EU-Anti-Geldwäschebehörde, Bargeldobergrenze und Vollregulierung des Krypto-Sektors: Die wesentlichen Änderungsvorschläge der EU im Überblick.
Die Europäische Kommission sah sich zuletzt aufgrund größerer Geldwäscheskandale bei grenzüberschreitend tätigen Kreditinstituten zum Handeln veranlasst. Auf Basis des im Mai 2020 vorgestellten Aktionsplans stellte sie am 20. Juli ein Paket aus vier Gesetzgebungsvorschlägen im Bereich der Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vor.
Übergeordnetes Ziel ist es, ein „Single Rulebook“ zu schaffen: Geldwäschepräventionsstandards und die Aufsicht über deren Einhaltung sollen unionsweit einheitlich geregelt werden.
Das Gesetzgebungspaket besteht aus:
- Verordnung, die die erstmalige Errichtung einer EU-Anti-Geldwäschebehörde (Anti Money Laundering Authority, AMLA) regeln soll;
- Geldwäscheverordnung, die insbesondere KYC-Standards für geldwäscherechtlich Verpflichtete vereinheitlichen soll;
- Geldwäscherichtlinie, die die bisherige Richtlinie (AMLD5) ablösen und einen einheitlichen Rahmen für nationale Sicherungsmaßnahmen vorgeben soll, sowie
- Geldtransferverordnung, deren Anwendungsbereich auf bestimmte Kryptowerte erstreckt werden soll.
AMLA – Eine Behörde, zwei Funktionen
Die AMLA soll im Wesentlichen zwei Funktionen erfüllen. Zum einen soll sie einige risikoaffine, grenzüberschreitend tätige Kreditinstitute ihrer direkten Aufsicht unterstellen. Zum anderen soll sie eine koordinierende Funktion zwischen den nationalen Aufsichtsbehörden wahrnehmen und den Austausch zwischen Behörden und Verpflichteten fördern.
Ihre Tätigkeiten soll die AMLA bis Anfang 2026 aufnehmen, als Standort ist unter anderem Frankfurt am Main im Gespräch.
Neue AML-Verpflichtete
Der Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten wird einige Anpassungen erfahren. Während Krypto-Dienstleister (sog. Virtual Asset Service Provider, VASP), Crowdfunding-Dienstleister und kommerzielle Vermittler von Aufenthaltstiteln neu aufgenommen werden sollen, werden Güterhändler nur noch dann geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen, wenn sie im Bereich des Edelmetall-, Edelstein- oder Kunsthandels tätig sind. Hintergrund ist ein EU-weites Bargeldtransaktionsverbot ab EUR 10.000. Eine Folge des Verbotes soll auch sein, dass Kreditinstitute bei Bargeldeinzahlungen ab EUR 10.000 zu Verdachtsmeldungen verpflichtet sein werden.
Die bisherige Richtlinie sieht vor, dass Güterhändler, die Bargeldtransaktionen ab EUR 10.000 vornehmen, als Verpflichtete gelten. Deutschland hat die bisherige Anforderung bereits überobligatorisch umgesetzt und Güterhändler grundsätzlich als (teils privilegierte) Verpflichtete definiert. Es bleibt abzuwarten, ob und wie der nationale Gesetzgeber hier an strengeren Maßstäben festhalten wird.
Harmonisierung und Ausweitung von internen Sicherungs- und KYC-Maßnahmen
Interne Sicherungsstandards und kundenbezogene Sorgfaltspflichten werden von der bisherigen Richtlinie in die Verordnung überführt und teils detaillierter ausgestaltet. Bislang führen unterschiedliche und teils verzögerte nationale Umsetzungen der Richtlinienanforderungen in den Mitgliedsstaaten zu einem rechtlichen „Flickenteppich“. Dem wird durch eine unmittelbar geltende Verordnung entgegengewirkt, was insbesondere aus Sicht grenzüberschreitend tätiger Gruppenunternehmen begrüßenswert ist. So wird ein harmonisierter Pflichtenkatalog zu einigen Erleichterungen bei der Umsetzung interner AML-Richtlinien führen.
Auch die ein oder andere Diskussion zwischen Mutterunternehmen und Tochter oder Niederlassung im EU-Ausland dürfte sich erübrigen. Hervorzuheben ist hier die geplante Vereinheitlichung der Identifizierung von wirtschaftlich Berechtigten, die in den Mitgliedsstaaten mit Blick auf Beteiligungsschwellenwerte auf höherer Ebene derzeit teils sehr unterschiedlich umgesetzt wird.
