4. September 2023
Bestellbutton
Commercial

Online-Bestellbutton: Gerichte legen strenge Maßstäbe an

Zwei Entscheidungen konkretisieren die rechtlichen Vorgaben für Online-Bestellbuttons. Rechtliche und finanzielle Konsequenzen müssen klar erkennbar sein.

Die Vorgaben zur Ausgestaltung des sog. „Bestellbuttons“ für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr folgen aus § 312j Abs. 3 BGB und basieren auf der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie. Ziel ist der Schutz von Verbraucher*innen, die sich nach Ansicht des Gesetzgebers vermehrt dem Risiko ausgesetzt sehen, aufgrund von irreführender oder unklar beschrifteter Schaltflächen Verträge abzuschließen, bei denen ihnen die Entgeltpflichtigkeit oder weitere Rechtsfolgen nicht bewusst sind. Der Bestellbutton soll dieser Gefahr entgegenwirken und insbesondere Kostenfallen verhindern.

§ 312j Abs. 3 BGB lautet im Wortlaut:

Der Unternehmer hat die Bestellsituation (…) so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 312j Abs. 3 BGB ist, dass der jeweilige Vertrag nicht zustande kommt (§ 312j Abs. 4 BGB), sodass auch Rückzahlungsansprüche von betroffenen Verbaucher*innen drohen. Die Umsetzung des § 312j Abs. 3 BGB ist immer wieder Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Dabei zeichnet sich ab, dass sowohl Verbraucherschutzverbände als auch Gerichte eine strenge, am Wortlaut der Norm orientierte Auslegung verfolgen. Dies bestätigen zwei aktuelle Entscheidungen aus Hildesheim und Köln.

LG Hildesheim: Verstoß durch Beschriftung der Schaltfläche „mit…bezahlen“

Das Landgericht Hildesheim befand in einer aktuellen Entscheidung, dass ein Button mit der Aufschrift „mit … bezahlen“ in einer bestimmten Bestellsituation nicht zwingend den Voraussetzungen des § 312j Abs. 3 BGB genüge, da es an der erforderlichen Eindeutigkeit fehle (Urteil v. 7. März 2023 – 6 O 156/22).

Auf der streitgegenständlichen Online-Verkaufsplattform wurden Schaltflächen mit folgender Beschriftung verwendet: „mit Paypal bezahlen“, „mit Kreditkarte bezahlen“, „Bezahlen mit SOFORT-Überweisung“ und „Bezahlen per Vorkasse“. Diese Schaltflächen befanden sich auf der letzten Seite des Online-Verkaufsprozesses, der mit der Überschrift „Schritt 3: Bezahloptionen“ versehen war. Beim Betätigen der Buttons wurde jedoch nicht ausschließlich die Bezahlmethode ausgewählt, sondern gleichzeitig eine verbindliche, kostenpflichtige Bestellung ausgelöst. 

Nach Auffassung des LG Hildesheim fehle es bei den verwendeten Schaltflächen an einer ausdrücklichen Bestätigung zur Zahlungsverpflichtung. Zwar erkannte das Gericht an, dass eine mit „bezahlen“ beschriftete Schaltfläche grundsätzlich den Rechtbindungswillen der Verbraucher*innen sowie ihre Kenntnis der Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts bestätige. Allerdings sei die Überschrift „Bezahloptionen“ geeignet, Verbraucher*innen zu der Annahme zu verleiten, sie könnten zunächst zwischen den verschiedenen Zahlungsmethoden wählen und den Vertragsabschluss anschließend bestätigen: 

Es fehlt daher bei der von der Beklagten verwendeten Beschriftung des Buttons an der erforderlichen Eindeutigkeit, die die vertragliche Bindung und die Zahlungspflicht vermittelt (Warnfunktion), so dass sie unzulässig ist.

AG Köln: Analoge Anwendung des § 312j Abs. 3 BGB auf Vertragsbeendigungen 

Das Amtsgericht Köln (Urteil v. 13. Februar 2023 – 133 C 189/22) beschäftigte sich im Februar 2023 ebenfalls mit dem Bestellbutton im Zusammenhang mit standardisierten E-Mails. Im streitgegenständlichen Fall ging es um eine Flugbuchung, bei der es zu einer Flugzeitänderung gekommen war. In einer standardisierten E-Mail forderte der Vertragspartner die Verbraucher*innen auf, per Button eine Auswahl zu treffen, z.B. um eine Erstattung des Flugpreises zu veranlassen. In der E-Mail hieß es u.a. wie folgt: 

Wenn Ihr Flug gestrichen wurde oder der geänderte Reiseplan (…) von der ursprünglichen Abflugs- oder Ankunftszeit abweicht, haben Sie das Recht auf eine Erstattung des Ticketpreises. Bitte wählen Sie diese Option aus, wenn Sie die gesamte Reise stornieren und eine Erstattung Ihres Ticketpreises anfordern möchten.

Um diese Option auszuwählen, mussten Verbraucher*innen den Button „Ich möchte eine Erstattung anfordern“ betätigen. Daraufhin wurde der Beförderungsvertrag gekündigt und lediglich ein Teil des Entgelts, bestehend aus Steuern und Gebühren, erstattet. 

