12. September 2022
Energiepreispauschale sparen
Herausforderungen der Energieversorgung

Energiepreispauschale und Energiesparen am Arbeitsplatz

Der Beitrag nennt die Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der Energiepreispauschale und dem Energiesparen am Arbeitsplatz und gibt Tipps zu deren Umsetzung.

Um die Bevölkerung zu entlasten, wird im September die Energiepreispauschale ausgezahlt. Auch abseits dessen ist Energie aktuell ein sehr relevantes Thema für Unternehmen, denn durch die Drosselung der Gaslieferungen aus Russland ist die Versorgungssicherheit in Gefahr. Selbst wenn es nicht zu Ausfällen oder Rationierungen kommen sollte, führen die schon jetzt sehr hohen Gas- und Energiepreise zu einer erheblichen Belastung von Bevölkerung und Unternehmen. 

Um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern, haben sich die EU-Mitgliedstaaten in der Verordnung über koordinierte Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage verpflichtet, nach „besten Kräften“ 15 % des durchschnittlichen Gasverbrauches des letzten Jahres einzusparen.

Am 1. September 2022 trat die Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV) in Kraft. Sie gilt bis zum 28. Februar 2023 und regelt einige verpflichtende Energiesparmaßnahmen. Auch für Unternehmen stellt sich die Frage, wie sie Energie einsparen können. Nicht nur um Kosten zu reduzieren, sondern auch um ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. 

Energiepreispauschale als eine einmalige Zahlung i.H.v. EUR 300 brutto

Ziel der Energiepreispauschale ist es laut der Gesetzesbegründung, diejenigen zu entlasten, die für den Weg zu ihrer Arbeit typischerweise Fahrtkosten aufwenden müssen und deswegen von den hohen Energiepreisen besonders belastet sind. 

Die Kosten für die Pauschale i.H.v. EUR 300 brutto trägt der Bund. Sie wird an alle ausgezahlt, die im Jahr 2022 in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben und Einkünfte aus selbstständiger Arbeit oder als Arbeitnehmer* beziehen. 

Arbeitnehmer, die am 1. September 2022 in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, bekommen die Pauschale von ihrem Arbeitgeber i.d.R. im September ausgezahlt. Sie wird mit dem Lohn versteuert, auf sie werden aber keine Sozialabgaben erhoben. Der Arbeitgeber kann dann die ausgezahlte Pauschale der einzubehaltenden Lohnsteuer entnehmen. Übersteigt der gezahlte Betrag die einzubehaltende Lohnsteuer, wird der Betrag dem Arbeitgeber vom Finanzamt erstattet.

Wer am 1. September 2022 nicht als Arbeitnehmer beschäftigt ist, bekommt die Pauschale nach Abgabe einer Einkommensteuererklärung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung. 

Für Temperaturregulierungen gelten neue Mindesttemperaturen

Für private Unternehmen in nicht öffentlichen Gebäuden ist eine Begrenzung der Höchsttemperatur derzeit nicht geplant. Für sie gibt es gleichwohl durch die hohen Energiepreise einen starken Anreiz, die Heizung herunterzudrehen. Dabei müssen sie jedoch Mindesttemperaturen einhalten (§§ 12, 6 EnSikuMaV), die im Vergleich zu den bisher geltenden Untergrenzen leicht abgesenkt wurden. 

Gegenüber den vorher geltenden Mindesttemperaturen ergibt sich dementsprechend das folgende Bild: 

 Alte Mindesttemperatur (4.2 ASR 3.5)Neue Mindesttemperatur (§§ 12, 6 EnSikuMaV)
Überwiegend sitzende körperlich leichte Tätigkeit 20 Grad19 Grad
Überwiegend sitzende mittelschwere Tätigkeit19 Grad18 Grad
Überwiegend stehende oder gehende leichte Tätigkeit19 Grad18 Grad
Überwiegend stehende oder gehende mittelschwere Tätigkeit17 Grad16 Grad
Überwiegend stehende oder gehende schwere Tätigkeit12 Grad12 Grad

In Räumen wie Pausenräumen, Kantinen oder Sanitäranlagen muss die Mindesttemperatur 21 Grad betragen. In Waschräumen mit Dusche sogar 24 Grad.

Die oben genannten Regelungen zu den neuen Mindesttemperaturen nach der EnSikuMaV gelten bis zum 28. Februar 2023. Sofern die Verordnung dann nicht verlängert wird, gelten ab dem 1. März 2023 wieder die alten Vorgaben hinsichtlich der Mindesttemperatur aus den ASR.

Besteht in dem Betrieb ein Betriebsrat, muss sein Mitbestimmungsrecht bei Fragen des Gesundheitsschutzes (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) beachtet werden. Dieses Recht greift etwa Maßnahmen zur Verringerung von Temperaturrisiken durch Hitze oder Kälte, grds. aber nicht die Frage, wie hoch etwa die Zentralheizung eingestellt wird. Wenn die Mitarbeiter angewiesen werden sollen, nicht über die Mindesttemperatur hinaus zu heizen, hat der Betriebsrat ferner ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG

Für den Einzelhandel gibt es spezifische Vorschriften zum Energiesparen. Das Offenhalten von Ladentüren oder Eingangssystemen ist verboten, wenn dabei Heizwärme entweicht (§ 10 EnSikuMaV). Beleuchtete Werbeanlagen müssen zudem grds. von 22 bis 16 Uhr des Folgetages ausgeschaltet werden (§ 11 EnSikuMaV). Arbeitgeber im Einzelhandel sollten ihre Mitarbeiter über diese Regelungen informieren und sie anweisen, diese umzusetzen.

