21. Februar 2023
EnSikuMaV EnSimiMaV Energieversorgung
Herausforderungen der Energieversorgung

Gewerbemietrecht: Sicherung der Energieversorgung – EnSikuMaV & EnSimiMaV – Update #1

Die zum 1. September 2022 in Kraft getretene EnSikuMaV wird kurz vor ihrem Auslaufen bis ins Frühjahr 2023 hinein verlängert.

Aufgrund der angespannten Lage auf dem Energiemarkt und der Invasion der Russischen Föderation in der Ukraine vor knapp einem Jahr hat die Bundesregierung im September 2022 zwei Verordnungen auf den Weg gebracht, die Eigentümer und Mieter von Wohn- und Gewerbeimmobilien zum Energiesparen verpflichten. 

Die EnSimiMaV ist seit dem 1. Oktober 2022 in Kraft und verpflichtet mit Wirkung bis zum 30. September 2024 insbesondere Unternehmen und Eigentümer von Gebäuden, in denen Anlagen zur Wärmeerzeugung mit Erdgas betrieben werden, diese Heizungsanlagen zu überprüfen und erforderliche Energieeffizienzmaßnahmen durchzuführen.

Die EnSikuMaV, die neben Unternehmen und der öffentlichen Hand auch private Haushalte betrifft, ist nach Zustimmung des Bundesrates am 1. September 2022 in Kraft getreten und wurde bereits einmal punktuell geändert. Mit dieser ersten Änderung wurde der Inhalt der Verordnung punktuell klargestellt. Bisher war die Verordnung bis zum 28. Februar 2023 befristet.

Kurzfristig wirksame Maßnahmen – EnSikuMaV

Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSikuMaV) ist zum 1. September 2022 in Kraft getreten und sollte mit Ablauf des 28. Februar 2023 bereits wieder außer Kraft gesetzt werden.

Diese Verordnung zielt auf kurzfristige Maßnahmen in der bevorstehenden Heizperiode ab und richtet sich an diverse Adressaten* – von privaten Poolbesitzern über Unternehmen bis zu öffentlichen Einrichtungen. Anschließend an die Definition des Anwendungsbereiches der Verordnung (§ 1 EnSikuMaV) sowie einiger Begriffsbestimmungen (§ 2 EnSikuMaV) beginnt der eigentliche Verordnungstext in § 3 EnSikuMaV.

Privathaushalte/Wohngebäude

  • Mietvertragliche Heizpflichten ausgesetzt: Die Verordnung ermöglicht es Wohnraummietern, im Winter nach eigenem Belieben auch weniger als vertraglich vorgesehen zu heizen. Aktuell sehen einige Wohnraummietverträge Regelungen vor, die den Mieter verpflichten, gewisse Mindesttemperaturen innerhalb der Mieträume zu gewährleisten. Derartige Klauseln sind für die Geltungsdauer der Verordnung nunmehr ausgesetzt. Hiervon sind explizit schädigendes Heiz- und Lüftungsverhalten ausgenommen. 
  • Verbot zur Beheizung privater Pools: Durch § 4 der Verordnung wird die Beheizung von privaten Innen- oder Außenpools mittels Gas oder Strom aus dem Stromnetz untersagt, sofern die Beheizung nicht für therapeutische Anwendungen zwingend notwendig ist.

Öffentliche Nichtwohngebäude

  • Verbot der Beheizung von Gemeinschaftsflächen: In öffentlichen Nichtwohngebäuden ist für die Geltungsdauer der Verordnung die Beheizung sog. Gemeinschaftsflächen wie Flure, Treppenhäuser, Technikräume o.Ä., die nicht dem dauerhaften Aufenthalt von Personen dienen, untersagt.

    Hiervon ausgenommen sind Gemeinschaftsflächen, deren Beheizung erforderlich ist, um Substanzschäden zu vermeiden, sowie in medizinischen und Wohneinrichtungen sowie Schulen und Kindertagesstätten oder Einrichtungen, bei denen eine Beheizung für die Aufrechterhaltung der Gesundheit anwesender Personen geboten ist.

  • Höchsttemperaturen: Bislang galt für die Raumtemperatur in öffentlichen Büroräumen ein Richtwert von 20 °C.

    Während der Geltungsdauer der Verordnung dürfen öffentliche Arbeitsräume nur noch bis maximal 19° C beheizt werden. Weiterhin gilt ein abgestuftes Temperaturkonzept. 

    Je nach Intensität der körperlichen Tätigkeit, die in der jeweiligen Räumlichkeit ausgeübt wird, ist die Höchsttemperatur sukzessive zu reduzieren. Bei körperlich schweren Tätigkeiten darf der Raum auf maximal 12° C beheizt werden. Öffentliche Arbeitgeber haben die Einhaltung dieser Temperaturen sicherzustellen und zu überwachen.

