14. Mai 2019
Widerrufsbelehrung Franchisevertrag
Commercial

Widerrufsbelehrungen in Franchiseverträgen

Vielen Franchisenehmern steht nach Abschluss des Franchisevertrags ein Widerrufsrecht zu, über das Franchisegeber ordnungsgemäß belehren müssen.

Fehlende oder fehlerhafte Widerrufsbelehrungen verlängern die Widerrufsfrist von zunächst 14 Tagen deutlich. In der Praxis wird diese Notwendigkeit der Widerrufsbelehrung leider häufig nicht hinreichend berücksichtigt. Dies kann zu empfindlichen Folgen für den Franchisegeber führen.

Vorvertragliche Informationspflichten des Franchisegebers

Ohnehin stellt die Rechtsprechung bereits im Stadium der Vertragsanbahnung hohe Anforderungen an Franchisegeber. Insbesondere müssen Franchisegeber diverse vorvertragliche Informationspflichten erfüllen und den potentiellen neuen Franchisenehmer ausführlich über das Konzept des Franchisesystems und die Grundlage für die Rentabilitätsbewertung aufklären. In der Praxis hat es sich bewährt, dass sich Franchisegeber die Übermittlung von Informationsunterlagen und die Durchführung der Aufklärung schriftlich von den Franchisenehmern bestätigen lassen.

Falls dem Franchisenehmer gemäß den gesetzlichen Vorschriften ein Widerrufsrecht zusteht, muss der Franchisegeber mit der Widerrufsbelehrung eine weitere Informationspflicht erfüllen.

Existenzgründerprivileg zugunsten von Franchisenehmern

Ein Widerrufsrecht steht gemäß §§ 513, 495, 510 Abs. 2 BGB natürlichen Personen zu, die für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit einen Ratenlieferungsvertrag oder einen Darlehensvertrag abschließen. § 513 BGB führt somit ein Existenzgründerprivileg ein.

Das Existenzgründerprivileg soll auch einer OHG und eine KG zugutekommen, die sich noch in der Gründungsphase befinden und ihre Geschäfte somit noch nicht begonnen haben. Selbst eine erneute Existenzgründung in einer anderen Branche wird von dem Existenzgründungsprivileg geschützt. Das Existenzgründungsprivileg gilt nicht, falls der Franchisenehmer in Form der GmbH einen Franchisevertrag abschließt. Das Existenzgründerprivileg kann jedoch einem GmbH-Gesellschafter begünstigen, der im Rahmen eines Existenzgründungsgeschäfts einen Schuldbeitritt erklärt.

Voraussetzungen des Widerrufsrechts

Das Existenzgründerprivileg gilt laut der ständigen Rechtsprechung auch für einen Franchisevertrag, soweit der Franchisevertrag Bezugspflichten des Franchisenehmers begründet. Die Rechtsprechung nennt als Rechtfertigung, dass Franchiseverträge häufig langfristige Bezugspflichten begründen und insoweit einen ähnlichen Charakter haben wie Ratenlieferungsverträge. Dies gilt insbesondere für das Warenfranchising, bei dem der Franchisenehmer zu einem dauerhaften Bezug von Waren des Franchisegebers verpflichtet ist.

Zumindest in der juristischen Kommentarliteratur wird jedoch angenommen, dass auch im Rahmen des Dienstleistungsfranchisings Bezugspflichten bestehen, die zu einer Anwendung von § 513 BGB führen sollen. Dies wird damit begründet, dass sich Franchisenehmer im Rahmen des Dienstleistungsfranchisings häufig ebenfalls zum Bezug von Gegenständen (z.B. Geschäftseinrichtungen, Betriebsmittel zur Durchführung der Dienstleistung, etc.) verpflichtet.

Da Franchisenehmer in der Regel ferner bei Änderungen der diesbezüglichen Systemvorgaben zum Bezug neuer Gegenstände des Franchisegebers verpflichtet sind, sehen die Vertreter dieser Auffassung auch bei dem Dienstleistungsfranchising eine dauerhafte Bezugspflicht. Diese Schlussfolgerung ist nicht zwingen, sodass hier die Entwicklung in der Rechtsprechung abgewartet werden muss.

Existenzgründerprivileg nur bis Wertgrenze von EUR 75.000,00

Das Existenzgründerprivileg gilt jedoch nur, falls der Wert der Bezugsverpflichtung EUR 75.000,00 nicht übersteigt. Verträge mit einem besonders großen Darlehensvolumen oder einem besonders hohen Ratenzahlungsgesamtbetrag sollen nicht privilegiert werden.

Bei Franchiseverträgen ist die Wertermittlung häufig schwierig. Laut der überwiegenden Rechtsprechung soll bei der Wertermittlung nur die konkrete finanzielle Gegenleistung für den Franchisevertrag berücksichtigt werden (vgl. OLG Brandenburg, Urteil v. 31. August 2005 – Az. 3 U 17/05). Nachfolgende Kauf- oder Werkverträge sollen dagegen keine Berücksichtigung finden. Auch der künftige Warenbezug bei dem Warenfranchising wird von der überwiegenden Rechtsprechung nicht bei der Wertermittlung berücksichtigt.

