Der mit Spannung erwartete FATF-Bericht zur Geldwäscheprüfung Deutschlands stellt dem Land kein gutes Zeugnis aus.
Seit September 2020 führt die Financial Action Task Force („FATF“) in Deutschland eine Überprüfung der Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung und Verhinderung von Terrorismusfinanzierung durch. Die Prüfung erfolgt in einer Zeit, in der Deutschland wegen Schwächen bei der Geldwäschebekämpfung in die Schlagzeilen geriet und den Ruf als „Geldwäscheparadies“ erhielt. Deshalb wurden die Ergebnisse der Länderprüfung von Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit mit Spannung erwartet.
Am 25. August veröffentlichte die FATF den sogenannten Mutual Evaluation Report („MER“), der deutlich macht, dass Deutschland in vielen Bereichen der Geldwäscheprävention nachbessern muss.
Hintergründe zur Länderprüfung durch die FATF
Die FATF prüft als internationaler Standardsetzer im Bereich der Geldwäscheprävention, Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Proliferation alle zehn Jahre ihre Mitglieder. Im Rahmen einer umfassenden Evaluierung werden sowohl gesetzliche und behördliche Vorgaben als auch die tatsächliche Effektivität aller Maßnahmen geprüft, die der Geldwäschebekämpfung dienen. Die FATF-Mitgliedstaaten prüfen sich dabei gegenseitig und werden vom FATF-Sekretariat unterstützt.
Nachdem im Herbst 2021 die sogenannten On-Site-Visits stattfanden, bei denen sich die Experten vor Ort darüber ein Bild über die Geldwäscheprävention machten, wurden die Stellungnahmen und Erkenntnisse der bisherigen Prüfungsschritte in den vergangenen Monaten in der FATF besprochen. Im Juni 2022 erfolgte eine Erörterung des vorläufigen Abschussberichts im Plenum der FATF. Mit der Veröffentlichung des MER ist die Länderprüfung nach rund zwei Jahren abgeschlossen.
Zentrale Ergebnisse des Abschlussberichts
Im MER würdigen die Prüfer der FATF, dass Deutschland in den letzten fünf Jahren Verbesserungen im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgenommen hat. So liege in dem für die Geldwäschebekämpfung sehr relevanten Bankensektor und insbesondere bei den Großbanken ein gutes Verständnis von den Risiken den Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vor. Auch die Aufsichtspraxis der BaFin wird für diesen Bereich teilweise gelobt. Die neu geschaffene Public Private Partnership Anti Financial Crime Alliance („AFCA“) sowie die Bemühungen Deutschlands zur internationalen Kooperation werden im MER positiv erwähnt.
Dennoch bemängelt die FATF in dem Abschlussbericht, dass Verbesserungsbedarf in den folgenden Bereichen erforderlich ist:
Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor
Die FATF benennt zum einen die Aufsicht über den Nicht-Finanzsektor. Die Geldwäscheaufsicht in Deutschland ist, teilweise bedingt durch ihre föderale Struktur, insbesondere im Nicht-Finanzsektor stark zersplittert. Während die zuständige Aufsichtsbehörde im Finanzsektor, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), auf Bundesebene eingerichtet ist, bestehen im Nicht-Finanzsektor mehr als 300 zuständige Behörden (z. B. die Glücksspiel- und Güterhändleraufsicht oder die jeweiligen Kammern der Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer). Kritisiert wird insbesondere, dass die Behörden personell und fachlich unzureichend aufgestellt seien und nicht ausreichend koordiniert agierten.
Bemängelt wird zudem, dass im Nicht-Finanzsektor das Bewusstsein über Risiken der Geldwäsche teilweise nicht ausreichend vorhanden sei, was auch an den, gemessen an der großen Anzahl der Verpflichteten, zu wenigen Verdachtsmeldungen aus diesem Bereich zu erkennen sei.
Verfügbarkeit von Informationen über wirtschaftlich Berechtigte im Transparenzregister
Ein weiterer Kritikpunkt adressiert sich an das Transparenzregister, das für einen vollständigen Zugang zu Informationen über wirtschaftlich Berechtigte geschaffen wurde. Laut den Aussagen der FATF müsse Deutschland die Verfügbarkeit und Belastbarkeit der Daten über wirtschaftlich Berechtigte im Transparenzregister verbessern. Die Informationen seien teilweise nicht aktuell und würden nicht verifiziert. In diesem Zusammenhang kritisiert die FATF, dass das Register für die Geldwäschebekämpfung der zuständigen Behörden kaum eine Rolle spiele. Die Prüfer monieren zudem, dass das Transparenzregister die Gesellschaftsform der GbR nicht abdecke.