Das Gericht nahm für diesen Fall eine analoge Anwendung des § 312j Abs. 3 BGB an, sodass die verschiedenen Auswahl-Buttons entsprechend beschriftet sein müssten. Als Begründung hieß es, dass § 312j BGB zwar das Zustandekommen von Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr regele, solche eindeutigen Bestimmungen jedoch für die Vertragsbeendigung fehlten: 

Eine Regelungslücke ist gegeben. Denn das deutsche Recht kennt keine Regelung, die Vorgaben zur Beschriftung von Schaltflächen bei der Vertragsbeendigung im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern zum Zwecke der Warnung vor der etwaigen Nicht-Erstattung erfolgter Zahlungen enthält.

Ferner führte das Gericht an, dass der Gesetzgeber den § 312j Abs. 3 BGB auf die Vertragsbeendigung ausgeweitet hätte, wenn er das Schutzbedürfnis der Verbraucher*innen erkannt hätte. Für eine Vergleichbarkeit der Interessenlagen spreche bereits, dass Vertragsschluss und Vertragsbeendigung rechtlich gleich zu gewichten seien. Außerdem bestehe in beiden Fällen die Gefahr, dass der Unternehmer mittels undurchsichtiger Darstellungen Kosten auf Verbraucher*innen abwälzt:

(…) der Gedanke des § 312j Abs. 3 BGB, die Kostentransparenz im Internet zu verbessern und es zu erschweren, Kunden durch die Verschleierung der Entgeltpflichtigkeit eines Angebots sowie durch unklare Preisangaben in Kostenfallen zu locken (…), lässt sich auf die Konstellation der Vertragsbeendigung (…) übertragen.

Verbraucher*innen seien aus diesem Grund darauf angewiesen, dass die finanziellen Konsequenzen des Betätigens der Schaltflächen aufgezeigt würden. Dies gelte insbesondere in den Fällen, in denen Verbraucher*innen zeitlich unter Druck gesetzt würden. Nur so könne der Regelungszweck des § 312j Abs. 3 BGB,

den Verbraucher vor Irreführung und Übereilung aufgrund der besonderen Situation im Internet bzw. bei der Nutzung sonstiger elektronischer Medien beim Vertragsschluss zu schützen,

gewahrt werden. Außerdem ergäbe sich die Ausweitung des Anwendungsbereichs bereits aus der Zielrichtung des Unionsrechts, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten. Die Vergleichbarkeit der Interessenlagen sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Verbraucher*innen sich die Informationen über die Vertragsbeendigung bereits vor der Beendigung selbst hätte einholen können. Denn das einseitige Aufdrängen der Vertragsänderung ermögliche gerade keine aufwändige und gewissenhafte Prüfung der Bedingungen.

„Vertragsbeendigungs-Button“ muss entsprechend § 312j Abs. 3 BGB ausgestaltet sein

Folglich hätte der Unternehmer die Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB erfüllen müssen. Diese Anforderungen seien anhand der Formulierung der Norm „zahlungspflichtig bestellen“ zu entwickeln. Die Verbraucher*innen müssten demnach die Rechtsverbindlichkeit und Zahlungspflichtigkeit des Betätigens des Buttons erkennen. 

Das AG Köln stellte im vorliegenden Fall fest, dass die Schaltfläche „Ich möchte eine Erstattung anfordern“ im Zusammenhang mit dem Begleittext, der von einem „Recht auf Erstattung des Ticketpreises“ spreche, irreführend sei. Es würde nicht darauf hingewiesen, dass lediglich ein kleiner Teil des Entgelts zurückerstattet werde. Außerdem würde nicht auf die unmittelbare Vertragsbeendigung durch das Betätigen des Buttons hingewiesen. Ein Verstoß gegen § 312j Abs. 3 BGB läge somit vor.

Bestellbuttons müssen strengen Anforderungen gerecht werden

Die beiden Entscheidungen verdeutlichen, dass bei der praktischen Umsetzung des Bestellbuttons nach § 312j Abs. 3 BGB ein hohes Verbraucherschutzniveau zu wahren ist. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Normzweck, nach dem Verbraucher*innen vor Übereilung und Irreführung zu schützen sind. Für die Ausgestaltung der Buttons bedeutet dies, dass bereits aus der Beschriftung die finanziellen und rechtlichen Konsequenzen hervorgehen müssen. Den Verbraucher*innen muss bewusst sein, dass sie durch das Betätigen einer Schaltfläche einen Vertrag abschließen bzw. beenden. Des Weiteren sollen ihnen entstehende oder nicht zurück zu erstattende Kosten transparent aufgezeigt werden. 

Unternehmen sollten sich streng an die gesetzlichen Vorgaben halten und den Gesetzeswortlaut „zahlungspflichtig bestellen“ oder eine vergleichbare Formulierung verwenden. Für Vertragsbeendigungen, mit denen in irgendeiner Form eine Zahlungspflicht des Verbrauchers einhergeht, sollten die Buttons mit spiegelbildlichen Formulierungen beschriftet werden, die die Rechtsverbindlichkeit des Anklickens erkennen lassen. Ansonsten drohen insbesondre Abmahnungen und hieraus resultierend Unterlassungspflichten. Es kann aber auch zu Rückzahlungsforderungen von betroffenen Verbraucher*innen kommen, da ein Vertrag bei falsch beschriftetem Bestell- (oder Beendigungs-)Button nicht zustande kommt (§ 312j Abs. 4 BGB (analog)).

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