28. Dezember 2016
Importersatz medizinischer Sektor
Commercial International

Russland: Importersatz im medizinischen Sektor

Mit der Importersatzpolitik im Medizinsektor geht Russland einen weiteren Schritt in Richtung einer Abschottung vom Weltmarkt.

Nach der Umkehrung des Prinzips der Gleichbehandlung ausländischer und inländischer Waren durch das Gesetz über Industriepolitik wurden verschiedene Sektoren durch Regierungsverordnungen reguliert.

Unter anderem werden staatlichen Strukturen und staatseigenen Unternehmen Verbote oder Beschränkungen beim Einkauf ausländischer Produkte auferlegt. In einer kürzlich erfolgten Verschärfung der Importersatzpolitik wurde russischen Produkten und Diensten eine generelle Priorität vor ausländischen Angeboten gegeben.

Die neueste Verschärfung ist wieder eine sektorbezogene Maßnahme und betrifft Waren aus dem Medizinsektor.

Importersatz im medizinischen Sektor

Der medizinische Sektor ist aufgeteilt in den pharmazeutischen und den medizintechnischen Sektor. Die Auswirkung der Regulierung ist im medizinischen Bereich höher als in anderen Wirtschaftssektoren, da das Gesundheitswesen in erheblichem Maße von staatlichen Strukturen und damit Einkäufern bestimmt wird.

Pharma

Mit der Regierungsverordnung № 1289 vom 30. November 2015 hat Russland bereits den staatlichen Einkauf von im Ausland hergestellten Medikamenten eingeschränkt.

Medizintechnik

Im Bereich Medizintechnik ist am 07. Dezember 2016 die Regierungsverordnung Nr. 1268 vom 30. November 2016 veröffentlicht worden (RegVo Nr. 1268), die die bestehenden Regelungen verschärft.

„Third odd one out“-Regel: Liste der betroffenen Produkte erheblich erweitert

Es bleibt bei der technischen Ausgestaltung der Bevorzugung inländischer Produkte: Wenn es zwei oder mehrere Hersteller von medizinischen Geräten aus Russland oder der EEU (Armenien, Weißrussland, Kasachstan) gibt, sind die staatlichen Auftraggeber bei der Beschaffung von gelisteten Medizinprodukten verpflichtet, alle Vorschläge abzulehnen, die von den Herstellern kommen, die nicht aus der EEU sind (sog. „third odd one out″-Regel).

Allerdings wird die Liste der unter diese Beschränkungen fallenden Produkte erheblich erweitert. Waren bisher ca. 50 Produkte betroffen, sind es jetzt mehr als 120. Insbesondere fallen jetzt darunter:

  • physiotherapeutische Geräte (Rollatoren, Rollstühle),
  • diagnostische Sets (Tomograph, Röntgengeräte),
  • chirurgische und zahnärztliche Instrumente,
  • technische Geräte der Rehabilitation (Defibrillatoren),
  • Inkubatoren der Intensivmedizin für Neugeborene,
  • Medizinprodukte von der Baumwoll-Gaze-Gruppe (Mullbinden, Bandagen, Masken),
  • saugfähige Unterwäsche.

Verschärfung soll Marktanteile russischer Produkte vergrößern

Der Verschärfung der Importersatz-Regelung im Bereich der Medizintechnik ging ein Konflikt zwischen verschiedenen Ministerien voraus, in dem sich die russische Medizintechnik-Lobby letztlich durchsetzen konnte. Das Gegenargument, die Regelungen führten zu einer schlechteren Versorgung der Bevölkerung, wurde letztendlich beiseitegeschoben.

Allerdings waren die Verschärfungen vorhersehbar: Schon mit RegVo Nr. 102 waren Zielgrößen für die Marktanteile russischer Produkte vorgegeben. Die jetzt eingeführten Verschärfungen sollen die Voraussetzung für das Erreichen dieser Zielgrößen schaffen.

Dem Export von Medizintechnik nach Russland stehen schwierige Zeiten bevor. Um den Markt zu halten, wird an einer Lokalisierung von Produktion in Russland und der Schaffung inländischer Produktionskapazitäten letztlich kein Weg vorbeiführen.

Tags: Automobilindustrie Russland Importersatz medizinischer Sektor