  • Trinkwassererwärmungsanlagen: Weiterhin sind Durchlauferhitzer für Trinkwasserleitungen sowie Warmwasserspeicher in öffentlichen Gebäuden auszuschalten, sofern sie überwiegend dem Händewaschen dienen. Auch hier sind wenige Ausnahmen, insbesondere für den medizinischen Bereich, vorgesehen.
  • Verbot dekorativer Außenbeleuchtung: Baudenkmäler und Gebäude dürfen, bis auf kurzfristige Ausnahmen wie z.B. Kulturveranstaltungen, nicht mehr zu dekorativen Zwecken beleuchtet werden.

Maßnahmen für Unternehmen

  • Informationspflicht für Energieversorger: Energieversorger haben nunmehr die Pflicht, ihre Kunden frühzeitig, spätestens zum Beginn der Heizperiode (30. September 2022), wie folgt zu informieren:
        – über den Energieverbrauch;
        – über die damit verbundenen Kosten;
        – über die Auswirkungen der aktuellen (und kommenden) Energiepreissteigerungen; und
        – über mögliche Einsparpotenziale.

        Eigentümer müssen diese Informationen an ihre Mieter weitergeben und (sofern mehr als 10 Wohneinheiten vorhanden sind) spezifische Informationen für die einzelnen Einheiten zur Verfügung stellen.

      • Geschlossene Ladentüren: Dem Einzelhandel ist das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren untersagt, sofern ein Verlust der Heizwärme droht.
      • Leuchtreklamen: Weiterhin ist während der Nachtzeit der Betrieb beleuchteter oder leuchtender Werbeanlagen untersagt, soweit die Beleuchtung nicht zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr von Gefahren erforderlich ist. Der Verordnungstext spricht hier von einem Zeitraum von 22 bis 16 Uhr, in dem Anlagen abzuschalten sind. Angesichts der Formulierung in der einleitenden Begründung zu § 11 der Verordnung stellt sich die Frage, ob es sich bei dem angegebenen Zeitraum um ein redaktionelles Versehen handeln könnte. Denn diese spricht von einer Energieeinsparung „durch die nächtliche Abschaltung“ der Anlagen. Bei einer Abschaltung der Anlagen von 22 bis 16 Uhr ist jedoch auch der Großteil der Tageszeit mit erfasst.
      • Mindesttemperaturen: Die Verordnung enthält auch Temperaturvorgaben für die Raumluft in nichtöffentlichen Arbeitsräumen. Anders als im öffentlichen Bereich gelten die Temperaturgrenzen hier jedoch nicht als Höchst-, sondern als abgesenkte Mindesttemperaturgrenzen. Es gelten die Werte, abgestuft nach Intensität der körperlichen Arbeit, entsprechend der Vorgabe für öffentliche Räume.

      Mittelfristig wirksame Maßnahmen – EnSimiMaV

      Die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (EnSimiMaV) betrifft insbesondere die effiziente Nutzung und Optimierung bestehender Heizungsanlagen. Mit den angeordneten Maßnahmen sollen bislang ungenutzte Einsparpotenziale bestehender Heizungen konsequent ausgeschöpft werden.

      Einsparungen in Gebäuden durch Maßnahmen an Heizungen

      • Heizungsprüfung und -optimierung: Jeder Eigentümer eines mit einer Gasheizung beheizten Gebäudes hat eine Heizungsüberprüfung vornehmen zu lassen und ggf. identifizierte Maßnahmen bis spätestens zum 15. September 2024 zu ergreifen.

        Die Optimierung erfolgt insbesondere durch die Ergreifung der in § 2 (2) der Verordnung genannten Maßnahmen. Hierzu gehören etwa die Absenkung der Vorlauftemperatur einer Heizung, die Aktivierung der Nachtabsenkung oder die Absenkung der Warmwassertemperaturen.

      • Hydraulischer Abgleich: Weiterhin werden Eigentümer großer Gebäude mit Gaszentralheizungen durch die Verordnung dazu verpflichtet, binnen der nachstehenden Fristen einen sog. hydraulischen Abgleich vornehmen zu lassen:
        – Nichtwohngebäude mit mindestens 1.000 m² beheizter Fläche oder
        – Wohngebäude mit mindestens 10 Wohneinheiten: bis zum 30. September 2023
        – Wohngebäude mit mindestens sechs aber weniger als 10 Wohneinheiten: bis zum 15. September 2024.

