Wie bereits ein Jahr zuvor zog es anlässlich des diesjährigen „Istanbul Finance Summit″ (IFS) am 24.-25. September 2012 wieder zahlreiche Vertreter der türkischen und internationalen Banken- und Finanzwelt an den Bosporus. Auch CMS war zum wiederholten Male zu Gast auf der größten türkischen Konferenz im Bereich Banking / Finance. Patricia Grasshoff (Frankfurt) und Frauke Bemberg (München) berichten.
Als Plattform dient IFS dazu, Fortschritte auf dem Weg der türkischen Regierung zum Ausbau Istanbuls als „Financial Center“ sichtbar zu machen, die diese seit 2009 bereits im Rahmen ihres diesbezüglichen Masterplans verfolgt. Unter Teilnahme des stellvertretenden türkischen Ministerpräsidenten, des türkischen Wirtschaftsministers und des türkischen Energieministers diskutierten an die 500 Konferenzteilnehmer aus der Türkei, dem Mittleren Osten, Europa und den USA Risiken und Chancen für die Finanzwelt im derzeit instabilen Umfeld. Während sich die krisenverfangenen europäischen Länder im Rahmen der zahlreichen Panel-Diskussionen zu Themen wie Finanzmarktregulierung, Geldpolitik, Kapitalmarkt und Infrastrukturfinanzierung eingehend der Problemanalyse widmeten, war die verstärkte Hinwendung insbesondere zu den Golfstaaten auch in Wirtschaftsbereichen außerhalb der Finanzdienstleistungen deutlich zu erkennen. Thematisch stärker als im Vorjahr gewichtet waren damit auch Fragen des „Islamic Banking″. – Kurz zuvor bereits hatte die türkische Regierung erstmalig eine nach islamischem Recht konzipierte Anleihe (Sukuk) herausgegeben, mit der weitere Finanzierungsquellen für den Staatshaushalt eröffnet werden und verstärkt Investoren aus dem arabischen Raum angezogen werden sollen. Islamische Finanzprodukte wurden insbesondere aus politischen Gründen bislang nur von dem noch kleinen islamischen Bankensektor der Türkei, derzeit bestehend aus vier türkischen Privatbanken, bedient.
Wenngleich Stimmen zu vernehmen sind, die eine Verlangsamung des Aufbaus des „Financial Center Istanbul″ sehen, wurden einige wesentliche Eckpunkte des Masterplans bereits angeschoben. Der Masterplan sieht u.a. Anpassungen des rechtlichen Rahmens im Hinblick auf Streitbeilegungsmechanismen, Vereinfachungen des Steuersystems, die Förderung von IPO sowie die Verbesserung der technologischen Infrastruktur im Finanzsektor vor – und es tut sich etwas: Ein Entwurf eines neuen Kapitalmarktgesetzes soll die insbesondere durch die türkischen Finanzmarktaufsichtsbehörde (Sermaye Piyasası Kurulu) in den letzten Jahren geprägte Rechtsentwicklung aufnehmen und die geltenden Regelungen im übrigen an die in diesem Bereich erlassenen EU-Richtlinien anpassen sowie mit dem neuen türkischen Handelsgesetzbuch in Einklang bringen. Auch der geplante Umzug der staatlichen Banken (Halkbank, VakıfBank und Ziraat Bank), einschließlich der türkischen Zentralbank sowie weiterer Finanzinstitutionen und Behörden, wie der türkischen Finanzmarktaufsichtsbehörde von Ankara in eine hierfür eigens angelegten Finanzdistrikt im asiatischen Teil von Istanbul hat bereits begonnen.
Man darf gespannt sein, wie die Türkei auf dem geplanten Weg voranschreitet, Istanbul zu einem internationalen Finanzzentrum um- und auszubauen. In einem Jahr lädt die nächste IFS ein, hierzu wieder Bilanz zu ziehen.