6. August 2019
beA Umlaut Sonderzeichen
Kanzleialltag

Vorsicht beim beA: Tücken des elektronischen Rechtsverkehrs

Der elektronische Rechtsverkehr kommt langsam in Schwung. Da sorgt eine Nachricht für Verunsicherung: Umlaute und Sonderzeichen vereiteln eine Zustellung.

Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) funktioniert wie folgt: Der Rechtsanwalt erstellt seinen Schriftsatz, wandelt ihn in das PDF-Format um und übersendet ihn aus seinem Anwaltspostfach an die elektronische Posteingangsstelle des Gerichts.

Die meisten Gerichte verfügen mittlerweile über ein Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP), in dem sie Schriftsätze empfangen können. Wie bei einer E-Mail auch, werden der elektronischen Nachricht die PDF-Dateien (Schriftsatz, Anlagen etc.) als Anhänge beigefügt.

beA erteilt automatische Eingangsbestätigung

War die Übertragung erfolgreich, verschiebt die beA-Webanwendung die Nachricht in den Ordner für versandte Nachrichten. Dort erscheint neben der Nachricht die Angabe „Erfolgreich″. Öffnet der Anwalt die Nachricht noch einmal, werden unter der Überschrift „Zusammenfassung Prüfprotokoll″ in der Rubrik „Status″ der Hinweis „kein Fehler″ sowie links daneben Datum und Uhrzeit des Eingangs bei Gericht angezeigt.

So war es auch gedacht. Denn die Verfahrensordnungen sehen vor, dass ein elektronisches Dokument bei Gericht eingegangen ist, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist, und dass dem Absender eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen ist (z. B. § 130a Abs. 5 ZPO, § 46c Abs. 5 ArbGG, § 55a Abs. 5 VwGO). Auf diese Weise sollen die früher erforderlichen telefonischen Nachfragen bei Gericht, ob ein fristgebundener Schriftsatz wirklich eingegangen ist, überflüssig werden.

Keine Vorgaben für Dateinamen

Eher zweitrangig erschien bislang die Frage, welchen Dateinamen der Anwalt der PDF-Datei, die den Schriftsatz enthält, gibt. In § 2 Abs. 2 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach heißt es lediglich, dass der Dateiname den Inhalt des elektronischen Dokuments schlagwortartig umschreiben und bei der Übermittlung mehrerer elektronischer Dokumente eine logische Nummerierung enthalten soll. Die Rechtsanwaltskammer Schleswig-Holstein hat beispielsweise vorgeschlagen, die Datei „Klägerschriftsatz Datum″ (also mit „ä″) zu nennen.

Vorsicht bei Sonderzeichen und Umlauten

Dieser Rat ist, wie sich nun herausgestellt hat, gefährlich:

Ein Anwalt hatte über das beA bei dem BFH die Begründung für eine Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht. Der Dateiname der PDF-Datei enthielt Umlaute und Sonderzeichen. Die Nachricht wurde deshalb vom zentralen Intermediär-Server des EGVP nicht dem BFH zugestellt, sondern in ein Verzeichnis für „korrupte″ Nachrichten verschoben. Auf diesen Server hat der BFH keinen Zugriff. Dies allein ist in einer Zeit, in der die gängigen Computer-Programme die meisten Sonderzeichen und jedenfalls alle Umlaute in Dateinamen akzeptieren, bereits bemerkenswert.

beA lässt Anwälte und Gericht im Unklaren

Es kommt aber noch schlimmer: Der Anwalt erhielt von dem beA – wie üblich – die Nachricht, dass der Versand seiner Nachricht an den BFH erfolgreich gewesen und hierbei kein Fehler aufgetreten sei.

Auch der BFH wurde nicht darüber informiert, dass eine für ihn bestimmte Nachricht „angehalten″ worden war. Deshalb wies der zuständige Senat den Anwalt nach Ablauf der Begründungsfrist darauf hin, dass er beabsichtige, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, weil keine Begründung eingegangen sei. Erst hierdurch erfuhr der Anwalt, dass die ihm von dem beA erteilte elektronische Eingangsbestätigung falsch war.

Haftungsrisiken für Anwälte

Der Anwalt im konkreten Fall hatte Glück: Der BFH gewährte ihm, sogar ohne Antrag, Wiedereinsetzung in die versäumte Frist, weil er das Fristversäumnis als unverschuldet ansah (BFH, Beschluss v. 5. Juni 2019 – IX B 121/18). Alle anderen Anwälte müssen jetzt aber aufpassen: Denn die Gerichte werden sich künftig möglicherweise auf den Standpunkt stellen, dass durch die Veröffentlichung des Beschlusses des BFH allgemein bekannt geworden sei, dass bei einem Versand über das beA Umlaute und Sonderzeichen in Dateinamen unzulässig sind. Es ist daher unklar, ob von nun an Anwälte, die einen unzulässigen Dateinamen verwenden, noch auf eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hoffen können.

Handlungsbedarf beim beA

Die Stellen, die für das beA verantwortlich sind, sind aufgerufen, unverzüglich Abhilfe zu schaffen. Die Webanwendung muss so programmiert werden, dass ein Hochladen von Anhängen, die einen unzulässigen Dateinamen enthalten, nicht mehr möglich ist. Denn zahlreiche deutsche Gerichte haben in ihrem Namen einen Umlaut (z. B. LG Köln, ArbG München, SG Düsseldorf). Dass „Schriftsatz an LG Köln 2019-08-05.pdf″ ein unzulässiger Dateiname ist, ist angesichts dessen verwunderlich, so dass ein Anwalt hiermit nicht rechnen muss bzw. musste.

Tags: beA besonderes elektronisches Anwaltspostfach elektronischer Rechtsverkehr Sonderzeichen Umlaut Wiedereinsetzung