehmens und seines Wirtschaftszweiges müssen von der Behörde vor einer Rückforderung ebenfalls berücksichtigt werden.

Das StromPBG enthält darüber hinaus weitere Regelbeispiele, die im EWPBG fehlen – offenbar erneut ein Redaktionsversehen. Gründe hierfür sind nämlich nicht ersichtlich. So seien Entlastungen nicht zurückzufordern, wenn „erhebliche“ Investitionen i.S.v. § 37 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 StromPBG getätigt wurden. Hingegen soll der gesamte Betrag zurückgefordert werden, wenn der Geschäftsbetrieb eingestellt oder ins Ausland verlagert wurde. Betrachtet man den Zweck der Entlastungen, ist dies nur konsequent. Denn diese sollen gerade den Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen gewährleisten.

Boni- und Dividendenverbot bei Entlastungen bzw. Förderungen über EUR 25 Mio.

Erhält ein Unternehmen Entlastungen bzw. Förderungen über EUR 25 Mio., so ist damit das Verbot verbunden, den Geschäftsleitern im Zeitraum vom 1. Dezember 2022 bis zum 31. Dezember 2023 zusätzliche Boni und andere Leistungen zu gewähren, die nicht bereits vor dem 1. Dezember 2022 vereinbart oder beschlossen waren (§§ 29a EWPBG, 37a StromPBG). Anders als bei der Arbeitsplatzerhaltungspflicht ist hier auf den weiten Begriff der Entlastungssumme abzustellen. Ab einer Entlastungssumme über EUR 50 Mio. dürfen gar keine Boni u.Ä. und auch keine Dividenden oder sonstigen Gewinnausschüttungen geleistet werden (vgl. zum Dividendenverbot auch diesen Blogbeitrag).

Unternehmen können erklären, dass sie keine Förderung über EUR 25 Mio. in Anspruch nehmen werden. Dann sind sie von dem Bonus- und Dividendenverbot befreit.

Boniverbot meint keine zusätzlichen Zahlungen für Geschäftsleiter und Aufsichtsräte

Das Boniverbot gilt für die Mitglieder der Geschäftsleitung und gesellschaftsrechtlicher Aufsichtsorgane (Aufsichtsrat, Beirat).

Das Verbot betrifft Leistungen, die nach dem 1. Dezember 2022 gewährt werden. Dem Wortlaut nach werden Boni, andere variable oder vergleichbare Vergütungsbestandteile unter Einbeziehung von etwaigen Konzernbezügen oder über das Festgehalt hinausgehende Vergütungsbestandteile i.S.d. § 87 Abs. 1 S. 1 AktG erfasst. Die Vorschrift des § 87 Abs. 1 S. 1 AktG definiert die Gesamtbezüge sehr weitgehend mit einer Klammeraufzählung als „Gehalt, Gewinnbeteiligungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte, Provisionen, anreizorientierte Vergütungszusagen wie zum Beispiel Aktienbezugsrechte und Nebenleistungen jeder Art“. Werden Aktienbezugsrechte als „anreizorientierte Vergütungszusagen“ erfasst, dann muss das auch für alternative Modelle wie Restricted Stock Units (RSU) oder Phantom Stocks gelten.

Boniverbot gilt wohl auch für Leistungen Dritter

Ein Fragezeichen bleibt für Leistungen, die nicht vom Arbeitgeber, sondern einem Dritten gewährt werden. Das ist für Aktienbezugsrechte u.Ä. meist der Fall. Nach Aktienrecht erfasst der Vergütungsbegriff alle Leistungen, unabhängig davon, ob sie von der Arbeitgeber-Gesellschaft oder einem Dritten gewährt werden (BGH, 28. April 2015 – II ZR 63/14, NZG 2015, 792). Der Gesetzeswortlaut des § 29a EWPBG bzw. § 37a StromPBG stellt auf Leistungen ab, die vom Unternehmen gewährt werden – unter Einbeziehung von etwaigen Konzernbezügen. Nach der Begründung ist mit „gewähren“ die Auszahlung eines Betrages oder das Zukommenlassen eines anderen wirtschaftlichen Vorteils gemeint (BT-DS 20/4911, S. 127; BT-DS 20/4915, S. 152). Die Vorschrift dürfte daher so zu lesen sein, dass auch die Leistung eines Dritten, die über das Dienstverhältnis mit der arbeitgebenden Gesellschaft zustande kommt, als „gewährt“ erfasst wird.

Bei einer Vergütung, die an das EBITDA geknüpft ist, ist die gezahlte Entlastung bei Ermittlung des EBITDA nicht anrechnungsfähig (§§ 29a Abs. 2 EWPBG, 37a Abs. 2 StromPBG). Das gilt ausdrücklich auch für Vergütungszahlungen nach dem 31. Dezember 2023.

Auch Deckelung der Grundvergütung für Geschäftsführer und Vorstände

Die Grundvergütung der Geschäftsführer und Vorstände wird auf den Stand vor dem 1. Dezember 2022 eingefroren und darf nicht erhöht werden, es sei denn, zum Inflationsausgleich (§§ 29a Abs. 3 EWPBG, 37a Abs. 3 StromPBG). Bei nach dem 1. Dezember 2022 neu eingestellten Geschäftsleitern darf die Grundvergütung vergleichbarer Geschäftsleiter nicht überschritten werden.

