14. August 2017
Verteidigung Short Attack
Aktienrecht

Die erfolgreiche Verteidigung gegen eine Short Attack

Die Verteidigung gegen eine Short Attack setzt eine zielgerichtete Vorbereitung voraus. Deren wesentliche Bestandteile werden in diesem Beitrag erläutert.

In letzter Zeit sind deutsche Emittenten vermehrt zum Ziel aggressiver Leerverkäufer (sog. „Short Seller″) geworden. Diese versuchen den Aktienkurs des Zielunternehmens durch negative öffentliche Äußerungen zum Absturz zu bringen (sog. „Short Attack″). Es ist damit zu rechnen, dass die Angriffe von US-amerikanischen Hedgefonds noch zunehmen werden. Denn die US-Aufsichtsbehörden gehen inzwischen deutlich rigoroser gegen Short Seller vor.

Zwar besteht praktisch kaum eine Möglichkeit, eine bereits erfolgte Short Attack „im Keim zu ersticken″; die Auswirkungen derartiger Attacken können aber durch geeignete Verteidigungsmaßnahmen erheblich reduziert werden. Die Aufstellung der Verteidigungsstrategie beginnt mit der Analyse, ob das eigene Unternehmen überhaupt als Ziel eines Angriffs in Betracht kommt oder nicht.

Analyse des eigenen Unternehmens als erster Schritt zur Verteidigung

Um sich erfolgreich wehren zu können, muss dem Unternehmen bekannt sein, ob und aus welchen Gründen es gefährdet sein könnte. Eine Short Attack, die ihr Ziel völlig unvorbereitet und überraschend trifft, kann besonders nachhaltige und heftige Kursstürze hervorrufen. Zudem verfolgt die Risikoanalyse den Zweck, mögliche Angriffspunkte einer Short Attack zu identifizieren. Im Rahmen der Risikoanalyse wird zudem überprüft, ob die bestehenden Strukturen im Unternehmen für den Verteidigungsfall geeignet sind. Die Ausrichtung der Verteidigungsstrategie orientiert sich sodann maßgeblich an den Ergebnissen der Risikoanalyse.

Verteidigungsstrategie bei Short Attacks – Angriffe können abgewehrt werden

Wer sich bereits im Vorfeld mit dem Szenario einer Short Attack auseinandersetzt und eine Verteidigungsstrategie entwirft, hat gute Chancen, den Angriff erfolgreich abzuwehren. Wird eine derartige Strategie erst im Ernstfall erstellt, ist es für eine effektive und erfolgreiche Abwehr zu spät.

Wichtigstes Ziel der Verteidigung ist es zu verhindern, dass Anleger und institutionelle Investoren ihre Aktien veräußern und so den Börsenkurs des Unternehmens zum Absturz bringen. Die erfolgreiche Verteidigung beruht im Wesentlichen auf zwei Elementen: Es ist eine Organisationsstruktur zu schaffen, die die Kompetenzen und Zuständigkeiten für den Ernstfall festlegt. Des Weiteren sind konkrete Verteidigungsmaßnahmen vorzubereiten, auf die im Fall einer Short Attack sofort zurückgegriffen werden kann.

Organisationsstruktur – das Defense Team als Unternehmensretter

Die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sind klar und eindeutig zuzuweisen. Es sollte ein Defense Team aufgestellt werden, das im Ernstfall die Verteidigung organisiert. Dieses Team besteht in der Regel aus Unternehmensangehörigen und externen Beratern: Neben der Unternehmensführung sind Mitarbeiter aus den Bereichen Investor bzw. Public Relations, Strategie, Recht und Rechnungswesen sowie Controlling einzubeziehen. Als externe Berater sind Rechts- und Kommunikationsberater einzubinden, gegebenenfalls auch ein Wirtschaftsprüfer oder eine Investmentbank.

Je nach Struktur des Unternehmens kann es sich anbieten, innerhalb des Defense Teams eine Person als verantwortliche Stelle festzulegen, die die Verteidigung koordiniert. Gleichzeitig gilt sie als Ansprechpartner für alle Beteiligten. Neben der Aufstellung des Defense Teams muss für einen ungehinderten Informationsfluss gesorgt werden, damit die erforderlichen Wissensträger innerhalb des Unternehmens möglichst rasch einbezogen werden können.