Die Umstellung des Transparenzregisters von einem Auffangregister in ein Vollregister läuft momentan noch. Die bisherigen Regelungen zur sogenannten Mitteilungsfiktion sind aus Sicht der Geldwäscheprävention kritikwürdig, da sie einem vollständigen Register mit Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten im Wege standen, auch wenn dadurch die deutsche Wirtschaft von zahlreichen Doppeleintragungen in Handelsregister und Transparenzregister verschont blieb.
Zudem ist der Abruf von Daten aus dem Transparenzregister weiterhin aufwändig und kann nur manuell erfolgen. Eine digitale Schnittstelle, die es zumindest Verpflichteten aus dem Finanzsektor sowie Notaren ermöglicht, Informationen aus dem Transparenzregister unmittelbar abzurufen, wird vor dem Jahr 2023 nicht errichtet sein.
Verstärkte Entwicklung und Nutzung von Finanzinformationen
Im MER wird an mehreren Stellen angesprochen, dass es an belastbaren Daten bei den Bundes- und Länderbehörden fehle, um die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verbessern und um die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung zu messen. Die FATF gibt weiter an, dass im Bereich der Entwicklung und Nutzung von Finanzinformationen durch alle zuständigen Behörden, insbesondere der Financial Intelligence Unit (FIU) und der Strafverfolgungsbehörden, erhebliche Verbesserungen erforderlich sind.
Priorisierung von Geldwäscheermittlung und -verfolgung
Schließlich seien nach Ansicht der FATF in Deutschland die Geldwäscheermittlungen und -verfolgungen stärker zu priorisieren. Mit diesem Kritikpunkt werden insbesondere die FIU als auch die deutschen Strafverfolgungsbehörden angesprochen. Nach den Prüfern der FATF müssten die Prozesse bei der FIU verbessert und effizienter ausgestaltet werden, auch durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz oder anderen fortschrittlichen Analysen,
Die im Jahr 2017 neu strukturierte FIU steht seit Jahren in der Kritik, bei der Bearbeitung von Verdachtsfällen und entsprechenden Ermittlungen ineffizient und zu langsam zu handeln. Aufbereitungen von Verdachtsfällen fänden nicht immer statt und Verdachtsmeldungen würden nicht oder nicht rechtzeitig an die zuständigen Strafermittlungsbehörden weitergeleitet. Im Fall einer nicht rechtzeitig weitergeleiteten Verdachtsanzeige ermittelt momentan sogar die Staatsanwaltschaft Osnabrück. Der Fall hatte im Spätsommer große Wellen geschlagen, als im Zuge der Ermittlungen Bundesministerien durchsucht wurden.
Zudem wird die geringe Anzahl an Verurteilungen wegen Geldwäschedelikten kritisiert. Hinzu käme, dass in der Regel lediglich die Handlanger, nicht die tatsächlichen Hintermänner, verurteilt würden. Auch die mangelnde personelle Ausstattung bei den Strafverfolgungsbehörden sei ein Grund für eine unzureichende Strafverfolgung.
Weitere Anstrengungen in der Geldwäscheprävention werden erforderlich sein
Als wirtschaftlich und politisch stabiles Land, das Privatpersonen und Unternehmen hohe Rechtssicherheit gewährleistet sowie der nach wie vor weit verbreiteten nicht begrenzten Bargeldverwendung bietet Deutschland – zusammen mit den oben aufgezeigten Schwächen – einen guten Nährboden für Geldwäsche und eine hohe Risikoexposition. Gemessen an dem Risiko Deutschlands, für Geldwäsche missbraucht zu werden, müsse das Land nach den FATF-Prüfern mehr machen. Hinzu kommt, bedingt durch den großen Bankensektor und den starken Mittelstand, eine hohe Anzahl an Unternehmen, die dem Geldwäschegesetz unterliegen und entsprechend beaufsichtigt werden müssen.
Die Bundesrepublik hat in den vergangenen Jahren mit der GwGMeldV-Immobilien, der Reform des § 261 StGB und dem Umbau des Transparenzregisters bereits einige Anstrengungen unternommen, um den Ruf als „Geldwäscheparadies“ abzuschütteln. Dennoch werfen die Prüfungsergebnisse kein gutes Licht auf die Geldwäscheprävention in Deutschland.
Kurz vor der Veröffentlichung des MER hat Bundesfinanzminister Christian Lindner Maßnahmen zur Bekämpfung von Finanzkriminalität und effektiveren Sanktionsdurchsetzung in Deutschland verkündet, die insbesondere die Einrichtung einer neuen Koordinierungsbehörde auf Bundesebene sowie eines Bundesfinanzkriminalamts beinhalten. Damit begegnete die Bundesregierung bereits wesentlichen Kritikpunkten der FATF-Prüfer. Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Reformvorschläge als Reaktion auf den Abschlussbericht folgen werden.