13. Oktober 2021
Pandora Papers Geldwäscheprävention
Banking & Finance

Die Pandora Papers – Eine Bewährungsprobe für die Wirksamkeit der Geldwäscheprävention bei Offshore-Bezug

Die Enthüllung des Journalistennetzwerks ICIJ gibt Anlass, die Wirksamkeit vorhandener Geldwäschepräventionsmaßnahmen bei Offshore-Bezug kritisch zu hinterfragen.

Nach aufsehenerregenden Enthüllungen wie den Panama Papers, den Paradise Papers, den Lux Leaks oder den Luanda Leaks veröffentlichte das internationale Konsortium investigativer Journalisten (International Consortium of Investigative Journalists, kurz ICIJ) mit den Pandora Papers am 3. Oktober 2021 die wohl umfangreichste Enthüllungsserie mutmaßlich illegaler oder zumindest illegitim anmutender Offshore-Geschäfte zugunsten hochrangiger Politiker, Prominenter und verurteilter Straftäter. 

„Pandora Papers“: 11,9 Millionen interne Unterlagen von vierzehn Offshore-Dienstleistungsanbietern

Das ICIJ spricht von der Enthüllung eines globalen Schattennetzwerks, von dem Reiche und gut Vernetzte weltweit auf Kosten der Allgemeinheit profitierten. Koordiniert durch Journalisten der Washington Post werteten Journalisten namhafter Pressevertreter, darunter solche der Süddeutschen Zeitung, des NDR und des WDR, etwa 11,9 Millionen interne Unterlagen von vierzehn Offshore-Dienstleistungsanbietern aus. Da Kunden dieser Dienstleister maßgeblich auf die Vertraulichkeit und Anonymität der Dienste setzen, wird die jüngste Enthüllung der Branche – so die Hoffnung der Journalisten – einen erneuten Schlag versetzen.

Besonders brisant an den Pandora Papers ist, dass im Fokus der Recherchen hochrangige Politiker stehen, die sich im öffentlichen Auftritt der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität wie Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung verschreiben. Besondere Aufmerksamkeit liegt etwa auf der aserbaidschanischen Herrscherfamilie Aliyev, die über verschiedene Offshore-Gesellschaften bislang unerkannt Luxusimmobilien in dreistelliger Millionenhöhe in UK halten, oder dem tschechischen Premierminister Andrej Babiš, der 2009 über Offshore-Gesellschaften für EUR 15 Millionen ein Anwesen in Südfrankreich erworben haben soll. Ebenfalls im Fokus der Öffentlichkeit stehen, neben „üblichen Verdächtigen“ wie dem jordanischen König Abdullah II. oder engen Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der ehemalige britische Premierminister Tony Blair und dessen Ehefrau, die bei einem Immobilienerwerb in London mutmaßlich Steuerschlupflöcher genutzt hätten. 

Insgesamt 330 Politiker und Amtsträger aus 91 Ländern, darunter 35 frühere und amtierende Staats- und Regierungschefs, stehen in Verbindung mit den Enthüllungen der Pandora Papers. Besonders schwer wiegt in der öffentlichen Wahrnehmung der Verdacht, dass gerade diejenigen, die ob ihrer Position in der Lage wären globale Wirtschaftskriminalität zu bekämpfen, daran kein Interesse haben, weil sie deren Profiteure sind.

Geldwäscherechtlich Verpflichtete sollten intern vorhandene Sicherungsmaßnahmen prüfen

Nicht nur bei Politikern, auch bei Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz (§ 2 Abs. 1 GwG) in der Finanz- und Nichtfinanzindustrie sorgt die neueste Enthüllung für Unbehagen. Geldwäschebeauftragte und Compliance-Verantwortliche stellen sich die Frage, ob und in welchem Umfang Handlungsbedarf auf sie zukommt: 

Reichen die bisherigen Know Your Customer (KYC)-Maßnahmen aus, um eine Beteiligung an kritischen Offshore-Geschäften zu identifizieren? Was tun mit Kunden, die im Zusammenhang mit den Enthüllungen in Erscheinung treten? Was tun, um Haftungsrisiken für das eigene Institut zu reduzieren? Bestehen auch für uns Reputationsrisiken, wenn wir in der öffentlichen Wahrnehmung mit den Enthüllungen in Verbindung gebracht werden?

Hier gilt es zunächst, einen kühlen Kopf zu bewahren. Gleichwohl ist es empfehlenswert, die Pandora Papers zum Anlass zu nehmen, intern vorhandene Sicherungsmaßnahmen kritisch zu hinterfragen. 

Überprüfung des Risikoprofils von „Offshore-Geschäftsbeziehungen“ 

In einem ersten Schritt empfiehlt es sich, den Stammkundenkreis auf Übereinstimmung mit den im Zusammenhang mit den Pandora Papers genannten Personen zu überprüfen. Das ICIJ stellt für die Überprüfung eine eigene Datenbank (Offshore Leaks Database) zur Verfügung, in die bislang noch keine Daten zu den Pandora Papers eingespeist sind. Dies wird sicher zeitnah geschehen.

In der Zwischenzeit bietet sich eine suchmaschinenbasierte Recherche (z.B. „[Kundenname]“ + „Pandora Papers“) an, um einen Zusammenhang zu identifizieren. Ergibt die Recherche mutmaßliche Verbindungen zwischen Kunden und den Pandora Papers, bietet es sich an, eine anlassbezogene Prüfung der Geschäftsbeziehung, insbesondere der wirtschaftlich Berechtigten und der Herkunft eingesetzter Vermögenswerte, durchzuführen. 

