Aufträge im Bereich der Erzeugung und des Großhandels von Strom aus konventionellen Quellen werden in Deutschland künftig vom Vergaberecht befreit sein. So hat es die Kommission mit Durchführungsbeschluss am 24.04.2012 (Amtsblatt der Europäischen Union vom 26.04.2012, L 114/21) entschieden. Die Befreiung wird mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten. Das genaue Datum hierfür steht noch nicht fest. Was genau ist aber von dieser Freistellung umfasst?
Freigestellt hat die Kommission nur
„Aufträge, die von Auftraggebern vergeben werden und die Erzeugung und den Erstabsatz von aus konventionellen Quellen erzeugtem Strom in Deutschland ermöglichen sollen.“
Freigestellt sind damit ausdrücklich und eindeutig nur die Erzeugung und der Erstabsatz von Strom, der nicht aus dem EEG unterfallenden Quellen stammt. Für sonstige Branchen der Energieversorgung, insbesondere die EEG-Stromerzeugung bzw. den EEG-Großhandel, ändert sich dagegen nichts. Die Freistellung wirft zugleich zahlreiche neue Fragen auf, u.a.:
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Wie ist Strom aus konventionellen Quellen trennscharf von EEG-Strom abzugrenzen?
Eindeutig ist dies nur bei Aufträgen für konventionelle Kraftwerke, wie z.B. Kohle- oder Gaskraftwerken. Bei „gemischten“ Kraftwerken und Übertragungsnetzen bzw. -leitungen ist zukünftig auf den Hauptgegenstand des Auftrags abzustellen. Weitere Fragen – wie z.B. die Einordnung von Pumpspeicherkraftwerken – müssen noch geklärt werden.
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Was „ermöglicht“ die Energieversorgung?
Aufträge im Bereich der konventionellen Energieerzeugung müssen ein weiteres Kriterium erfüllen: Sie müssen die Energieversorgung und den Erstabsatz „ermöglichen“. Während dies bei Bauaufträgen und Wartungsverträgen für ein konventionelles Kraftwerk ohne Weiteres der Fall ist, ist es beim Bau eines Bürogebäudes für ein Energieversorgungsunternehmen oder bei Aufträgen, die Leistungen für ein Unternehmen oder einen Konzern betreffen, der nicht nur im Bereich der Stromerzeugung tätig ist, weniger eindeutig zu beantworten.
Im Ergebnis gilt damit das, was man mittlerweile routinemäßig bei nahezu jeder Rechtsänderung sagen kann: Viele Einzelfragen sind noch ungeklärt und lösen zumindest zu Beginn zahlreiche praktische Probleme bei der Anwendung der Freistellung aus. Oftmals wird es darauf ankommen, den Hauptgegenstand eines Auftrags sauber abzugrenzen und überzeugend darzulegen, warum eine bestimmte Beschaffung die Erzeugung oder den Erstabsatz von Strom ermöglicht.