Ferner soll die AMLA technische Regulierungsstandards erlassen, die die Mindestanforderungen an Gruppenpflichten festlegen. Hiervon umfasst werden sollen auch Mutterunternehmen, die keinen eigenen geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen. Technische Regulierungsstandards wird die AMLA zudem für den Umgang mit Geschäftspartnern in Hochrisiko-Staaten erlassen.
AML-Richtlinie – Umsetzungspflichten für Behörden
Während die den Privatsektor treffenden Pflichten vollumfänglich in die Verordnung transferiert werden, verbleiben in der neuen Richtlinie organisatorische Umsetzungspflichten für die Mitgliedsstaaten. Diese betreffen die Ausstattung von Aufsichtsbehörden und FIUs sowie die Ausgestaltung von Registern. Der Pflichtenkatalog für staatliche Einrichtungen erfährt hierbei auch inhaltliche Anpassungen. FIUs sollen künftig auf bestimmte Registerinformationen unmittelbaren Zugriff erhalten, um Verdachtsmeldungen sachgerechter bearbeiten zu können. Zudem werden klare Regeln an das Rückmeldewesen der FIUs gegenüber meldenden Verpflichteten festgelegt.
Ebenfalls detailliert geregelt werden Rechte und Pflichten der Aufsichtsbehörden, um sicherzustellen, dass ihnen alle Instrumente für eine wirksame Aufsicht zur Verfügung stehen.
Die Kommission nimmt in den Entwurf ferner eine Selbstverpflichtung auf, alle vier Jahre eine EU-Risikoanalyse durchzuführen, die mit den Risikoanalysen der Mitgliedsstaaten eng verzahnt werden wird.
Neben Regelungen zum Transparenzregister und zu einem Kontozentralregister enthält die AML-Richtlinie auch Regelungen über die Einführung eines Immobilienregisters: Mitgliedsstaaten sollen verpflichtet werden, zuständigen Behörden auf Anfrage kurzfristig Informationen über die Eigentumsverhältnisse an Immobilien zu verschaffen.
Geldtransferverordnung – Erstreckung von Transparenzanforderungen auf Kryptowerte
Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen werden durch den erweiterten Adressatenkreis der Verordnung geldwäscherechtlichen Pflichten unterfallen. Dies wird weiter ergänzt durch eine Erstreckung der Transparenzpflichten aus der Geldwäschetransferverordnung auf Kryptowerte. So sollen Transfers von Kryptowerten künftig gleichen Transparenzstandards unterliegen wie Banküberweisungen. Hiermit will die EU den Anforderungen der Financial Action Task Force (FATF) Rechnung tragen.
Begrüßenswerter „Single Rulebook“-Ansatz – Umsetzungsschwierigkeiten im Detail
Der „Single Rulebook“-Ansatz der EU-Kommission ist begrüßenswert. Eine einheitliche Ausgestaltung von AML-Regelungen beseitigt sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor unnötige Bindungen von Kapazitäten, die derzeit noch benötigt werden, um zwischen nationalen Umsetzungsunterschieden zu vermitteln.
Ob die kleinteiligeren Regelungen insbesondere im KYC-Bereich vollumfänglich der Lebenswirklichkeit entsprechen, bleibt derweil fraglich. Der Ansatz, den gewerblichen Umgang mit Kryptowerten umfassender zu regulieren, erscheint zunächst risikogerecht, wenn nicht gar überfällig. Die Erstreckung von Transparenzanforderungen begegnet jedoch dem Vorwurf, die Besonderheiten einer dezentralen Ledger-Technologie nicht ausreichend zu berücksichtigen. Zudem erscheint eine generelle Meldepflicht bei Bareinzahlungen ab EUR 10.000 dem risikobasierten Ansatz der Geldwäscheprävention eher wesensfremd. Abzuwarten bleibt zudem, ob die Mitgliedsstaaten sich gegen eine Bargeldobergrenze zur Wehr setzen werden. Während die Bargeldobergrenzen in einigen Mitgliedsstaaten bereits jetzt teils deutlich unter EUR 10.000 liegen, wird Bargeld in anderen Staaten als Synonym für Freiheit verstanden. Wenngleich sich die praktischen Auswirkungen für das Gros der Gesellschaft in Grenzen halten dürften, ist eine Obergrenze aufgrund des Symbolcharakters von Bargeld politisch umstritten. So hat Österreich bereits angekündigt, sich gegen eine Bargeldobergrenze zur Wehr setzen zu wollen. Es ist daher zu erwarten, dass andere Mitgliedsstaaten dem österreichischen Beispiel folgen werden. Deutschland hat sich hierzu bislang nicht verhalten.