28. Juli 2023
Kündigungsbutton
Commercial

„Kündigungsbutton“: Gerichte präzisieren Anforderungen

Unternehmen stehen durch die Einführung des Kündigungsbuttons in Deutschland vor Herausforderungen. Zwei Entscheidungen sorgen für mehr Rechtssicherheit.

Seit Juli 2022 existiert im deutschen Recht die Pflicht für betroffene Unternehmen zur Bereitstellung eines „Kündigungsbuttons“. Dieser soll Verbraucher*innen die Beendigung von Dauerschuldverhältnissen im Internet erleichtern. § 312k Abs. 2 BGB schreibt eine „gut lesbare“ Schaltfläche vor, die mit den Wörtern „Verträge hier kündigen“ beschriftet ist. Zudem müssen die Verbraucher*innen „unmittelbar“ zu einer Bestätigungsseite geführt werden, wo Angaben zu der Kündigung gemacht werden können. 

Diese neue Pflicht ist eine „Erfindung“ des deutschen Gesetzgebers und basiert insbesondere nicht auf europäischem Recht. Verbraucherschutzverbände haben schon zahlreiche Abmahnungen an betroffenen Unternehmen ausgesprochen und stellen umfassende Informationen für Verbraucher*innen zum neuen Kündigungsbutton bereit. Der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) hat Anfang des Jahres ein mehrseitiges Dokument mit dem Titel „Verbraucherprobleme mit dem Kündigungsbutton – Ergebnisse aus Verbraucheraufruf und Marktanalyse“ veröffentlicht.

Die praktische Umsetzung der neuen Pflicht stellt Unternehmen vor zum Teil große Herausforderungen. Dies liegt zum einen an der unklaren und mehrdeutigen Formulierung des Gesetzes. Darüber hinaus sind die formellen Anforderungen zum Teil vollkommen überzogen und gehen weit über das hinaus, was der Verbraucherschutz gebietet. Zudem stellt der Umstand, dass die Pflicht zur Anzeige des Kündigungsbuttons auf einen Alleingang des deutschen Gesetzgebers zurückgeht, international agierende Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Einen kleinen Beitrag zur Rechtssicherheit leisten jetzt die beiden ersten Entscheidungen zu § 312k Abs. 2 BGB durch die Landgerichte Köln und Koblenz.

LG Koblenz: Kündigungsbutton schließt weitere Kündigungsoptionen nicht aus

Nach einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Landgerichts Koblenz ist die Verknüpfung des Kündigungsbuttons mit weiteren Kündigungsmöglichkeiten zulässig (Urteil vom 7. März 2023 – 11 0 21/22). Erforderlich ist aber, dass die Optionen deutlich voneinander abgegrenzt werden können. Zudem muss optisch klar erkennbar sein, dass der Kündigungsbutton die schnellste und einfachste Möglichkeit der Kündigung darstellt. 

Im streitgegenständlichen Fall gelangten die Nutzer*innen über den auf der Website der Beklagten angezeigten Link „Vertrag kündigen“ zu einer Bestätigungsseite. Auf dieser befand sich die Überschrift „Kündigungsformular“ und am Ende der Seite die Bestätigungsschaltfläche „Jetzt Kündigen“. Zudem waren mehrere Texte und weitere Schaltflächen auf der Bestätigungsseite platziert, u.a. ein Button mit der Beschriftung „Kündigungsassistent“. Die Klägerin, ein Wettbewerbsverein, machte geltend, durch die Schaltfläche „Kündigungsassistent“ sei der Kündigungsbutton nicht mehr „unmittelbar und leicht zugänglich“ i.S.d. § 312k Abs. 2 S. 4 BGB

Das LG Koblenz wies die Klage ab. Anhand von Formulierung und Gestaltung sei für die Verbraucher*innen ersichtlich, dass es sich um zwei unterschiedliche Kündigungsmöglichkeiten handele und die einfachste und schnellste diejenige über den Kündigungsbutton sei, über den der Vertrag durch einen Klick gekündigt werden könne. Weitere, alternative Kündigungsoptionen seien nicht zu beanstanden. Schließlich verfolge § 312k BGB, so das LG, den Zweck 

die Kündigungsmöglichkeiten des Verbrauchers [zu] erweitern, nicht jedoch die Abgabe von Kündigungserklärungen auf anderem Wege [zu] beschränken oder aus[zu]schließen (…). 

Insofern könne die Website zusätzlich zu dem vom Gesetzgeber vorgesehenen „Fragenkatalog“ eine alternative Kündigungsmöglichkeit über das Kundenkonto vorsehen. Im vorliegenden Sachverhalt lenkten weder die Beschriftung noch die Gestaltung am Ende der Seite von der Kündigungsschaltfläche ab. 