Teilweise gingen Gerichte allerdings bereits von einer Gesamtbetrachtung des Franchisevertrags aus und haben eine Berechnung der Bezugspflichten über die Vertragslaufzeit vorgenommen (vgl. LG Köln, Urteil v. 17. August 2012 – Az. 24 O 331/11). Diese Berechnungsmethode dürfte regelmäßig zu dem Ausschluss des Existenzgründerprivilegs für Franchisenehmer führen.

Es muss die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung abgewartet werden. Folgt man dem Ansatz der eingeschränkten Betrachtung, der überwiegend in der Rechtsprechung angewendet wird, dürften Franchisenehmern in vielen Fällen ein Widerrufsrecht zustehen. Schließlich übersteigen die Eintrittsgebühren und andere unmittelbar mit Abschluss des Franchisevertrags entstehende Zahlungspflichten des Franchisenehmers häufig den Betrag von EUR 75.000,00 nicht.

Widerrufsfrist bei Franchiseverträgen

Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage ab Vertragsschluss und ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung. Das Widerrufsrecht für Franchiseverträge, die nach dem 13. Juni 2014 abgeschlossen wurden, erlischt spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss.

Problematisch ist die Frage nach der Höchstfrist bei Franchiseverträgen, die vor dem 13. Juni 2014 abgeschlossen wurden. Vor diesem Datum existierten die heute geltenden Höchstfristen noch nicht. Art. 229 § 32 Abs. 2, 3 EGBGB enthält zwar eine Übergangsvorschrift, wonach das Widerrufsrecht spätestens am 27. Juni 2015 enden soll. Es ist allerdings noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob diese Übergangsvorschrift auf Franchiseverträge Anwendung findet. Gemäß ihrem Wortlaut gilt sie nur für Fernabsatzverträge und Haustürgeschäfte.

Das LG Bochum hatte den Fall einer unzureichenden Widerrufsbelehrung in einem Franchisevertrag aus der Zeit vor dem 13. Juni 2014 zu entscheiden. In diesem Fall erklärte der Franchisenehmer fünf Jahre nach Vertragsschluss den Widerruf. Das LG Bochum entschied sich für ein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht des Franchisenehmers (vgl. LG Bochum, Urt. v. 16. Mai 2017 – Az. I-17 O 90/16). Das LG Bochum hielt den verhältnismäßig späten Widerruf auch nicht für rechtsmissbräuchlich. Bei älteren Franchiseverträgen kann es je nach Einzelfall daher sogar sinnvoll sein, die korrekte Widerrufsbelehrung nachzuholen.

Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung die Übergangsvorschrift in Art. 229 § 32 Abs. 2, 3 EGBGB doch noch auf Franchiseverträge erweitert. Dies wäre im Hinblick auf die Rechtssicherheit wünschenswert.

Widerrufsbelehrung in Franchiseverträgen

In vielen Fällen muss der Franchisegeber bei Abschluss des Franchisevertrags somit über ein bestehendes Widerrufsrecht belehren. Leider existiert aktuell kein gesetzliches Muster zur Widerrufsbelehrung für Franchiseverträge. Insofern müssen Franchisegeber ein eigenes Muster zur Widerrufsbelehrung erstellen, das den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Die Widerrufsbelehrung muss insbesondere in Textform erfolgen und den Franchisenehmer deutlich darauf hinweisen, dass der Widerruf an keine Voraussetzung geknüpft ist und auch keiner Begründung bedarf. Weitere Inhalte sind der Name und die ladungsfähige Anschrift des Erklärungsempfängers (hier: Franchisegeber), der klare Bezug auf den Franchisevertrag, ein Hinweis auf den Beginn und die Dauer der Widerrufsfrist sowie ein Hinweis darauf, dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung genügt.

Zusammenfassung: Bei Existenzgründern sollte der Franchisevertrag eine Widerrufsbelehrung enthalten

Die Gesetzeslage zum Widerrufsrecht von Existenzgründern und die Auswirkung auf Franchisenehmer wird in der Praxis zum Teil nicht hinreichend berücksichtigt und kann zu empfindlichen Folgen für den Franchisegeber führen.

Durch die einschränkende Berechnungsmethode der Rechtsprechung bei der Wertermittlung dürfte in der Praxis vielen Franchisenehmern ein Widerrufsrecht zustehen. Dies kann sogar Franchisenehmer im Rahmen des Dienstleistungsfranchisings betreffen. Franchisegeber sind somit aufgefordert zu handeln und müssen über das Widerrufsrecht aktiv belehren. Auch wenn für neue Franchiseverträge eine Höchstfrist von 12 Monaten und 14 Tagen für die Widerrufsfrist gilt, kann ein z.B. nach einem Jahr erklärter Widerruf eines Franchisenehmers schmerzhafte Folgen für das Franchisesystem auslösen. Franchisegeber sollten der Widerrufsbelehrung daher besondere Beachtung schenken.

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