Short Attack: Es gibt effektive Verteidigungsmaßnahmen

Ausgangspunkt für die konkreten Verteidigungsmaßnahmen ist die Zielrichtung der Short Attack. In der Regel erfolgt diese durch Veröffentlichung negativer Berichte über das Unternehmen, die darauf abzielen, die Aktionäre zum Verkauf ihrer Aktien zu bewegen; meist mit negativen Konsequenzen für den Börsenkurs.

Ein wesentlicher Teil der Verteidigung zielt deshalb darauf ab, die Aktionäre und Investoren von der Unbegründetheit der negativen Berichterstattung zu überzeugen. Zu diesem Zweck können sie persönlich angesprochen werden. Hauptsächlich ist aber öffentlich Stellung zu beziehen. Daher sind Pressemeldungen und Stellungnahmen vorzubereiten, die sich mit den Vorwürfen bzw. Behauptungen des Short Sellers auseinandersetzen.

Häufig wird es sich anbieten, unverzüglich eine erste Stellungnahme zu veröffentlichen, die die wesentlichen Vorwürfe – fundiert aber knapp – zurückweist. In einer zweiten Stellungnahme können dann detailliertere Erläuterungen nachgereicht werden. Zusätzlich sollte eine (telefonische) Pressekonferenz einberufen werden, in der Investoren, Analysten und Medienvertreter auch Fragen stellen können.

Stabilisierung des Kurses als alternative Verteidigungshandlung

Während diese Verteidigungshandlungen darauf abzielen, den Absturz des Börsenkurses zu stoppen, sind auch Maßnahmen möglich, die eine Erhöhung beziehungsweise Stabilisierung des Kurses bezwecken. Das kann zum Beispiel der Erwerb von Aktien des Unternehmens durch das eigene Management oder bestehende Großaktionäre sein. Diese Personen gelten als gut informiert, so dass ihre Aktienkäufe Signalwirkung an die Marktteilnehmer haben.

Weitere typische Maßnahmen zur Stützung des Börsenkurses sind das Vorziehen positiver Unternehmensnachrichten, etwa zu den Finanzkennzahlen, die Ankündigung einer erhöhten Dividende oder die Einleitung eines Aktienrückkaufprogramms.

Unabhängig von den konkreten Maßnahmen ist es für eine effektive Verteidigung äußerst wichtig, dass diese sofort nach Beginn einer Attacke initiiert werden können. Je schneller ein Unternehmen reagiert, desto größer ist die Chance einer erfolgreichen Verteidigung.

Opinion Former – Verbreitung der eigenen Botschaft als Grundelement der Verteidigung

Die Botschaft des Unternehmens muss möglichst öffentlichkeitswirksam platziert werden. Daher sollte es eine Liste aller wesentlichen Opinion Former mit Kontaktdaten vorhalten. So können im Ernstfall die richtigen Personen ohne Umwege kontaktiert werden. Opinion Former sind beispielsweise Wirtschafts- und Finanzpublikationen, überregionale Tageszeitungen, Großbanken und Analysten. Auch die wichtigsten institutionellen Investoren sollten kontaktiert werden.

Defense Manual – der Plan zur Verteidigung

Die Organisationsstrukturen, Verteidigungsmaßnahmen und Listen von Kontaktpersonen werden in der Praxis in einem sogenannten Defense Manual zusammengefasst. Dabei handelt es sich um einen Leitfaden, der darüber hinaus Handlungsempfehlungen („Dos and Don‘ts″), eine Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie Entwürfe für Stellungnahmen und Pressemitteilungen enthält. Ebenso werden mögliche rechtliche Schritte beschrieben.

Eine gute Vorbereitung ist die beste Verteidigung bei einer Short Attack

Die negativen Folgen einer Short Attack können durch eine gute Vorbereitung erheblich reduziert werden. Wegen des steigenden Risikos solcher Angriffe in Deutschland ist das Management im Unternehmensinteresse verpflichtet, sich mit der Möglichkeit einer Attacke und Gegenmaßnahmen auseinander zu setzen. Sollte ein Angriffsrisiko bestehen, empfiehlt es sich, ein Defense Manual in der Schublade zu haben, auf dessen Grundlage die Verteidigung koordiniert und umgesetzt werden kann.

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