Auch wenn der Verbraucher diese Schaltfläche zuerst wahrnimmt, ist zu erwarten, dass er den Unterschied zwischen einer sofortigen Kündigung und einem Kündigungsassistenten erkennt. Das Wort „Assistent“ sagt gerade aus, dass eine Hilfestellung bei der Abgabe der Kündigung erfolgt, nicht dass dies die schnellste und direkteste Möglichkeit der Kündigung ist. Auch wenn die Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ aufgrund der Stellung oben auf der Seite zuerst wahrgenommen wird, ist dem Verbraucher dadurch nicht jegliche Wahrnehmung der restlichen Seite genommen. Das Kündigungsformular mit der Schaltfläche „Jetzt kündigen“ schließt unmittelbar an und ist nicht etwa auf der Seite versteckt.

Anforderungen an den Kündigungsbutton geringer als an den Kaufen-Button

Zudem seien an die Ausgestaltung des Buttons im Rahmen des § 312k Abs.2 BGB weniger hohe Anforderungen als an den „Kaufen-Button“ nach § 312j Abs. 3 BGB zu stellen. Grund dafür sei die unterschiedliche Schutzrichtung der beiden Normen. Während § 312j Abs. 3 vor der ungewollten Abgabe einer Willenserklärung schütze, solle § 312k lediglich eine einfache Kündigungsmöglichkeit sicherstellen:

Der Zweck des § 312j Abs. 3 BGB liegt darin, den Verbraucher vor unbeabsichtigten Vertragsschlüssen zu schützen, indem er gewarnt werden muss, etwas Rechtserhebliches zu tun und richtet sich gegen missbräuchliche Geschäftspraktiken, bei denen Verbrauchern im Internet scheinbar kostenlose Angebote unterbreitet werden, während sich an versteckter Stelle eine Klausel über die Kostenpflichtigkeit findet (…). Die Regelung des § 312k BGB soll den Verbraucher jedoch nicht vor der ungewollten Abgabe von Erklärungen, die zu Zahlungsverpflichtungen führen könnten, schützen, sondern lediglich die einfache Kündigungsmöglichkeit bereits eingegangener Vertragsverhältnisse sicherstellen. Die Situation unterscheidet sich schon allein deswegen entscheidend, da der Verbraucher hier die entsprechende Internetseite selbsttätig aufgrund des eigenen Anliegens, einen Vertrag zu beenden, aufsucht, also gerade eine rechtserhebliche Erklärung abgeben möchte und nicht davor geschützt werden soll, versehentlich eine nicht gewollte Erklärung abzugeben.

LG Köln: Kennwortabfrage vor Kündigung unzulässig

Eine weitere Entscheidung zu dem Thema traf bereits Mitte letzten Jahres das Landgericht Köln (Beschluss vom 29. Juli 2022 – 33 O 355/22). Demnach ist eine Gestaltung des Kündigungsbuttons, die vorsieht, dass Verbraucher*innen vor Ausübung der Kündigung ein Kundenkennwort eingeben müssen, unzulässig. Die Passwortpflicht erschwere die Kündigung erheblich und führe in Fällen, in denen ein*e Nutzer*in das Passwort vergessen habe, zum zumindest vorübergehenden Ausschluss des Kündigungsrechts:

Durch die Abfrage des Kundenkennworts baut die Antragsgegnerin eine Hürde auf, die in der genannten Vorschrift nicht vorgesehen und geeignet ist, ihn von der Kündigung abzuhalten, weil ihm das Kennwort möglicherweise nicht zugänglich ist. Wenn derartige Identifizierungsmöglichkeiten angeboten werden, muss zugleich eine Möglichkeit bestehen, durch Angabe von Namen und weiteren gängigen Identifizierungsmerkmalen (Wohnanschrift, E-Mail-Adresse und dergleichen) eine Kündigung zu erklären (…). 

Unternehmen sollten hohe Maßstäbe für die Umsetzung anlegen

Die beiden Entscheidungen verleihen den formellen Anforderungen des § 312k Abs. 2 BGB ein wenig Kontur. Insbesondere Verbraucherverbände legen diese Pflicht sehr streng aus und schießen in ihren Ansichten zum Teil deutlich über das im Sinne des Verbraucherschutzes Erforderliche hinaus (siehe Klageabweisung durch das LG Koblenz). Es ist vor allem danach zu fragen, ob der Kündigungsbutton so ausgestaltet ist, dass durchschnittliche und verständige Verbraucher*innen diesen zur Kenntnis nehmen und seine Funktion und Reichweite ohne weitere Hürden verstehen und nutzen können.

Aufgrund der regen Aktivität der Verbraucherschutzverbände ist mit weiteren Urteilen zu dem Thema zu rechnen. Betroffene Unternehmen, die (noch) nicht abgemahnt wurden, sollten ihre Angebote rechtlich prüfen und dabei hohe Maßstäbe für die Umsetzung des § 312k Abs. 2 BGB anlegen. Ansonsten drohen insbesondere Abmahnungen und hieraus resultierend Unterlassungspflichten, die dazu führen können, dass wichtige technische Prozesse kurzfristig angepasst werden müssen. 

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