Einige kundenbezogene und geografische Faktoren, denen das GwG ein (potenziell) erhöhtes Geldwäscherisiko attestiert, kommen im Zusammenhang mit den Pandora Papers zum Tragen. 

So sind Geschäftsbeziehungen zu Politikern, die ein hochrangiges öffentliches Amt bekleiden (sog. PEPs), zu deren Familienmitgliedern oder ihnen bekanntermaßen nahestehenden Personen gewissen verstärkten Sorgfaltspflichten zu unterziehen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 GwG).  

Unternehmen mit nominellen Anteilseignern oder Unternehmen mit übermäßig kompliziert erscheinenden Eigentümerstrukturen kommt ein potenziell erhöhtes Kundenrisiko zu (Anlage 2 zum GwG, Nr. 1 lit. d, f). Offshore-Gesellschaften werden regelmäßig von sog. Nominees vertreten, die letztlich gegen Entgelt ihren Namen zur Verfügung stellen, um den tatsächlichen Geschäftsführern und Gesellschaftern bestmögliche Anonymität zu bieten. Zudem finden sich Offshore-Gesellschaften regelmäßig auf oberer Beteiligungsebene bei komplex verschachtelten Gesellschaftsstrukturen wieder. 

Offshore-Gesellschaften haben ihren Sitz typischerweise in Jurisdiktionen, die sich durch geringe Transparenzanforderungen und eine zurückhaltende Finanzmarktaufsicht auszeichnen (sog. Offshore-Jurisdiktionen). Das GwG assoziiert Jurisdiktionen, deren Finanzsysteme laut glaubwürdiger Quellen (etwa Evaluierungsberichte der Financial Action Task Force, kurz FATF) nicht über hinreichende Systeme zur Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verfügen, mit einem potenziell erhöhten Geldwäscherisiko (Anlage 2 zum GwG, Nr. 3 lit. a)). 

Offshore-Jurisdiktionen wie die Bahamas, Barbados oder Mauritius zählt die EU-Kommission gar zu den sog. „Drittländern mit hohem Risiko“ (vgl. Anhang, EU Delegierte Verordnung (EU) 2016/1675). Sind an einer Geschäftsbeziehung oder Transaktion dort ansässige natürliche oder juristische Personen beteiligt, sind bestimmte verstärkte Sorgfaltspflichten verpflichtend (§ 15 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 5 GwG). 

Anlassbezogene Durchführung verstärkter KYC-Maßnahmen

Um Bußgeldrisiken zu vermeiden, sollte in jedem Fall überprüft werden, ob bei Vorliegen eines oder mehrerer der vorgenannten Faktoren – unabhängig von einer konkreten Verbindung zu den Pandora Papers oder sonstigen Enthüllungen des ICIJ – zumindest die jeweils zwingenden einschlägigen verstärkten Sorgfaltspflichten durchgeführt werden und ein risikoangemessen engmaschiges Monitoring sichergestellt ist. Sollte dies nicht oder nur unzureichend der Fall sein, empfiehlt es sich, Maßnahmen unverzüglich nachzuholen. 

Abgabe von Verdachtsmeldungen und erhöhtes „Tipping Off“-Risiko

Ergeben sich durch die Prüfmaßnahmen Tatsachen, die darauf hindeuten, dass eine Geschäftsbeziehung oder Transaktion im Zusammenhang mit Geldwäsche stehen könnte, oder weigert sich ein Vertragspartner Informationen über seinen wirtschaftlich Berechtigten offenzulegen, kann dies zur Pflicht, eine Verdachtsmeldung an die Financial Intelligence Unit (FIU) abzugeben, führen (§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 3 GwG). Sollte die Verdachtsmeldung im Zusammenhang mit den Pandora Papers stehen, ist besondere Vorsicht bei einer Kontaktaufnahme zu den Vertragspartnern geboten: Da diese regelmäßig wissen, dass sie im Fokus negativer Presseberichterstattung stehen, kann eine (ungeschickte) Kontaktaufnahme gegen das Verbot der Informationsweitergabe (sog. Tipping Off-Verbot, § 47 GwG) verstoßen. 

Beendigungspflicht, wenn Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten nicht möglich

Ob eine Geschäftsbeziehung beendigt werden soll, ist im Einzelfall zu entscheiden. Eine gesetzliche Beendigungspflicht besteht dann, wenn ein GwG-Verpflichteter nicht in der Lage ist, die jeweils anwendbaren Sorgfaltspflichten zu erfüllen (§ 10 Abs. 9 GwG; § 15 Abs. 9 GwG).

Bei Offshore-Bezug bestehen Beendigungspflichten häufig deshalb, weil die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten nicht gelingt. Obwohl das GwG darüber hinaus keine Beendigungspflichten vorsieht, sehen gerade im Finanzsektor interne Compliance-Vorgaben dies regelmäßig nach Abgabe einer Verdachtsmeldung vor.

In jedem Fall ratsam: Verstärktes Monitoring bei Offshore-Bezug

Es empfiehlt sich in jedem Fall, Unternehmen im Kundenkreis, die über komplexe Beteiligungsstrukturen unter Einbeziehung von Offshore-Gesellschaften gehalten werden, intern einer erhöhten Risikokategorie zuzuordnen und einer engmaschigen periodischen Überwachung zu unterziehen. Bei der KYC-Prüfung sollte ein besonderes Augenmerk auf der Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten sowie auf der Prüfung der Herkunft eingesetzter Vermögenswerte liegen. 

Durch die Pandora Papers steigt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erneut. Dies wird nach Einschätzung der Autorin zu strengeren regulatorischen Anforderungen und einer verstärkten Überprüfung einschlägiger interner Sicherungsmaßnahmen durch die Aufsichtsbehörden führen.  

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