In der Schweiz ist nicht alles teurer als in Deutschland – die Honorare für Notare sind oft deutlich günstiger. Daher ließen deutsche Unternehmen M&A-Transaktionen, namentlich die Übertragung von Geschäftsanteilen an einer deutschen GmbH, gern durch Notare in Basel/Schweiz beurkunden. Seit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), das am 01.11.2008 in Kraft trat, herrschte allerdings Unsicherheit: Kann ein ausländischer Notar die neue Gesellschafterliste zum Handelsregister einreichen, die den Käufer als neuen Gesellschafter der GmbH legitimiert? Ist die neue Gesellschafterliste nicht im Handelsregister aufgenommen, kann der neue Gesellschafter nicht wirksam handeln. Seit dem aktuellen Beschluss des OLG München gibt es auf diese Frage zwei verschiedene Antworten.
Einig sind sich die Gerichte in diesem Punkt: Ein ausländischer Notar ist nicht nach § 40 Abs. 2 GmbH verpflichtet, eine Gesellschafterliste einzureichen, wenn er an einer Beurkundung mitgewirkt hat. Der deutsche Gesetzgeber kann einem ausländischen Notar keine gesetzliche Verpflichtung auferlegen. Aber: Ist der ausländische Notar berechtigt? Muss das Registergericht eine Liste annehmen, wenn der ausländische Notar sie einreicht? Wenn nicht, wer soll anstelle des ausländischen beurkundenden Notars die Liste einreichen? Das ist umstritten. Bislang hatten das OLG Düsseldorf (wir berichteten) und aktuell das OLG München Gelegenheit, über diese Frage zu entscheiden. Die Antworten der beiden Gerichte fallen höchst unterschiedlich aus.
Zwei Gerichte, zwei Meinungen
Das OLG Düsseldorf sagt: „Ja, der ausländische Notar kann die Liste einreichen″ (3 Wx 236/10, Beschluss vom 02.03.2011). Nach Ansicht des OLG Düsseldorf gilt auch nach dem MoMiG: Auslandsbeurkundungen sind dann wirksam, wenn die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist. Notare im Kanton Basel werden als gleichwertig anerkannt. Wenn der Notar in Basel aber wirksam beurkunden kann, muss er auch berechtigt sein, die neue Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 2 GmbHG einzureichen.
Das OLG München ist anderer Auffassung. Mit Beschluss vom 06.02.2013 (31 Wx 8/13) hat es entschieden, dass das Registergericht eine von einem ausländischen Notar unterzeichnete Gesellschafterliste zurückweisen kann. Der deutsche Gesetzgeber könne einem ausländischen Notar keine gesetzliche Verpflichtung auferlegen. Wenn also der Notar nicht nach § 40 Abs. 2 GmbHG verpflichtet ist, bleibt es bei der grundsätzlichen Zuständigkeit nach § 40 Abs. 1 GmbHG. Die Geschäftsführer müssen die Liste einreichen.
Die Argumente liegen damit auf dem Tisch. Das OLG München hat den Weg freigemacht für eine Entscheidung durch den BGH. Bis dahin bleibt die Frage offen: Wer ist zuständig für die Einreichung der Gesellschafterliste zum Handelsregister? Die Geschäftsführer, der ausländische Notar, der die Beurkundung vornimmt, oder nur ein deutscher Notar?
Grenzüberschreitende Regelungen sind oftmals kompliziert, danke für die Aufbereitung. Einig sind sich die Gerichte in diesem Punkt: Ein ausländischer Notar ist nicht nach § 40 Abs. 2 GmbH verpflichtet, eine Gesellschafterliste einzureichen, wenn er an einer Beurkundung mitgewirkt hat. Das wusste ich nicht, in der Tat ist diese Information sehr hilfreich.
Was genau bewirkt diese Gesellschafterliste, wenn diese nicht eingereicht werden kann? Eine Gleichwertigkeit sollte natürlich die Voraussetzung sein, aber was ist denn der Nachteil? Danke für den Beitrag bezüglich des komplexen Themas der Arbeit eines Notars.
Nur der Gesellschafter, der in der zum Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste als Gesellschafter ausgewiesen ist, kann seine Rechte als Gesellschafter wirksam ausüben (§ 16 Abs. 1 GmbHG). Wird die Liste vom Register nicht akzeptiert, kann der neue Gesellschafter z.B. nicht an Gesellschafterbeschlüssen mitwirken und Gewinnausschüttungen dürfen nur an die in der Liste genannten Gesellschafter erfolgen. Auch der ausgeschiedene Gesellschafter hat ein Interesse an der Einreichung der neuen Liste: solange er eingetragen ist, haftet er für Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft. Zudem müssen sich im Falle der Auslandsbeurkundung die Geschäftsführer überlegen, ob sie zur Einreichung einer neuen Liste verpflichtet sind, um ihre Haftung nach § 40 Abs. 3 GmbHG zu vermeiden.
Wir haben einen Kollegen in der Schweiz, der einen Fachanwalt für Gesellschaftsrecht benötigt. Allerdings liegt sein Problem eher in Deutschland begründet. Muss, wenn es länderübergreifend ist, ein anderer Anwalt zu Rate gezogen werden?
Ein länderübergreifendes Thema kann möglicherweise am Besten durch ein länderübergreifenden Team aus einem Schweizer und einem deutschen Anwalt gelöst werden. Jedenfalls sollte der Anwalt die internationale Komponente im Blick haben und bei Bedarf einen zweiten Anwalt hinzuziehen.