      Für die Frage, ob es sich bei dem nach der EnSimiMaV vorzunehmenden hydraulischen Abgleich von Heizungen um eine Modernisierungsmaßnahme i.S.v. § 555b BGB handelt oder ob der Vermieter lediglich seiner Wartungs- bzw. Instandhaltungspflicht nachkommt, ist jeweils eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall vorzunehmen. Hierbei ist zunächst der Mietvertrag zu prüfen und dabei insbesondere auch darauf zu achten, ob es sich um eine einmalige Maßnahme handelt oder ob z.B. weitere Maßnahmen vorgesehen sind.

      Einsparungen in Unternehmen

      Für Unternehmen, die in den vergangenen drei Jahren einen durchschnittlichen Energieverbrauch von jährlich mind. 10 Gigawattstunden hatten, entstanden ab dem 1. Oktober 2022 ebenfalls neue Vorgaben zur Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen.

      Die Unternehmen sind insbesondere dazu verpflichtet, sämtliche Maßnahmen, die im Rahmen eines Energieaudits als wirtschaftlich identifiziert werden, unverzüglich, spätestens jedoch binnen 18 Monaten, umzusetzen. Die Vorgaben für das Energieaudit ergeben sich aus § 8 des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G). Gleiches gilt auch für Unternehmen, die ein Energiemanagementsystem betreiben.

      Auswirkungen der Energiesparverordnungen auf Gewerbemietverhältnisse

      Durch die beiden Verordnungen werden neben Unternehmen auch Gebäudeeigentümer zur kurzfristigen Umsetzung unterschiedlicher Maßnahmen verpflichtet.

      Unternehmen und Gebäudeeigentümer müssen sich auf verschiedene Prüf- und Informationspflichten über Verbräuche und Verbrauchskosten einstellen. Hinzu kommen umfassende Maßnahmen zur Umsetzung einer höheren Energieeffizienz.

      Die Maßnahmen nehmen vorwiegend Eigentümer größerer Wohngebäude und von Einzelhandelsunternehmen in die Pflicht. Für Unternehmen stellt insbesondere die kurzfristige Umsetzung der Energieeffizienzmaßnahmen eine finanzielle Herausforderung dar.

      Vor dem Hintergrund der kurzen Umsetzungsfrist von max. 18 Monaten sollten Unternehmen daher zeitnah prüfen, ob sie von dem Anwendungsbereich der Verordnung erfasst sind und welche Maßnahmen auf sie zukommen.

      Update: Verlängerung der kurzfristigen Maßnahmen zum Energiesparen (EnSikuMaV)

      Kurz vor Ablauf der Geltungsdauer der EnSikuMaV hat die Bundesregierung nun mit Zustimmung des Bundesrates mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung eine kurzfristige Verlängerung der Geltungsdauer bis zum 15. April 2023 beschlossen. Inhaltliche Änderungen sind damit nicht verbunden.

      Zu den in der EnSikuMaV vorgeschriebenen Energiesparmaßnahmen gehören u.a. die Absenkung der Mindestraumtemperatur in Arbeitsstätten um ein Grad Celsius, die Festlegung einer entsprechenden Höchsttemperatur in öffentlichen Arbeitsstätten (max. 19 Grad) sowie das Verbot der Beheizung von privaten Schwimm- und Badebecken. Hinzu kommt, dass Warmwasseranlagen in öffentlichen Nichtwohngebäuden nur in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie nicht ausschließlich dem Händewaschen dienen, sowie die Einschränkung der Beleuchtung von Denkmälern und öffentlichen Gebäuden.

      Bundesrat regt weiteres Monitoring der Gasversorgungssituation an

      Der Bundesrat hat seinen Zustimmungsbeschluss vom 10. Februar 2023 mit der Befürchtung verbunden, dass die nur kurzfristige Verlängerung der Maßnahmenverordnung dem weiterhin bestehenden Risiko einer Gasmangellage nicht ausreichend Rechnung trägt. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, nach Auslaufen der Verordnung in ein engmaschiges Monitoringverfahren einzutreten, mit dem die Gasversorgungssituation weiterhin detailliert untersucht wird, und spricht sich dafür aus, die EnSikuMaV bei Bedarf kurzfristig wieder in Kraft zu setzen. Mit diesen Maßnahmen soll einer Gasmangellage im kommenden Winter 2023/2024 vorgebeugt werden.

      In unserer Blogserie zu den Herausforderungen der Energieversorgung sind bereits erschienen: Energiepreispauschale und Energiesparen am ArbeitsplatzBlackouts und Brownouts sowie Mit Entlastungen und Abschöpfungen raus aus der Energiepreiskrise. Zuletzt eingegangen sind wir auf das Dividendenverbot gem. StromPBG und EWPBG und den EU-Energiekrisenbeitrag zur Abschöpfung von Gewinnen.

      *Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

      Tags: Energiepreispauschale EnSikuMaV EnSimiMaV Herausforderungen der Energieversorgung Nachhaltigkeit Real Estate & Public