Die FATF hat erste Ergebnisse des mit Spannung erwarteten Berichts zur Geldwäscheprüfung Deutschlands veröffentlicht, die nichts Gutes erwarten lassen.
Seit September 2020 führt die Financial Action Task Force („FATF“) in Deutschland eine Überprüfung der Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung durch. Die Prüfung erfolgt in einer Zeit, in der Deutschland wegen Schwächen bei der Geldwäschebekämpfung in die Schlagzeilen geraten ist und den Ruf als „Geldwäscheparadies“ erhalten hat. Deshalb werden die Ergebnisse der Länderprüfung von Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit mit Spannung erwartet.
Vor Kurzem hat die FATF erste Ergebnisse des für September 2022 erwarteten Abschlussberichts veröffentlicht.
Hintergründe zur Länderprüfung durch die FATF
Die FATF prüft als internationaler Standardsetzer im Bereich der Geldwäscheprävention, Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Proliferation alle zehn Jahre ihre Mitglieder. Im Rahmen einer umfassenden Evaluierung werden sowohl gesetzliche und behördliche Vorgaben als auch die tatsächliche Effektivität aller Maßnahmen geprüft, die der Geldwäschebekämpfung dienen. Die FATF-Mitgliedstaaten prüfen sich dabei gegenseitig und werden vom FATF-Sekretariat unterstützt.
Nachdem im Herbst 2021 die sog. On-Site-Visits stattfanden, bei denen sich die Experten vor Ort ein Bild über die Geldwäscheprävention machten, wurden die Stellungnahmen und Erkenntnisse der bisherigen Prüfungsschritte in den vergangenen Monaten in der FATF besprochen. Im Juni 2022 erfolgte eine Erörterung des vorläufigen Abschlussberichts im Plenum der FATF. Mit der Veröffentlichung dieses Berichts, dem sog. Mutual Evaluation Report (MER), ist die Länderprüfung nach rund zwei Jahren abgeschlossen.
Erste Ergebnisse aus dem Abschlussbericht durch die FATF veröffentlicht
Im Nachgang zu den Plenartagungen, die dieses Jahr in Berlin stattfanden, wurden erste Ergebnisse der Prüfung von der FATF veröffentlicht. In diesen heißt es, dass Deutschland zwar in den letzten fünf Jahren Verbesserungen im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgenommen, ein stärkeres Bewusstsein für die Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf nationaler Ebene geschaffen sowie die Koordination zwischen Bund und Ländern verbessert habe. Dennoch seien „erhebliche Verbesserungen“ bei den folgenden Punkten erforderlich:
Aufsicht über den Nichtfinanzsektor
Die FATF benennt zum einen die Aufsicht über den Nichtfinanzsektor. Die Geldwäscheaufsicht in Deutschland ist, teilweise bedingt durch ihre föderale Struktur, insbesondere im Nichtfinanzsektor stark zersplittert. Während die zuständige Aufsichtsbehörde im Finanzsektor, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), auf Bundesebene eingerichtet ist, existieren im Nichtfinanzsektor mehr als 300 zuständige Behörden (z.B. die Glücksspiel- und Güterhändleraufsicht oder die jeweiligen Kammern der Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer).
Kritisiert wird vor allem, dass die Behörden personell und fachlich unzureichend aufgestellt seien. Tatsächlich ist bspw. die Aufsicht über die große Verpflichtetengruppe der Güterhändler regional auf Regierungs-, Bezirks- oder Kreisebene organisiert. Die zuständigen Fachabteilungen in den Behörden müssen mit geringer personeller Kapazität über mehrere 10.000 Unternehmen wachen. Auch die Koordination zwischen den einzelnen Aufsichtsbehörden ist spätestens mit dem Wirecard-Skandal in den Fokus der Kritik geraten. Hier war die geldwäscherechtliche Aufsichtszuständigkeit zwischen Behörden aus dem Nichtfinanzsektor und dem Finanzsektor ungeklärt.
Verfügbarkeit von Informationen über wirtschaftlich Berechtigte
Laut den Aussagen der FATF müsse Deutschland zudem die Verfügbarkeit von und den Zugang zu Informationen über wirtschaftlich Berechtigte verbessern. Dieser Kritikpunkt adressiert sich insbesondere an das Transparenzregister, das für einen vollständigen Zugang zu Informationen über wirtschaftlich Berechtigte geschaffen wurde. Die Umstellung des Transparenzregisters von einem Auffangregister auf ein Vollregister läuft momentan noch. Die bisherigen Regelungen zur sog. Mitteilungsfiktion sind aus Sicht der Geldwäscheprävention kritikwürdig, da sie einem vollständigen Register mit Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten im Wege standen, auch wenn dadurch die deutsche Wirtschaft von zahlreichen Doppeleintragungen in Handelsregister und Transparenzregister verschont blieb.