Warmwasserversorgung: Warmwasser nur „bei Bedarf“

Grds. kann in den Toilettenräumen das Warmwasser abgestellt werden. Nach dem Arbeitsschutzrecht ist Warmwasser nur „bei Bedarf“ zur Verfügung zu stellen (5.4 Abs. 2 ASR A4.1). Ein solcher Bedarf kann sich etwa aus besonderen hygienischen Anforderungen, z.B. beim Umgang mit Lebensmitteln, ergeben. 

Müssen Waschräume zur Verfügung gestellt werden, u.a. bei Tätigkeiten mit starker Verschmutzung oder gesundheitsschädlichen Stoffen, so muss es in ihnen auch warmes Wasser geben (6.4 Abs. 1 ASR A4.1). 

Arbeitgeber kann Arbeitnehmer zu weiteren Energiesparmaßnahmen motivieren

Jenseits der Heizung können Unternehmen ebenfalls Energie einsparen. So kann etwa die Beleuchtung reduziert und auf eine effiziente Nutzung geachtet werden. Auch die Installation von LED-Lampen und die Abdichtung von Fenstern und Türen sparen Energie. 

Auch Arbeitnehmer können durch ihr Verhalten zum Energiesparen beitragen, z.B. indem sie die Beleuchtung nur bei Bedarf nutzen, elektronische Geräte nicht im Stand-by-Modus lassen oder Türen zu nicht beheizten Räumen geschlossen halten. Zu solchen Maßnahmen kann der Arbeitgeber sie motivieren. Zielführend ist dabei zunächst eine Information über Energiesparmöglichkeiten am Arbeitsplatz. Darüber hinaus können finanzielle oder anderweitige Anreize für die Belegschaft geschaffen werden, etwa indem die Mitarbeiter bei Erreichen von bestimmten Einsparzielen einen Bonus erhalten. So will laut Medienberichten die Deutsche Bahn ihren Mitarbeitern bis zu EUR 150 auszahlen, wenn diese erfolgreich Energie sparen. 

Grds. kann der Arbeitgeber auch energiesparendes Verhalten, wie das Beachten von (von ihm festgelegten) Maximaltemperaturen oder effizientes Lüften, im Rahmen seines Direktionsrechts anordnen. Betriebsräte haben aber bezüglich Fragen der Ordnung im Betrieb und des Verhaltens der Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Darunter fällt auch die Anordnung von energiesparendem Verhalten. Entsprechende Regelungen müssten also in Betrieben mit einem Betriebsrat vorab im Rahmen einer Betriebsvereinbarung getroffen werden. In dieser kann etwa geregelt werden, wann und wie zu lüften ist, bis zu welcher Temperatur die Arbeitnehmer heizen dürfen und unter welchen Bedingungen das Licht eingeschaltet wird. 

Arbeitgeber kann Homeoffice grds. nicht verpflichtend anordnen 

Aufgrund der hohen Energiekosten kann es für einen Arbeitgeber attraktiv sein, Mitarbeiter in das Homeoffice oder andere Formen des mobilen Arbeitens zu schicken und so Heizkosten für die Büros zu sparen.

Einseitig ist das aber ohne vertragliche Regelung nicht möglich. Zwar kann der Arbeitgeber bei Fehlen einer anderweitigen vertraglichen Regelung über den Arbeitsort bestimmen (§ 106 GewO), über die Privaträume des Mitarbeiters kann er dennoch nicht verfügen. Ob er in Ausnahmelagen solche Anordnungen treffen kann, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. Jedenfalls wäre dafür mind. eine Gefahr für die Existenz des Unternehmens erforderlich, was nach derzeitiger Lage mit den gestiegenen Energiekosten alleine nicht begründet werden kann.

Wenn es vertragliche Regelungen aus der Zeit der Pandemie gibt, ist zu prüfen, ob die Klauseln auch für Notlagen im Bereich der Energieversorgung gelten. 

Bei mobiler Arbeit, wie etwa Homeoffice, muss ebenfalls das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats berücksichtigt werden. Er hat ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit, also dem „Wie“ dieser Tätigkeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG). Typischerweise wird in Betriebsvereinbarungen u.a. geregelt, welche Voraussetzungen für das mobile Arbeiten vorliegen müssen, welche Anwesenheitspflichten im Betrieb bestehen, von wo aus mobil gearbeitet werden darf und wann und wie die Arbeitnehmer erreichbar sein müssen.

Wird auf Veranlassung des Arbeitgebers mobil gearbeitet, muss er auch grds. die dadurch entstehenden Kosten tragen (§ 670 BGB). Zur Vereinfachung können Pauschalen mit den Arbeitnehmern vereinbart werden. Da jedoch in den überwiegenden Fällen die mobile Arbeit zumindest auch dem Wunsch und Interesse des Arbeitnehmers entspricht, dürfte in diesen Konstellationen ein entsprechender Kostentragungsanspruch zu verneinen sein. 

Auch der Arbeitnehmer hat grds. keinen einseitigen Anspruch auf eine Tätigkeit im Homeoffice. Eine Verweigerung der Erbringung der Arbeitsleistung am betrieblichen Arbeitsplatz, weil die oben genannten neuen Mindesttemperaturen unterschritten werden, ist allenfalls dann denkbar, wenn es sich um mehr als nur geringfügige oder kurzfristige Verstöße handelt. 

This article is also available in English.

In unserer Blogserie zu den Herausforderungen der Energieversorgung sind bereits erschienen: Energiepreispauschale und Energiesparen am Arbeitsplatz, Blackouts und Brownouts, mit Entlastungen und Abschöpfungen raus aus der Energiepreiskrise.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Arbeitsrecht Energiepreispauschale EnglishContent Herausforderungen der Energieversorgung