Ein SWIFT-Ausschluss russischer Banken wird – nicht nur in Russland – Folgen für Kreditinstitute und Unternehmen der Realwirtschaft haben.
Als Reaktion auf die Krise in der Ukraine verabschiedeten insbesondere die EU, das UK und die USA innerhalb der letzten Tage engmaschig Sanktionspakete gegen Verursacher auf russischer Seite.
++ Update ++ 2. März 2022 ++ Update ++
Am Abend des 26. Februar 2022 verkündete EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, dass man sich verpflichten werde, dafür zu sorgen, dass bestimmte russische Banken aus dem SWIFT-System entfernt werden.
Der SWIFT-Ausschluss wird vielerorts als „schärfste Sanktionswaffe“ bezeichnet.
SWIFT ist ein Grundpfeiler des sicheren internationalen Bankenverkehrs
SWIFT ist ein Akronym für die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication. Es ist eine belgische, von Banken gehaltene Genossenschaft, die über ein besonders sicheres Telekommunikationsnetz den Nachrichtenverkehr im Korrespondenzbankgeschäft abwickelt. Das Telekommunikationsnetz, das im Tagesdurchschnitt über 46 Millionen Nachrichten versendet, wurde zuletzt von über 11.600 Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten weltweit genutzt. Es gilt damit als Grundpfeiler des internationalen Zahlungsverkehrs.
Kurzum führt für Institute, die am internationalen Zahlungsverkehr teilnehmen möchten, kaum ein Weg an SWIFT vorbei.
SWIFT ist EU-Recht unterworfen
SWIFT unterliegt als belgische Genossenschaft auch EU-Recht und wäre damit an EU-Beschlüsse zum Ausschluss bestimmter russischer Banken gebunden. Es ist damit zu rechnen, dass kurzfristig eine EU-Verordnung erlassen wird, die es – ähnlich wie 2012 in Bezug auf den Iran – verbieten wird, bestimmten gelisteten natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen spezielle Zahlungsverkehrsdienstleistungen zu erbringen, die für den Austausch von Finanzdaten verwendet werden.
Ausschluss nur bestimmter, bereits sanktionierter russischer Banken geplant
Es soll vorerst nicht zu einem kompletten Ausschluss des russischen Finanzsektors von SWIFT kommen. Zunächst ist geplant, nur diejenigen russischen Banken auszuschließen, die bereits von der internationalen Gemeinschaft sanktioniert worden sind, erforderlichenfalls aber auch weitere.
Da sie bereits umfassend von der EU sanktioniert worden sind, ist zu erwarten, dass die Bank Rossya, die Promswjasbank, die Vnesheconombank (VEB.RF) sowie die in der Krim-Region operierende Russian National Commercial Bank (RNKB) ausgeschlossen werden. Gleiches dürfte für die von den USA SDN-gelistete VTB gelten.
Ob und inwieweit auch die russische Zentralbank und weitere von kapitalmarktbezogenen Sanktionen betroffene Institute ausgeschlossen werden und ob und inwieweit auch nicht sanktionierte Tochtergesellschaften ausgeschlossen werden, bleibt abzuwarten.
Update: Liste der sanktionierten Banken
Die den SWIFT-Ausschluss regelnde Verordnung ist am 2. März 2022 im Amtsblatt veröffentlicht worden.
Danach wird es EU-Wirtschaftsteilnehmern – wie SWIFT – ab dem 12. März 2022 untersagt, spezialisierte Nachrichtenübermittlungsdienste für den Zahlungsverkehr, die für den Austausch von Finanzdaten verwendet werden, für gelistete Banken sowie deren ebenfalls in Russland ansässige unmittelbare und mittelbare (>50%) Tochtergesellschaften zu erbringen (Art. 5h n.F. Verordnung (EU) Nr. 833/2014).
Gelistet sind (Anhang XIV):
– Bank Otkritie
– Novikombank
– Promsvyazbank
– Sovcombank
– VNESHECONOMBANK (VEB)
– VTB BANK
GAZPROMBANK und SBERBANK sind demnach vorerst nicht betroffen.
Ein Ausschluss russischer Banken aus SWIFT wird internationale Transfergeschäfte erschweren
Der Ausschluss der Banken von SWIFT wird de facto zu einem weitgehenden Ausschluss der betroffenen russischen Banken vom internationalen Zahlungsverkehr führen. Es ist damit zu rechnen, dass insbesondere Unternehmenskunden mit internationalen Handelsbeziehungen kurzfristig vorhandene Vermögenswerte auf Konten anderer, nicht betroffener Banken transferieren werden.
Für deutsche und EU-Institute, die Korrespondenzbankbeziehungen zu betroffenen Instituten unterhalten, dürfte der SWIFT-Ausschluss ganz überwiegend dazu führen, dass für die Dauer des Ausschlusses kein Zahlungsverkehr mit ihnen stattfinden wird. Zwar ist es theoretisch möglich, auf alternative Kommunikationskanäle zurückzugreifen oder Transaktionsnachrichten manuell zu übermitteln. Es ist jedoch überwiegend unwahrscheinlich, dass EU-Korrespondenzbanken sich hierauf einlassen, insbesondere dann, wenn es sich bei dem russischen Institut um eines handelt, gegen das ohnehin Sanktionen verhängt worden sind.
Zahlungsverkehr kann noch über Konten in Drittländern abgewickelt werden
Ein Ausschluss der Hausbank eines Unternehmens bedeutet zunächst, dass es über diese keine Auslandszahlungen mehr abwickeln können. Unternehmen, die (auch) über Konten bei nicht betroffenen Instituten verfügen, werden zunächst auf diese Konten zurückgreifen und so (zumindest vorerst) handlungsfähig bleiben.
Auch vorstellbar ist, dass russische Unternehmen ihren Auslandszahlungsverkehr über Konten bei Instituten in Drittländern abwickeln. Ebenfalls denkbar ist, dass russische Unternehmen auf Bankverbindungen von im Ausland befindlichen Unternehmen im Konzernverbund zurückgreifen. Zudem könnte mancherorts die Abwicklung internationaler Handelsgeschäfte über Kryptowerte angedacht werden.
Für internationale Geschäftspartner russischer Unternehmen wird es aller Voraussicht nach zu zahlreichen (vorübergehenden) Zahlungsausfällen bei russischen Geschäftspartnern kommen. Mittelfristig können, je nach wirtschaftlicher Gesamtsituation des Geschäftspartners, auch Insolvenzrisiken bestehen.
Unternehmen müssen Risikoabwägungen treffen, um Zahlungsausfälle zu verhindern
Aufgrund der dynamischen Entwicklung des Sanktionsgeschehens werden vermutlich zahlreiche Unternehmen unter Risikogesichtspunkten entscheiden, ihr Russlandgeschäft vorerst vollständig „auf Eis zu legen“. Unternehmen, die an Geschäftsbeziehungen zu russischen Partnern festhalten wollen, sollten sorgfältig darauf achten, dass die Geschäftsbeziehung nicht gegen bestehende Sanktionsvorschriften, insbesondere Bereitstellungsverbote, verstößt. Dies kann auch der Fall sein, wenn unmittelbar oder mittelbar hinter einem nicht sanktionierten Geschäftspartner ein sanktionierter Mehrheitseigner steht. Die Zahlungsmodalität, deren Durchführbarkeit und Rechtmäßigkeit sollten stets umfassend im Vorfeld geklärt werden, um rechtliche und wirtschaftliche Risiken möglichst gering zu halten.