Keinerlei Boni und Dividenden ab EUR 50 Mio. Förderung

Bei einer Entlastungssumme von über EUR 50 Mio. dürfen Geschäftsleitern und Aufsichtsräten überhaupt keine Boni und variablen Vergütungen etc. mehr gewährt werden (§§ 29a Abs. 4 EWPBG, 37a Abs. 4 StromPBG).

Nach Abs. 5 sind dann auch Dividenden und sonstige Gewinnausschüttungen nicht mehr zulässig.

Keine Beschränkungen bei Verzicht auf Förderung bis zum 31. März 2023

Unternehmen, die bis zum 31. März 2023 erklären, dass sie eine Förderung über EUR 25 Mio. nicht in Anspruch nehmen werden, sind nicht an die Beschränkungen für Geschäftsleiter und Aufsichtsräte bzw. zur Dividendenzahlung und Gewinnausschüttung gebunden (§§ 29a Abs. 6 EWPBG, 37a Abs. 6 StromPBG). Die Erklärung kann formlos erfolgen. Da das BMWK die zuständige Prüfbehörde wie gesagt noch immer nicht bestimmt hat, ist weiterhin fraglich, an welche Behörde die Erklärung zu adressieren ist.

Erfasste Entlastungen und Förderungen

Erfasst sind nicht nur Leistungen nach dem EWPBG und StromPBG. Hier wird vielmehr auf den Begriff der Entlastungssumme abgestellt (vgl. § 2 Nr. 4 EWPBG bzw. § 2 Nr. 5 StromPBG), wenn auch mit gewissen Modifikationen. Abs. 7 der Vorschriften definiert, was in Bezug auf Boni- und Dividendenverbot als Entlastungssumme gilt. Entlastungsbeträge nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz werden nicht berücksichtigt, soweit es um die Berechnung der Schwellenwerte geht. Andererseits werden Zahlungen nach den Härtefallregelungen von Bund und Bundesländern aufgrund gestiegener Energiekosten infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine sowie weiterer Vorschriften (§ 36a SGB IX und § 26f Krankenhausfinanzierungsgesetz) berücksichtigt.

Keine Bußgelder und Ordnungswidrigkeiten

Die Bußgeldvorschriften in den §§ 38 EWPBG, 43 StromPBG betreffen weder die Pflicht zur Arbeitsplatzerhaltung noch das Boni- und Dividendenverbot. Die Konsequenzen liegen also allein in der Beschneidung der Förderung und der möglichen Rückforderungen.

Unternehmen müssen Personal- und Förderbedarfe prüfen

Unternehmen müssen wissen, welche Kosten für Strom und Gas anfallen und welche Förderungen möglich sind, bevor sie die Frage beantworten, ob und inwieweit sie sich zur Arbeitsplatzerhaltung verpflichten und auf die Gewährung von Boni und sonstigen Leistungen sowie die Ausschüttung von Dividenden verzichten wollen. Denn die gesetzlichen Regelungen verbieten weder einen Personalabbau noch die Auszahlung von Boni und Dividenden. Sie beschränken aber die Förderung und die Entlastungen der Unternehmen. Es gelten keine Begrenzungen für einen Personalabbau, wenn das jeweilige Unternehmen erklärt, keine Förderungen über EUR 2 Mio. in Anspruch nehmen zu wollen. Auch das Boni- und Dividendenverbot gilt nicht, wenn das Unternehmen erklärt, keine Förderung über EUR 25 Mio. in Anspruch zu nehmen.

Hier sollten Unternehmen sorgfältig rechnen und abwägen, für welchen Weg sie sich entscheiden wollen oder müssen. Im Hinblick auf die bestehenden Fristen beim Opt-out in Bezug auf das Boni- und Dividendenverbot (31. März 2023) und in Bezug auf den zu erbringenden Nachweis im Rahmen der Arbeitsplatzerhaltungspflicht (15. Juli 2023) ist es noch nicht zu spät, aber Eile ist geboten.

Umsicht bei M&A-Transaktionen gefragt

EWPBG und StromPBG gelten zwar nur bis zum 31. Dezember 2023 mit der Möglichkeit zur Verlängerung per Rechtsverordnung bis zum 30. April 2024. Sie werden aber weit darüber hinaus Auswirkungen auf Unternehmenstransaktionen haben. Die Einhaltung der arbeitsrechtlichen und sonstigen Anforderungen an die Förderung wird Gegenstand der Due Diligence sein müssen. Wegen einer möglicherweise drohenden Rückforderung der Entlastungen werden insbesondere auch adäquate Regelungen im Unternehmenskaufvertrag zu treffen sein.

In unserer Blogserie zu den Herausforderungen der Energieversorgung sind bereits erschienen: Energiepreispauschale und Energiesparen am ArbeitsplatzBlackouts und Brownouts sowie Mit Entlastungen und Abschöpfungen raus aus der Energiepreiskrise. Zuletzt eingegangen sind wir auf das Dividendenverbot gem. StromPBG und EWPBG, den EU-Energiekrisenbeitrag zur Abschöpfung von Gewinnen und die Sicherung der Energieversorgung im Gewerbemietrecht.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Energiepreisbremse Herausforderungen der Energieversorgung