Zudem ist der Abruf von Daten aus dem Transparenzregister weiterhin aufwändig und kann nur manuell erfolgen. Eine digitale Schnittstelle, die es zumindest Verpflichteten aus dem Finanzsektor sowie Notaren ermöglicht, Informationen aus dem Transparenzregister unmittelbar abzurufen, wird vor dem Jahr 2023 nicht errichtet sein.
Verstärkte Entwicklung und Nutzung von Finanzinformationen
Die FATF gibt weiter an, dass im Bereich der Entwicklung und Nutzung von Finanzinformationen durch alle zuständigen Behörden, insbesondere der Financial Intelligence Unit (FIU) und der Strafverfolgungsbehörden, erhebliche Verbesserungen erforderlich sind. Dieser Kritikpunkt zielt auf mehrere Schwachstellen in der deutschen Geldwäscheprävention ab. So muss etwa die Koordination und Datenermittlung zwischen einzelnen Behörden national und international verbessert werden. Darüber hinaus gibt es in Deutschland kaum aussagekräftige Informationen und Daten, die eine strukturierte Analyse von komplexer Geldwäsche und illegalen Finanzströmen ermöglichen.
Priorisierung von Geldwäscheermittlung und -verfolgung
Schließlich seien nach Ansicht der FATF in Deutschland die Geldwäscheermittlungen und -verfolgungen stärker zu priorisieren. Mit diesem Kritikpunkt werden insbesondere die FIU sowie die deutschen Strafverfolgungsbehörden angesprochen. Die im Jahr 2017 neu strukturierte FIU steht seit Jahren in der Kritik, bei der Bearbeitung von Verdachtsfällen und entsprechenden Ermittlungen ineffizient und zu langsam zu handeln. Aufbereitungen von Verdachtsfällen fänden nicht immer statt und Verdachtsmeldungen würden nicht oder nicht rechtzeitig an die zuständigen Strafermittlungsbehörden weitergeleitet. Im Fall einer nicht rechtzeitig weitergeleiteten Verdachtsanzeige ermittelt momentan sogar die Staatsanwaltschaft Osnabrück. Der Fall hatte im Spätsommer 2021 hohe Wellen geschlagen, als im Zuge der Ermittlungen Bundesministerien durchsucht wurden.
Zudem wird die geringe Anzahl an Verurteilungen wegen Geldwäschedelikten kritisiert. Hinzu käme, dass i.d.R. lediglich die Handlanger, nicht die tatsächlichen Hintermänner, verurteilt würden. Auch die mangelnde personelle Ausstattung bei den Strafverfolgungsbehörden sei ein Grund für eine unzureichende Strafverfolgung.
Weitere Anstrengungen in der Geldwäscheprävention werden erforderlich sein
Als wirtschaftlich und politisch stabiles Land, das Privatpersonen und Unternehmen hohe Rechtssicherheit gewährleistet, bietet Deutschland aufgrund der nach wie vor weit verbreiteten nicht begrenzten Bargeldverwendung zusammen mit den oben aufgezeigten Schwächen einen guten Nährboden für Geldwäsche.
Die Bundesrepublik hat in den vergangenen Jahren mit der GwGMeldV-Immobilien, der Reform des § 261 StGB und dem Umbau des Transparenzregisters bereits einige Anstrengungen unternommen, um den Ruf als „Geldwäscheparadies“ abzuschütteln. Dennoch ist mit Blick auf die vorab veröffentlichten Ergebnisse des MER damit zu rechnen, dass die Prüfung insgesamt kein gutes Licht auf die Geldwäscheprävention in Deutschland werfen und hohe Wellen in Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit schlagen wird.
Die FATF wird den MER voraussichtlich im September 2022 veröffentlichen. Über die Ergebnisse der Länderprüfung sowie mögliche Konsequenzen daraus halten wir Sie selbstverständlich im Rahmen unserer Vortragsreihe der Geldwäsche-Experten-Frühstücke auf dem Laufenden.