30. Dezember 2010
Vier Wanduhren mit unterschiedlichen Uhrzeiten
Kanzleialltag

Zum Bedauern des Senats verjährt

Das Thema Verjährung wird ja zum Jahresende immer interessanter. Meist muss sich der Anspruchssteller sputen. In einem Ordnungsmittelverfahren kann der Gläubiger aber selbst dann ganz großes Pech haben, wenn er sich beeilt – aber das Gericht zu langsam ist.

Mir wurde bei der Lektüre dieses richterlichen Hinweises für einen Augenblick anders, bis ich mich nochmals vergewissert habe, dass ich den Schuldner vertrete:

„…weist der Senat auf folgendes hin:

Die Festsetzung eines Ordnungsmittels dürfte […] an der zwischenzeitlich eingetretenen Vollstreckungsverjährung scheitern…

Der Senat bedauert es außerordentlich, dass das Beschwerdeverfahren nicht zu einem früheren Zeitpunkt bearbeitet wurde. Der Senat war in den zurückliegenden Jahren überlastet, so dass sich ein hoher Bestand an Altverfahren gebildet hatte. […]″

Was passiert war: Der Gläubiger hatte wegen eines behaupteten Verstoßes gegen eine wettbewerbsrechtliche Unterlassungsverfügung einen Bestrafungsantrag nach § 890 ZPO gestellt. Erbittert wurde über zwei Instanzen (und länger als zwei Jahre!) darüber gestritten, ob tatsächlich ein Verstoß vorlag.

Die erste Runde ging an uns, die zweite endete, ohne dass wir uns auf Verjährung berufen mussten – denn für die Vollstreckungsverjährung gilt nicht § 11 UWG, sondern die Spezialregelung in Art 9 EGStGB: Zwei Jahre nach Beendigung der Zuwiderhandlung dürfen Ordnungsmittel nicht mehr festgesetzt werden (Art 9 I EGStGB). Das muss das Gericht von Amts wegen prüfen – es kommt also nicht darauf an, ob sich der Schuldner auf Verjährung beruft.

Ein mulmiges Gefühl bleibt, auch wenn man auf der glücklichen Seite steht. Der Fristenkalender ist ab jetzt  bei dahindümpelnden Ordnungsmittelverfahren um einen weiteren Eintrag reicher: „Verfahren durch pausenlose Anfragen bei Gericht beschleunigen„.

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